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Die ukrainische Wirtschaft benötigt Multivektorialität, allerdings fehlt es an der Lobby

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Für die Ukraine wäre eine multivektorale wirtschaftliche Außenpolitik vorteilhaft, allerdings fehlt in dieser Richtung eine ernsthafte Lobby. Darüber berichtete im Laufe einer Expertenbefragung der Präsident der Industriegruppe „UPEK“ Anatoli Girschfeld dem Gorschenin Institut.

Welches Bündnis wäre für die Ukraine nützlicher?

Meine Antwort ist folgende: In verschiedenen historischen Zeiträumen der Unabhängigkeit hatte dieser Vektor verschiedene Ausrichtungen.

Am Beginn der 90iger Jahre hatte die Ukraine zweifellos die Chance – soweit wir ein in technischer Hinsicht hochentwickeltes Land waren und dies auch in der Struktur der ukrainischen Volkswirtschaft; der hochentwickelte Maschinenbau, welcher 60% des industriellen Sektors einnahm, hatte einen überwiegenden Teil der Wirtschaft inne. Der Handel im Bereich der Dienstleistungen nahm damals einen ziemlich kleinen Sektor ein, die Rohstoffbranche bildete ca. 30%. Deshalb sah man die Ukraine ohne Zweifel als attraktivstes Muster aus allen Republiken der GUS an und sich nach Europa bewegend, den Markt öffnend, liberale Reformen durchführend und die Korruption im Land besiegend, hätten wir bedeutende Investitionen erhalten und schnell das allgemeineuropäische Niveau einholen können, zumindest innerhalb der ersten zehn Jahre ab dem Zeitpunkt der Unabhängigkeit. Die Ukraine verlor jedoch diese Chance und was bezeichnend ist: die Struktur der Industrie veränderte sich in den 20 Jahren auf radikale Weise. In den Vordergrund gerieten die Rohstoffsparten, welche den wesentlichen Einnahmenteil des Budgets und den Hauptanteil am Export des Landes bilden. Im Unterschied zu den hochtechnologisierten Zweigen, die nur lokalen Charakter haben und zum Haushalt nichts beitragen.

Daher ist meine Antwort: mit der Wirtschaftstruktur, welche die Ukraine heute hat, den Rohstoffbranchen, ist es für die Ukraine zweifellos von Vorteil sich in Richtung Europa zu bewegen, da sie dort ihre Hauptabsatzmärkte sehen. Die starke Metallwirtschaft benötigt einen freien Zugang zu den auswärtigen Märkten und günstige Umstände, deswegen wäre eine Bewegung der Ukraine in Richtung globale Wirtschaft, also Europas, auf jede Weise willkommen.

Anmerken muss man auch einen potenziell schnell wachsenden Sektor – Nahrung und Lebensmittel. Sowohl primär, als auch nach der Verarbeitung wird dieser Sektor wahrscheinlich mit dem schnellsten Tempo für die Ukraine wachsen. Dafür gibt es viele Gründe.

Denken wir daran zurück, dass zu Sowjetzeiten die Ukraine, wenn sie auch als Zone des riskanten Ackerbaus galt, trotzdem die Kornkammer war, und auch nach der Klimaveränderung, welche sich binnen 20 Jahre vollzog, stellte sich die Ukraine als hinreichend günstiger Klimagürtel heraus. Außerdem zeichnet sich auf der Erde eine beständige Lebensmittelknappheit ab. Dies geht damit einher, dass auf den übrigen wirtschaftlich gedeihenden Märkten, insbesondere Südost-Asiens und Chinas die solvente Konsumnachfrage der Bevölkerung stark wächst. Auch der Ernährungsstandard der Bevölkerung stieg in den letzten paar Jahren heftig an, dies betrifft die Menge an Fleisch, Butter- und Milchprodukten usw. im Speiseplan. Deshalb zeigt auch in diesem Plan bei der Ukraine der Vektor nach Europa. Russland besitzt genug entwickelte Agrarregionen, zu denen zum Beispiel der Kuban, die Region Krasnodar, Stawropol und das Woronescher Gebiet gehören, welche in der Lage sind, das Land auf einem ausreichend hohen Niveau mit Fleisch- und Milchprodukten zu versorgen.

Prorussische Experten bestätigen, dass Europa die Ukraine als Absatzmarkt betrachtet

