«Hauptsache, dass der Präsident Reformen durchführt. Mit Tschechow werde ich alleine fertig», – erklärte in einem Interview die stellvertretende Chefin der Administration des Präsidenten Hanna Herman.
Die 12,5 Millionen Wähler, die ihre Stimmen bei der Stichwahl der Präsidentschaftswahlen für Janukowytsch abgegeben haben, ließen sich wahrscheinlich von den gleichen Beweggründen leiten: ja, sein Lebenslauf ist ganz und gar nicht nachahmenswert, ja, er ist ein Intellektueller, der mit vielen „gescheiten“ Worten und mit der Geographie hadert, und Anna Achmatowa ist für ihn lediglich ein Derivat des Mitstreiter-Milliardärs (gemeint ist Rinat Achmetow), doch er entstammt dem industriell geprägten Osten, ist ein zynischer und pragmatischer Technokrat, der im Gegensatz zu seinem Vorläufer umfassende Wirtschaftsreformen ins Leben rufen wird. Ähnliche Argumente waren sowohl im Osten, als auch im Westen und in den Zentralregionen des Landes zu vernehmen, wo Janukowytsch zum ersten Mal Unterstützung der Wähler zuteil wurde – nicht dank seiner Talente, sondern wegen der Hilflosigkeit der früheren Staatsmacht.
Janukowytsch und weitere Repräsentanten der Partei der Regionen betonen bei jeder Gelegenheit: sie seien sachliche Menschen, die wissen, was zu tun ist und wie. Sie beschwörten den „Marshall Plan für die Ukraine“, der, vom Rinat Achmetow Fonds in Auftrag gegeben, westliche Experten konzipiert haben. Dieses Dokument, beteuerten Genossen der Partei der Regionen, sei eine detallierte Reformenstrategie für die Ukraine, die anlaufen wird, sobald sie an die Macht kommen.
Am 25. Februar 2010 hat Wiktor Janukowytsch seinen Amtseinführungseid abgelegt. Doch den versprochenen Reformplan bekam das Land erst drei Monate später. Der Reformplan von Achmetow entpuppte sich anscheinend als unmachbar, einen eigenen hatte der Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen Wiktor Janukowytsch nicht. Das letztere Phänomen ist für die ukrainische Politik durchaus typisch: Hauptsache, man kommt an die Macht, später kann man sich Gedanken darüber machen, was man damit anrichtet. Die klassische Regel in der Politik – sämtliche grundlegende Veränderungen sollen in das erste Halbjahr der Amtszeit fallen, wenn man noch das höchste Vertrauen in der Öffentlichkeit genießt – hat das Team des neuen Präsidenten missachtet.
Erst am 2. Juni präsentierte Wiktor Janukowytsch seine Vision der Wirtschaftsreformen. Über die Vision ging es allerdings nicht hinaus, einen klaren Plan dessen, was die neue Staatsmacht zu tun gedenkt und wann, hat das Land nicht bekommen. Weder damals, noch später. Dafür wurde ihm aber in Aussicht gestellt, dass es innerhalb von 10 Jahren zu den 20 entwickeltsten Ländern weltweit gehören wird. Als Prioritäten nannte man Steuererleichterungen, Gewährleistung von Krediten für die Wirtschaft, höhere finanzielle Selbstständigkeit der Regionen, Aufbau eines transparenten Marktes für Grundstücke, Vollendung der Privatisierung, Reformierung von „Naftohas“, der Ukrsalisnyzja (Ukrainische Eisenbahn), Einführung kapitalgedeckter Renten und einer Krankenversicherung, Steigerung der durchschnittlichen Lebenserwartung auf 70 Jahre.
Nachdem das Team von Janukowytsch sozial-wirtschaftliche Reformen ankündigte, wendete es sich einem aus seiner Sicht wichtigeren Anliegen zu: dem „Aufbau einer klaren Machtvertikale“, die notwendig sei, um die Reformen ins Leben zu rufen.
Mit der Wiederherstellung der Verfassung von 1996 ist so eine Vertikale nun vorhanden, doch die Reformen oder wenigstens ein schlüssiger Reformplan fehlen immer noch. Es gibt eine Reihe chaotischer, häufig überstürzter, unter Druck äußerer Faktoren (IWF) verrichteter Handlungen, die mit systematischen Reformen nichts zu tun haben.
