Bereits eine Woche nachdem das Deutsche Reich am 22. Juni 1941 die Sowjetunion angegriffen hatte, marschierten Vorhuten der Wehrmacht in Lwiw ein. Den deutschen Angriffstruppen folgte ein Wagen mit Jaroslaw Stezko, Vasyl Kuk, Ivan Ravlyk und Mykola Lebid.
Sie alle gehörten zum Umfeld von Stepan Bandera und bekamen von ihm einen Geheimauftrag, schneller als die deutschen Truppen Lwiw zu erreichen, dort den ukrainischen Staat auszurufen und dies bevor sich die Deutschen in dieser Situation zurechtfinden. Ungeachtet der teilweisen Kooperation der ukrainischen Nationalisten mit den Nazis, war nicht vorhersehbar, wie sich das Deutsche Reich auf den Versuch von Ukrainern, politisch unabhängig zu werden, reagieren wird. Im Fall einer negativen Reaktion hätten die Einheiten der Nationalisten gegenüber der Wehrmacht keine Chance zu bestehen gehabt. Das Einzige, was den Erfolg hätte bringen können, wäre ein Zeitvorteil gewesen.
Der erste Teil der Aufgabe war der gefährlichste und bestand darin, sich durch das Frontgebiet zwischen deutschen Angriffstruppen und abrückender sowjetischer Armee einzuschleichen. In Anbetracht dessen, dass sich die ukrainische Nationalisten im Frontgebiet nicht aufhalten durften, war diese Aufgabe mit Lebensgefahr verbunden. Allerdings ist es der Gruppe gelungen, Lwiw am 28. Juni 1941 zu erreichen. Dort begann sie sofort mit Vorbereitungen für die Proklamation des Aktes der Unabhängigkeit.
Das Recht auf eigene Staatlichkeit
Die Proklamation fand am Abend des 30. Juni 1941 statt. Die Gruppe versammelte sich im Gebäude von „Prosvita“ und Jaroslav Stezko eröffnete die Versammlung. Nach seiner kurzen Rede über die aktuelle politische Ereignisse hat er den Akt der Wiederherstellung des ukrainischen Staates verlesen. Alle Anwesenden ehrten die Proklamation mit der Hymne. Danach segnete Pfarrer Josyf Slipyj alle Anwesenden und Pfarrer Iwan Hrynoch gratulierte allen im Namen der ganzen Armee. Das Bataillon „Nachtigall“ leistete einen wichtigen Beitrag zu der gelungenen Aktion, indem seine Kämpfer die wichtigsten strategischen Punkte der Stadt, darunter die Rundfunkstation, besetzt haben.
Vasyl Kuk, der in seiner Rede Argumente für das moralische Recht der Ukrainer einen eigenen Staat zu gründen anführte, sollte die Versammlung mit seiner Rede beenden. Als den Saal zwei deutsche Offiziere betraten, musste man einige Änderungen vornehmen. Einer der Offizier war Hans Koch. Er gratulierte der ukrainischen Gesellschaft zu der Unabhängigkeit. Dabei betonte er aber, dass das Oberkommando der Wehrmacht die endgültige Entscheidung über „sein oder nicht sein“ der unabhängigen Ukraine treffen werde. Die Aufgabe der Ukrainer zu dieser Zeit bestehe darin, ihren Verpflichtungen nachzugehen.
Wie die Zukunft zeigte, waren es nur die ersten Alarmsignale. Diese Eigenmächtigkeit widersprach den deutschen Vorstellungen über die politische Gestaltung der Ukraine und die eigenwillige Proklamation des unabhängigen ukrainischen Staates wollten die Nazis nicht tolerieren. „Das Oberkommando“ – mit anderen Worten Hitler – hatte anders entschieden. Am vierten Juli 1941 wurde Stepan Bandera in Krakow und die meisten Mitglieder der Regierung, darunter auch Jaroslav Stezko, in Lwiw verhaftet. Alle wurden nach Berlin abtransportiert. Es kam zu Verhören und Ãœberredungsversuchen begleitet von Drohungen den Akt Unabhängigkeit zurückzuziehen. Keines der „Mittel der moralischen Beeinflussung“ brachte das gewünschte Resultat und am 19. Juli 1941 wurden Stepan Bandera, Jaroslav Stezko und andere Mitglieder der Regierung ins KZ Sachsenhausen gebracht, wo sie bis zum Herbst 1944 blieben. Auf dem Weg nach Kiew wurde auch die Gruppe um Vasyl Kuk, die das Ziel hatte, die Unabhängigkeit der Ukraine auch in Kiew zu proklamieren, verhaftet.
