Die Werchowna Rada hat das Gesetz zum Funktionieren der Staatssprache verabschiedet. Dessen Prüfung dauerte im Parlament beinahe zwei Monate. Proukrainische Politiker, Aktivisten und Vertreter der Kultur bezeichneten das Gesetz über die Staatssprache bereits als epochal und historisch. Dessen Gegner wiederholen die Losungen von der „gewaltsamen Ukrainisierung.“
Wie sich die Verabschiedung des Sprachgesetzes durch die Rada auf die auch so bereits elektrisierte und gespaltene Gesellschaft auswirken wird, ist derzeit schwer zu prognostizieren. Allein schon deswegen, da das Gesetz selbst, zusammengeführt nach der Abstimmung von über 2.000 Änderungen, gerade einfach nicht existiert. [Das Gesetz wurde in seiner endgültigen Form bisher weder unterzeichnet noch veröffentlicht. A.d.Ü.]
Doch beschloss die Ukrajinska Prawda die Hauptpositionen dieses Gesetzes zu erläutern, die indes in die endgültige Variante gerieten.
In der ersten Redaktion des Gesetzes waren Punkte vorgesehen, die Strafen für den Versuch der Gewährung eines offiziellen Status für jegliche andere Sprache vorsahen. Derartige Handlungen wurden mit Angriffen auf die verfassungsmäßige Ordnung gleichgesetzt, und wären mit großen Gefängnisstrafen bestraft worden.
In der endgültigen Version des Gesetzes wurde die Norm nicht aufgenommen. Wie auch die Position über Strafen und Gefängnis für die öffentliche Erniedrigung der Staatssprache oder ihre absichtliche Entstellung in offiziellen Dokumenten und Texten.
Diese Normen, welche den prorussischen Teil des Politikums sehr „erschreckten“, wurden aus dem Gesetz entfernt.
Jedoch blieb vieles Wichtiges im Gesetz bestehen. Versuchen wir das Interessanteste aufzuzählen.
Jeder Bürger der Ukraine ist verpflichtet, die Staatssprache zu beherrschen. Der Staat gewährleistet jedem Bürger die Möglichkeit das Ukrainische zu lernen.
Null Hrywnja werden die Ablegung eines Wissenstests zur Staatssprache und der Erhalt eines entsprechenden Zertifikats für Ukrainer kosten. Das Zertifikat wird unbefristet gelten. Und die Ergebnisse des Examens auf das Wissensniveau der Staatssprache werden in ein offenes Register eingetragen.
Ein Jahr wird Personen mit besonderen Leistungen gegenüber der Ukraine für das Erlernen der ukrainischen Sprache nach dem Erhalt der Staatsbürgerschaft gegeben. Alle anderen Kandidaten für den ukrainischen Pass müssen das Examen über die ukrainische Sprache vor dem Erhalt der Staatsbürgerschaft ablegen.
Die 450 Abgeordneten der Werchowna Rada sind die einzigen staatlichen Bediensteten, die kein Examen der ukrainischen Sprache ablegen und diese kennen und während der Arbeit benutzen müssen. Alle anderen Kategorien von staatlichen Leitern werden verpflichtet sein ihr Beherrschen der Staatssprache nachzuweisen – vom Präsidenten und dem Ministerpräsidenten bis zu den Armeeoffizieren, Notaren und medizinischen Mitarbeitern.
Sechs Sprachbeherrschungsgrade sind vom Gesetz vorgesehen: von A1 (Anfängerniveau) bis C2 (freies Beherrschen).
Zehn Prozent der Antworten in Filmen ist der maximale Prozentsatz für ausländische Sprache oder Surschyk [ukrainisch-russische Mischsprache, A.d.Ü.], die für in der Ukraine gedrehte Filme zulässig sind.
90 Prozent der Sendezeit von Fernsehsendern muss in der Staatssprache sein. Diese Norm tritt erst in fünf Jahren in Kraft.
Zehn Prozent der Vorstellungen in Kinos können aus Filmen bestehen, die im Original mit Untertiteln gezeigt werden. Alle übrigen Filme müssen ukrainisch synchronisiert oder vertont sein. Auf Festivals können Filme im Original mit Untertiteln gezeigt werden.