«Bevor man die Schafe schert, sollte man sie füttern», – sagte in einem privaten Gespräch einer der führenden Vertreter der Partei der Regionen, indem er mir erklären wollte, warum die heutige Staatsmacht die meisten tiefgreifenden Schritte, die tatsächlich vonnöten sind, jedoch ziemlich schmerzhaft von den meisten Ukrainern empfunden werden können, auf die lange Bank schiebt. Das Gespräch fand im Frühling statt. Damals hegte das Präsidententeam oder wenigstens ein Teil hiervon noch die Illusion, dass man im Laufe des Jahres die Wirtschaft halbwegs zum Wachstum bringen würde (dank dem Wiederaufbau der Machtvertikale wohl), dass man für die Staatsbeamten Gehälter, Renten und Sozialvergünstigungen erhöhen und somit den herben Beigeschmack nach der Erhöhung des Renteneintrittsalters und anderen unpopulären Schritten minimieren würde.
Die Gesetzbücher von Janukowytsch
Die Sache mit dem Füttern ist etwas schief gegangen, daher machte man sich sofort ans Scheren. Dabei hat man vor, selektiv zu scheren, die einen werden für alles den Buckel geradehalten, die anderen kommen ungeschoren davon. Doch das Schlimmste dabei ist, dass die Schäfchen, ohne gefüttert zu werden und noch bevor man sie zu scheren begann, schon in Angst versetzt wurden. Und zwar alle.
Die Wirtschaftswissenschaftler, Kenner des Fiskus, werden noch lange darüber diskutieren, welche Artikel des Steuergesetzbuches die größte Gefahr in sich bergen, und welche im Gegenteil ein Schritt nach vorne sind. Doch der wesentlichste Nachteil dieses Dokumentes ist meines Erachtens schon jetzt offensichtlich. Die Art, wie das Steuergesetzbuch konzipiert und gebilligt wurde, wie die Machthaber durchaus vernünftige Vorschläge und Anregungen außer Acht ließen, wie bestimmte Figuren aus dem Beamtenlager, beispielsweise Serhij Tihipko, sich einen flegelhaften Ton gegenüber Steuerzahlern erlaubten, all dies sendete unmissverständliche Signale an uns alle.
Das erste Signal. Die Staatsmacht macht keinen Hehl mehr daraus, dass sie die eigenen Bürger verachtet. Aus der Kategorie der „kleinen Ukrainer“ wechselten wir in die der Proletarier, deren Meinung belanglos ist.
Das zweite Signal. Die Staatsmacht braucht keine in wirtschaftlicher Hinsicht selbstbewussten Bürger, die vom Staat finanziell unabhängig sind. Noch mehr: sie will sie unbedingt gegen Staatsbedienstete ausspielen, um eine gegenseitige Abneigung in zwei Lagern zu stiften.
Das dritte Signal. In der Ukraine wird es immer schwieriger, sich in der Wirtschaft zu betätigen, insbesondere wenn man kein Metallurgieimperium oder keine große Bank besitzt. «Kleinlädenbesitzer», wie diese Unternehmer von bestimmten Vertretern der Staatsmacht genannt werden, sind hier nicht erwünscht.
Die Konsequenzen? Sie liegen auf der Hand. Viele werden versuchen, in die Länder zu gehen, die lebenswerter sind. Noch mehr – um das Vielfache mehr – wird es denjenigen geben, die endlich begreifen: reich und erfolgreich sind in diesem Land bei weitem keine Kapitalisten, sondern die Beamten. Wozu auch die „Kleinläden“, wozu die Mühen, das Risiko, wenn man mehr verdienen kann und dabei weniger arbeiten muss. Zumal die Höhe des Schmiergeldes für eine „Pfründe“, sagen wir mal beim Zollamt, mit der vergleichbar ist, die man hinblättert, um sich als Kleinunternehmer selbstständig zu machen.