Vorbereitete Improvisation
Mit der Art und Weise, wie der Akt der Unabhängigkeit der Ukraine proklamiert wurde, haben die Bandera-Anhänger wiederum bewiesen, dass die beste Improvisation eine vorbereitete Improvisation ist. Wenn man den Erinnerungen von Jan Novak glauben darf, hat niemand mit dem Akt gerechnet, weder der gemäßigte Melnyk-Flügel (OUN-M) noch die Nazis. Selbst die Polen, deren Untergrund die ukrainische Gesellschaft eng beobachtete, erfuhren erst nach einer Woche von der Proklamation und wenn man den Erinnerungen Jan Novaks glauben darf, nur zufällig. Den Akt begleiteten Aufstände überall in der Westukraine, in erster Linie in Gefängnissen, zurückweichende sowjetische Einheiten und Einheiten der Selbstorganisation. Zu dieser Zeit waren die Deutschen noch nicht lange in der Ukraine und standen bei der Schaffung einer eigenen Verwaltung erst am Anfang. Die Bandera-Anhänger nutzen den Moment aus und demonstrierten ein ausgezeichnetes Beispiel für „eine Politik der vollendeten Tatsachen“.
Die Proklamation der Unabhängigkeit der Ukraine, auch wenn er nicht zu einer realen Staatlichkeit führte, verlor dennoch nicht seine Rechtswirksamkeit. Eine bedeutende Rolle wurde dem Akt daher beigemessen, da er nicht die Unabhängigkeit der Ukraine proklamierte, sondern sie wiederherstellte. Die Verfasser des Textes appellierten direkt an die Tradition der Befreiungskämpfe von 1917-1921 und stellten sich als diejenige vor, welcher der Tradition nach die Unabhängigkeit fortsetzen. Allein diese Tatsache verlieh dem Akt ein besonderes Gewicht.
Das Dokument änderte den Status der Ukraine zu den Deutschen völlig. Vor der Proklamation hatten die Deutschen mit einem Territorium zu tun, das sie von ihrem Gegner erkämpft hatten und das von Ukrainern bewohnt war. Als der Akt proklamiert wurde, tauchte vor Deutschland ein Staat auf, der in sehr kurzer Zeit alle wichtigen Attribute aufwies und das Wichtigste war, dass dieser Staat mit der Loyalität der Mehrheit der Bevölkerung rechnen konnte. Dies führte dazu, dass sich die Ukraine aus einem Objekt der großen Politik in ein Subjekt verwandelte, was das weitere Geschehen bestimmte. Obwohl die elementare politische Logik besagte, die Beziehungen zu dieser Bevölkerung nicht zuzuspitzen, hat sich Hitler anders entschieden. Die Folgen dieser Entscheidung waren katastrophal.
Die illoyale Nation
Vor allem hatte der aktivste und aufgeklärteste Teil der ukrainischen Bevölkerung begriffen, dass Deutschland an der Ukraine nicht als einem Partner interessiert war, sondern nur an ihren Ressourcen, die es brauchte, um eigene Ziele umzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Lager für Häftlinge, es gab noch kein Babyn Jar und keinen kalten Winter von 1942 in Charkiw. Es gab aber einen der meistorganisierten und passioniertesten Teil der ukrainischen Bevölkerung, der den Kampf begann. Und dieser Kampf befand sich in der Anfangsphase und mit der Zeit entstand die Ukrainische Aufstandsarmee, die das Leben der Wehrmacht erschwerte.
Es ist nicht möglich, die Zeit zurückzuspulen. Später war eine ernsthafte Zusammenarbeit mit Deutschland für die meisten Ukrainer absolut unzulässig. Vor der Besatzungsverwaltung konnte man sich nicht verstecken: mit Deutschland verhandelte man und spielte mit. Aber auf die Loyalität der Ukrainer konnte sich das Reich nicht mehr verlassen. Die Organisation der Ukrainischen Nationalisten hatte nicht nur den Kampf in der Westukraine begonnen, sondern auch durch ihre Marschgruppen Informationen über die Geschehnisse in der Ostukraine verbreitet. Im Endeffekt konnten Nazis nicht auf die Unterstützung der bewussten, zur Selbstorganisation fähigen Intelligenz aus dem Osten zählen.