Bei lokalen oder regionalen Sendern kann die Ukrainischquote 80 Prozent betragen. Bei Sendern mit Sendungen in Sprachen der altansässigen Völker sollte der wöchentliche Teil der Sendung in ukrainischer Sprache nicht weniger als 30 Prozent sein. [Faktisch greift das nur beim Krimtatarischen, da Karäer und Krimtschaken nahezu ausgestorben sind. A.d.Ü.]
100 Prozent der gedruckten Massenmedien werden in der Staatssprache herausgegeben. Wenn die Ausgabe eine anderssprachige Version hat, dann müssen die Auflagen der ukrainischen und der ausländischen Version gleich groß sein.
Das betrifft keine Ausgaben, die ausschließlich in einer der Sprachen der altansässigen Völker, englisch oder einer anderen offiziellen Sprache der EU herausgegeben werden.
Im Gesetz ist ein Aufschub des Inkrafttretens dieser Normen vorgesehen. 30 Monate für nationale und fünf Jahre für regionale Medien.
Nicht weniger als 50 Prozent der Publikationen müssen in jedem Verbreitungspunkt für gedruckte Massenmedien in ukrainischer Sprache vorliegen.
Nicht weniger als 50 Prozent der Bücher in Buchhandlungen muss in ukrainischer Sprache sein. Dabei werden Wörterbücher und analoge Werke in verschiedenen Sprachen als Publikationen in der Staatssprache angesehen. Die Quote erstreckt sich nicht auf anderssprachige und spezialisierte Büchereien.
50 Prozent der Buchtitel müssen von allen Verlagen in der Staatssprache herausgegeben werden. Das betrifft nicht Produktionen in den Sprachen der altansässigen Völker und nationalen Minderheiten, die auf Staatskosten verwirklicht werden.
100 Prozent der Webseiten, mobiler Anwendungen und Seiten in den sozialen Netzwerken von Staatsorganen oder Unternehmen, die in der Ukraine registriert sind und Massenmedien und Firmen müssen eine Version in der Staatssprache haben. Die ukrainischsprachige Version muss als erstes geladen werden.
Es reicht der Wunsch eines Teilnehmers einer öffentlichen Veranstaltung, damit die Organisatoren die Übersetzung dieser Veranstaltung in die ukrainische Sprache organisieren. Das betrifft Veranstaltungen, die auf Staatskosten stattfinden.
Neun Personen werden vom Ministerkabinett für sechs Jahre in den Bestand der Nationalen Kommission für die Standards der Staatssprache bestimmt. Um Kommissionsmitglied zu werden, muss man mindestens 30 Jahre, einen Doktorgrad in der Philologie haben und die Staatssprache beherrschen.
Die Kommission selbst beschäftigt sich mit der Festlegung der Standards für die Sprache, die Rechtschreibung, die Methoden und Prozeduren der Überprüfung des Beherrschungsgrads der Staatssprache.
11.900 Hrywnja [knapp 400 Euro] ist die maximale Strafsumme, die der Bevollmächtigte für den Schutz der Staatssprache nach den Überprüfungsergebnissen für Staatsbedienstete, Staatsorgane oder Unternehmen verhängen kann.
Jedoch ist die Verhängung der Strafe derart langwierig, dass es keine realen Bestrafungen geben könnte. Vor dem Verhängen der Strafe muss der Bevollmächtigte Verwarnungen, Warnungen usw. aussprechen. Und zwischen den Handlungen sind mehrere Monate Pause für die „Beseitigung der Unzulänglichkeiten“ vorgesehen.
Strafen verhängen kann man lediglich Wirtschaftssubjekten im Dienstleistungsbereich im Fall einer Verletzung von Normen der Sprachanwendung: der Gewährung von Informationen über die Dienstleistungen und Waren auf Ukrainisch, das Vorhandensein einer ukrainischen Version von Websites, persönliche Bedienung auf Ukrainisch auf Kundenforderung usw.
25. April 2019 // Roman Romanjuk
Quelle: Ukrajinska Prawda
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