Als Folge wird es um einiges weniger Neugründungen geben. Daraufhin wird das Niveau der Wirtschaft zurückgehen. Dann wird es nicht mehr darum gehen, den von Herrn Janukowytsch versprochenen zwanzigsten Platz einzunehmen, sondern darum, den jetzigen würdevollen 69. Platz in der Liste der größten Weltwirtschaften nicht einzubüßen…
Übrigens, wegen der Aufregung um die das Steuergesetzbuch ist den Ukrainern ein weiteres Gesetzbuch entgangen, das von den Reformern der Staatsregierung erstellt wurde – das Arbeitsgesetzbuch. Es ist sehr empfehlenswert, den Entwurf des Gesetzbuchs zu lesen. Man stößt auf unheimlich Interessantes…
Janukowytsch und Tschechow
Ich erlaube mir, die Worte von Hanna Herman noch einmal zu wiederholen: „Hauptsache, dass der Präsident Reformen ins Leben ruft“. Janukowytsch sollte sich in der Tat mit Reformen befassen, als Staatsoberhaupt, das die exekutive Machtvertikale eigenmächtig regiert. Wiktor Juschtschenko hatte noch das Recht auf „Ausflüchte“, dass die Regierung ihm nicht untergeordnet ist, und dass es im Parlament keine präsidententreue Koalition gibt. Janukowytsch hat die hörige Mehrheit in der Werchowna Rada, und die alte-neue Verfassung gab ihm die ganze Kontrolle über der Regierung. Eigentlich haben wir keine Regierung Asarow, sondern eine von Janukowytsch.
Unter anderem geht das Staatsoberhaupt so vor, als hätte er keinen Bezug weder zu den Menschen, die im Ministerkabinett sitzen, noch zu den Ergebnissen ihres Treibens. In Bezug auf das Steuergesetzbuch betonte er beispielsweise, dass er es unterzeichnen oder nicht unterzeichnen würde erst nachdem es eingehend von den Experten der Administration des Präsidenten analysiert wird. Heißt das, das das Staatsoberhaupt mit seinen Experten keine Einsicht in das Dokument weder in der Phase seiner Erstellung noch nach seiner Billigung genommen hatte, in das Dokument, das die Wirtschaft des Landes entscheidend beeinflussen wird? Gäbe es keine Zelte protestierender Unternehmer auf dem Maidan, hätte der Präsident das Steuergesetzbuch unterzeichnet ohne es zu lesen? Und vor allem: darf man sich Reformen von einem Menschen erhoffen, der nicht nur Tschechow seine Aufmerksamkeit verweigert?
25. November 2010 // Oleh Basar
Quelle: Lewyj Bereg
Forumsdiskussionen
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„. Der Grosshandelspreis für Gas liegt in Deutschland heute übrigens unter 50./% von dem Preis den diese Bande Euch abgezockt hat: Dauerhaft, seit Anfang 2022.... Wie teuer war denn russ. Gas? Also nicht...“
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Tombi in Politik • Re: Selbstmordmissionen, Plünderungen, Bedrohungen: Ausländische Kämpfer berichten von Machtmissbrauch innerhalb der Internationalen Legion
„Also, am Anfang des Krieges zog die Ukraine alle möglichen Hazardeure dieses Globus an. Ich glaube dass die meisten davon bereits nach 6 Monaten entweder abgehauen sind, oder ausgeschlossen worden. Ich...“
LiveSafe in Politik • Re: Selbstmordmissionen, Plünderungen, Bedrohungen: Ausländische Kämpfer berichten von Machtmissbrauch innerhalb der Internationalen Legion
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Tombi in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
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Tombi in Wirtschaft • Re: Gespräch mit einem Ekonomisten...
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„Ein Stück weiter fliegen die "“Parody” UAV schon "On November 10, 2024, two such drones landed in Moldova, highlighting their widespread deployment." Die Kugeln da drin sind Radarreflektoren, die...“
Tombi in Wirtschaft • Re: Gespräch mit einem Ekonomisten...
„zu Täuschen lassen die Russen das Zeug fliegen Ja, Frank, dieses Spielzeug habe ich neulichst auch gesehen. Wie lange mag es her sein? 14 Tage vielleicht? Schau Dir an, wie gross sie sind: wieviel Benzin...“
Frank in Wirtschaft • Re: Gespräch mit einem Ekonomisten...
„...die Shaheds werden wohl zu mehr als 95% abgefangen, aber ich glaube, diese dienen eh nur dazu von den KH-101 und anderen Raketen abzulenken und die ukrainische Luftabwehr beschäftigt zu halten. zu...“
Tombi in Wirtschaft • Gespräch mit einem Ekonomisten...