Derweil wollten die Bandera-Anhänger nicht auf ihre Pläne verzichten und die ukrainische Staatlichkeit ging in den Untergrund. 1944 wurde die Ukrainische Hauptbefreiungsrada gegründet, die zu einem Parlament im Untergrund der Ukraine wurde. Diese Untergrund-Ukraine wurde von ihrer eigenen Untergrundarmee geschützt. Die Rote Armee bewegte sich ungestüm in Richtung Westen. In dieser kritischen Situation gab es fast keine Kräfte, die das Deutsche Reich auch angesichts des Stalinregimes unterstützten. Dies war der Preis der politischen Kurzsichtigkeit.
In der Geschichte der Beziehungen des nazistischen Deutschland zu osteuropäischen Völkern gibt es Beispiele, die von Kollaboration auf Staatsebene zeugen wie es z. B. in der Slowakei oder in Kroatien war. Im Fall der Bandera-Anhänger war ein solcher Verlauf der Ereignissen fast unmöglich. Die Organisation der Ukrainischen Nationalisten handelte nach dem Prinzip sich „auf die eigenen Kräfte zu stützen“ und wollte nicht von diesem Prinzip abweichen. Davon zeugte der Akt der Wiederherstellung des ukrainischen Staates.
30. Juni 2011 // Olesja Issajuk
Quelle: Ukrajinskyj Tyshden
Forumsdiskussionen
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„Für einen wirklichen Vergleich solltest du die Erdgaspreise vom September 2021... Warum 2021? Ich sehe das nicht so, die Gaspreise sind erst im Februar 2022 gestiegen. Wer unbedingt den September 2021...“
Tombi in Politik • Re: Ukraine klagt über schlechte Munition aus dem Westen
„Handelsblatt hat nur einen "nicht abonnenten Blocker" dazwischen geschaltet. Ich kann diesen Artikel also nicht lesen. Aber: überall wird jemand versuchen seine Schrottmunition, 50 Jahre auf Lager gelegen,...“
Tombi in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Warum wird heiraten eigentlich so schwierig gemacht? Sollte doch reichen, wenn er nach Kiev reist, seine Papiere vorlegt, vielleicht noch übersetzen (3 Tage), und danach heiraten kann. Ansonsten muss...“
Tombi in Wirtschaft • Re: Heikle Gespräche über russisches Gas
„Östereich hat sich übrigens bereits kräftig in den A**ch gekniffen, denn Deutschlands Grosshandelspreise für Gas liegen heute 20% unter denen vor dem 24.02.2022. Da sieht man mal an, wie uns die Herren...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„in der Tat. So geht das nicht. Das "Heiratsbüro" gibt kein grünes Licht, wenn die legale Einreise nicht überprüft wurde, was normal einige Wochen dauert. Dazu muss widerum die Eheschliessung angemeldet...“
MHG1023 in Allgemeines Diskussionsforum • Re: Wie sollte in der Ukraine mit den Sprachen umgegangen werden?
„Das die Ukraine einiges an Bodenschätzen hat, war mir bewußt und die Ukrainische Landwirtschaft hat auch für uns im Westen Relevanz. Sonnenblumenkerne zur Speiseölgewinnung waren bis Kriegsbeginn ein...“
Tombi in Allgemeines Diskussionsforum • Re: Wie sollte in der Ukraine mit den Sprachen umgegangen werden?
„Dadurch daß Rußland anscheinend auch die Russischsprachige Bevölkerung bombardiert und sie aus ihren Häusern und ihrer Heimat in der Ukraine treibt oder getrieben hat - ohne Rücksicht auf irgendwas/irgendwen...“
MHG1023 in Allgemeines Diskussionsforum • Re: Wie sollte in der Ukraine mit den Sprachen umgegangen werden?