Russland sieht sich als Imperium und in Bezug auf die Ukraine werden immer imperiale Ambitionen eine Rolle spielen, allerdings haben diese Erklärungen aus meiner Sicht keine Grundlage. Wenn ein hinreichend qualitatives Niveau der Lebensmittelproduktion vorhanden ist, dann muss das nicht der beste Absatzmarkt sein. Denn heute sehen wir, dass sich der Markt der Lebensmittelindustrie in der Ukraine sogar während der Krise stabil fühlt und sich entfaltet. Aber was bleibt attraktiv, wenn wir von einer Annäherung der Märkte von Russland und der Ukraine sprechen? Man kann sagen, was wichtig für die Ukraine ist: die Ukraine kann als Land nicht nur einen Wachstumspunkt haben, den Agrarsektor. Die Rohstoffbranche erschöpfte ihr Wachstumspotential aufgrund der Preise der Energieträger und des Rohstoffbestands. Der Landwirtschaftssektor wird zweifellos die wachsende Komponente des Budgets sein, jedoch wurde die Ukraine als Staat ein bisschen anders aufgebaut. Um zu dem zurückzukehren, was ich schon zu Beginn sagte: 60% der ukrainischen Wirtschaft setzen sich aus dem Maschinenbau zusammen. Der Industriesektor ist eine Produktion, gegründet auf einer hohen Arbeitsteilung. Deshalb sah die Ukraine im Vergleich mit den übrigen Republiken der Sowjetunion höchst wohlbehalten aus. Dieser Sektor hat auch heute noch einen einzigen Absatzmarkt – und der ist Russland. Auf Grund seiner Entwicklung. Deswegen kann man hier auf jeden Fall die Beispiele „MotorSitsch“, das Saporoshjer Transformatorenwerk, das Charkower „Elektrotjaschmasch“ und „Turboatom“, welches zwar auch für Brasilien und Indien produziert, wobei jedoch 80% nach Russland verkauft werden, das Kramatorsker „NKMS“ usw nennen. Das heißt, auch unter den heutigen Bedingungen, nach einer 20jährigen Geschichte, hat dieser Sektor sich seine Wachstumszentren erhalten. Und dafür, dass diese Wachstumszentren eine stabile Tendenz erreichen und sich unter geschickte staatlicher Unterstützungspolitik wieder in Sektoren umgestalten, brauchen sie zweifellos einen Absatzmarkt, weil sie der Größenordnung nach so gebaut sind, dass der ukrainische Markt für sie nur einen kleinen Teil bildet. Die Maßstäbe dieser Produktionen fordern größere Absatzmärkte. Auf Grund seiner technologischen Entwicklung kann dieser Markt zum heutigen Tag Russland sein. So erhält man eine multivektoriale Politik. Allerdings ist die Lobby dieses Sektors in der jetzigen ukrainischen Wirtschaft sehr klein.

Besteht das Risiko, dass die Ukraine im Falle einer Freihandelszone mit der EU Russland als Absatzmarkt verliert?

Ich denke, dass sich heute solche eine Expansion russischen Kapitals vollzieht, dass sich in naher Zukunft all diese lokalen hochtechnologisierten Sektoren der ukrainischen Wirtschaft unter russischer Kontrolle befinden werden. Und deswegen wird Russland auch im Falle einer Freihandelszone mit Europa keine für diesen Sektor unvorteilhafte Barrieren aufbauen, da russisches Kapital auf diese Einfluss ausübt. Nehmen wir noch eine Branche, welche heute hinreichend groß wirkt – den Transportmaschinenbau. Die Ukraine erzeugte fast die Hälfte des Transportbestands der Sowjetunion. Das sind zum Beispiel sowohl „Asowmasch“, als auch „…“, „Stachanow“, „Dnjeprotjaschmasch“ und „Dnjeprowagonmasch“. Ich kann noch viele weitere Beispiele anführen. Das heutige Potential ist das Produktionsvolumen der Branche. Es ist notwendig, einmal zu zählen: 35.000 Waggons im Jahr für 50.000 Dollar, plus Guss, und Bestandteile. Ich glaube weit mehr als 2 Milliarden Dollar beträgt der Export dieser Branche. Auch in Russland gibt es eine ernsthafte Lücke in dieser Branche; sie verlor ihr Potenzial. Deshalb denke ich, dass sich die Prozesse auf folgende Weise entwickeln werden… Die Ukraine hat keine andere Wahl, als die europäische – und zu der wird es auch früher oder später kommen. Was die hochtechnologisierten Sparten der Industrie betrifft – sie werden wahrscheinlich zu einem großen Teil von Russland erworben. Heute sind sowohl das Agrarpotenzial als auch das Potenzial der Rohstoffbranche, also der hauptbudgetbildenden Branche trotzdem nach Europa ausgerichtet. Das Potenzial des hochtechnologisierten Sektors befindet sich entweder zur Gänze im Schatten – doch in der Ukraine sind das sind jene chaotischen Firmen, welche direkt für den Westen arbeiten oder die Maschinenbaufabriken fallen schnell unter den Einfluss russischen Kapitals.

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Es gibt die Meinung, dass die Zollunion mit der Ukraine nicht unbedingt vorteilhaft für Russland wäre (Angleichung des Gaspreises, die Mehrwertsteuer)

Ich denke, ja. Weil die Ukraine heute einer der größten Absatzmärkte für russische Energieträger ist. Eben aus jenen Gründen, welche Sie genannt haben, wäre das für Russland zweifelsohne nicht von Vorteil. Zumal Europa die Anwesenheit russischer Energieträger für die nächsten Jahre begrenzt hat und seine Lieferungen diversifiziert – nach den Ereignissen in den letzten zwei Jahren rund um den Transit von russischem Gas nach Europa. Das ist der erste Punkt. Zweitens – Russland hat schon das Vorbild Weißrusslands, als sich der weißrussische Maschinenbau dank des freien Zugangs zum russischen Markt entwickelte. Heute haben sie in vielen Bereichen einen herrschenden Charakter. Im Landwirtschaftsmaschinenbau, Autobau usw. „MAS“, „MTS“, die Minsker Motorfabrik, die Produktion von Verkehrstechnik usw. sind führende Unternehmen, welche heute den russischen Markt fast versorgen. Das kleine Weißrussland griff eben den Trend auf, von dem ich erzählt, es hat keine Rohstoffbranche. Auf Grund dessen, dass der Maschinenbau die Basis der Wirtschaft bildet, braucht Weißrussland auf jeden Fall ein Bündnis mit Russland. Einen anderen Markt gibt es einstweilen nicht. Aber insoweit das die Staatspolitik bildet, kann sich Weißrussland in ein paar Jahren vom russischen Markt lösen und sich ruhig Europa nähern. Aus meiner Sicht hat Weißrussland eine sehr gut vorbereitete Wirtschaft für die Bewegung in Richtung Europa. Das ist das Beispiel, welches die Tendenz, über die ich gesprochen habe, bekräftigt.

08.12.2010 // Gorschenin-Institut

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzer:   Armin Weber — Wörter: 1351

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