„Wie geht's eigentlich der Wirtschaft der Ukraine? Tja, auch das verflüchtet sich ein wenig im "Kriegsnebel", ein paar Antworten auf diese Frage erhielt ich heute vom Xavier Tyntelmann: ein Video mit einem...“
Awarija in Nützliche und interessante Sachen • Re: Botschaftshinweise: Onlineeintragung in die "Deutschenliste" zur Krisenvorsorge
„Durchaus interessante Fragen, aber sie würden diesen thread wohl endgültig sprengen. Gerne an geeigneter Stelle weiter.“
Tombi in Nützliche und interessante Sachen • Re: Botschaftshinweise: Onlineeintragung in die "Deutschenliste" zur Krisenvorsorge
„Hallo, wie ist das Klima auf Kuba gerade ? Ab einem bestimmten Lebensalter wittert man offenbar gerne überall Verrat, aber überschätzt Du da nicht einiges ? Du, ich bin nicht in Kuba. Frage mich aber,...“
Awarija in Nützliche und interessante Sachen • Re: Botschaftshinweise: Onlineeintragung in die "Deutschenliste" zur Krisenvorsorge
„Hallo, wie ist das Klima auf Kuba gerade ? Ab einem bestimmten Lebensalter wittert man offenbar gerne überall Verrat, aber überschätzt Du da nicht einiges ? Was Du da beschreibst ist einfach der alltägliche...“
Tombi in Nützliche und interessante Sachen • Re: Bundestagswahl 2025: Eintragung ins Wählerverzeichnis
„Liebe Landsleute, wählen kann nur, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist. Deutsche, die im Ausland leben und nicht in Deutschland gemeldet sind, müssen dies zunächst beantragen. Wir empfehlen,...“
Anuleb in Tagesschau • Re: Ukraine nach Wahl von Trump:
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KRWD in Nützliche und interessante Sachen • Helft uns, den Deutschen Engagement Publikumspreis 2024 zu gewinnen!
„Liebe Freunde, wir haben eine große Ehre: Unsere Aktion für geflüchtete Ukrainer-innen wurde für den Deutschen Engagementpreis 2024 nominiert! Im Februar 2022 haben wir begonnen, kostenlose Haarschnitte...“
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Tombi in Tagesschau • Re: Ukraine nach Wahl von Trump:
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„Der kann auch versenkt werden, dann werden wieder die Tränen kullern bei den Tyrannen.“
Tombi in Politik • Re: Interview: «Die Russen werden diesen Krieg gewinnen. Und im Westen stellt man sich blind und redet über den Frieden»
„Klassisch sowjetisch: "Ich hab es nicht gelesen, aber ich verurteile es!!" Ja, stellen wir ihn einfach in die Rubirk" Schund . Ich habe auch keine Zeit mehr, mir Gedanken über jeden hirnbverrissenen Russen-Freund...“
Tombi in Ukraine-Nachrichten • Re: Zwei Krim-Bewohner wurden für den
„Den Ermittlungen zufolge sollen die ukrainischen Sicherheitsdienste von Dezember 2022 bis Juni 2023 einen Einwohner von Feodossija über einen Boten zur Zusammenarbeit veranlasst haben. Um den Kandidaten...“
Tombi in Politik • Re: Interview: «Die Russen werden diesen Krieg gewinnen. Und im Westen stellt man sich blind und redet über den Frieden»
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„Abschlussnote der Brics Konferenz im Punkt Ukraine: wir haben unterschiedliche staatliche Positionen und nehmen das voneinander zur Kenntnis. ..... Beim BRICS finden sich nur Staaten ein welche die gleichen...“
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„Also mir wäre es peinlich derartigen Unsinn zu schreiben. BRICS haben offensichtlich an Anziehungskraft gewonnen und der Westen befindet sich langsam aber sicher auf dem absteigenden Ast. Na, welche Krücke...“
Minimax in Tagesschau • Re: Putin lädt zum BRICS-Gipfel in Kasan
„Also mir wäre es peinlich derartigen Unsinn zu schreiben. BRICS haben offensichtlich an Anziehungskraft gewonnen und der Westen befindet sich langsam aber sicher auf dem absteigenden Ast. Und ja, ist...“
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Tombi in Allgemeines Diskussionsforum • Re: 10.000 Nordkoreaner für Putin
„Dann kann ja jetzt auch die Nato-Staaten der Ukraine direkt helfen, mit Soldaten, oder? Wenn schon Putin wieder "koreanische Potenzmittel" braucht, dann kann die Ukraine diese bekommen. Ist immerhin eine...“
Frank in Allgemeines Diskussionsforum • Re: 10.000 Nordkoreaner für Putin
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