„Ganz klar, in der Ukraine spricht man ukrainisch. Zuerst dachte ich "warum holt jemand diesen alten Thread wieder aus der Versenkung", aber ich denke die Situation hat sich zwar durch den Krieg nicht grundsätzlich...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Nochmals an die Kanzlei Ahrens.....da ich leider nur 26 Tage im Lande sein kann wird es schwierig die Zeit meiner Ãœberprüfung etc. einhalten zu können. Meine Frage Hochzeit planen wir erst wenn das...“
Tombi in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„recherchiert und blicke nicht ganz dabei durch von wann meine 90 Tage in 180 gerechnet werden .... Ich war bei Polizei und Grenzschutz bei uns dort kannte sich keiner aus damit Was, wie wo? Du bist doch...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Hallo aus Aachen.....eine Frage Ich war 22 September 2023 bis 9 Oktober in der Ukraine Desweiteren vom 8 Dezember bis 7 Januar 2024 und vom 20 April bis 23 Mai und vom 16 August bis 14 September dort....habe...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Bei Anreise Montag oder Dienstag, findet die Heirat Donnerstag oder Freitag derselben Woche statt. Natürlich werden die Unterlagen in der Zeit vorbereitet und Ãœbersetzt. Nach der Hochzeit das Gleiche...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Hallo und danke für die Infos....wie lange würde es eurer Meinung nach dauern wenn ich euch für diesen Service in Anspruch nehmen würde?.....meine Unterlagen wären zu dem Zeitpunkt übersetzt und...“
Awarija in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Schöner Joke. Tatsachen wären mir aber lieber.“
Tombi in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„"Ãœbrigens, dort ging am Wochenende ein Referendum durchgeführt und 97.5 % der Einwohner des Oblasts Kursk stimmten für den Anschluss zur Ukraine." Wäre mir ganz neu, hast Du Belege dafür ? Nein. hat...“
Awarija in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„"Ãœbrigens, dort ging am Wochenende ein Referendum durchgeführt und 97.5 % der Einwohner des Oblasts Kursk stimmten für den Anschluss zur Ukraine." Wäre mir ganz neu, hast Du Belege dafür ?“
Tombi in Wirtschaft • Re: So gut verdient Rheinmetall an Munitionslieferungen für die Ukraine
„Natürlich ist Rheinmetall einer der Gewinner des Krieges: die Aktien dieser Fa. haben seit Kriegsanfang um 550% zugelegt. Mal zu dem Russophilen-Kriegsverlierer: Gazprom hat 2023 mit 6.5 Millarden USD...“
Tombi in Wirtschaft • Re: Heikle Gespräche über russisches Gas
„Ja, machen einige EU Länder, besonders Ungarn & Österreich, ein wenig auch die Slowakei. das wurde diesen auch erlaubt, weil sie 'rumstöhnten". Östereich hat sich übrigens bereits kräftig in...“
Tombi in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Das Putin Regime ist ja noch nicht einmal fähig genug Söldner mehr zu finden, um Kursk zu befreien. Ãœbrigens, dort ging am Wochenende ein Referendum durchgeführt und 97.5 % der Einwohner des Oblasts...“
Gogol_3 in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Westliche Staaten sollten der Ukraine ermöglichen das techn. Knowhow das noch fehlt, bzw. entspr. Technologie, zukommen zu lassen. Dies sollte möglich sein ohne unangemessene Technik zu übergeben. Die...“
kurtus in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Westliche Staaten sollten der Ukraine ermöglichen das techn. Knowhow das noch fehlt, bzw. entspr. Technologie, zukommen zu lassen. Dies sollte möglich sein ohne unangemessene Technik zu übergeben.“
Gogol_3 in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Wir das jetzt die Ausrede um irgendwie doch westliche Waffen für Angriffe tief in russisches Territorium zu ermöglichen? Wird auch nichts bringen. Wer sich kürzlich die Rede von Lloyd Austin angehört...“
hahnben in Ukrinform • Re: Angriff auf Hochhaus in Charkiw: Sechs Tote, 99 Verletzte
„dramatisch! Eine Freundin lebt in Charkiv“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Ja, das ist so. Das war schon so lange der Fall, wie ich denken kann. Vor dem Krieg konnte man das aber auf 2-3 Tage verkürzen. Das war der Sinn, dieser sog. "Heiratsbüros", was in der Regel Kommunalunternehmen...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Hallo aus krementschuk..... mittlerweile mein 4ter Aufenthalt dort.....unsere heiratspläne rücken näher.....jetzt bin ich davon ausgegangen das ich nach übersetzung aller Papiere einen Heiratstermin...“
Anuleb in Allgemeines Diskussionsforum • Re: "Warum Putin kein Demokrat sein darf"
„Naja, das Experiment mit der Demokratie in Russland ist doch schon ziemlich böse in die Hose gegangen. Ein wenig sind die den gleichen Weg gegangen, den auch Deutschland nach dem 1. WW und seinen ersten...“