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Lustration für die Katz?

Lustration für die Katz - Flughafen BorispolLustration für die Katz - Flughafen Borispol

Eine der Schlüsselforderungen des Maidan war die Beseitigung der Korruption in der Wirtschaft. Natürlich war es naheliegend, dass dieser Prozess nicht einfach sein wird und auf Widerstand auf allen Ebenen stoßen wird. Dass dieses Problem weggeredet zu werden droht, hat der Serkalo Nedeli (und nicht nur er allein) eigentlich schon mehrmals geschrieben.

„Kann man ein neues Haus aus morschen alten Ziegeln bauen? Kann man. Aber es wird viel schneller einstürzen.“

Leider ist der ohnehin vorsichtige Optimismus in dieser Frage bis zum Sommer fast komplett verschwunden. Sehr oft werden die alten Karten einfach neu gemischt. Ein anschauliches Beispiel dafür ist der Luftverkehrssektor.

Der Löwenanteil aller Luftbeförderungen des Landes geht durch den Flughafen Borispol. Deswegen hat er immer große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Vor einigen Jahren zeigte die Familie des ehemaligen Präsidenten Janukowitsch bzw. sein älterer Sohn Alexander ein Interesse an ihm. Damals stieg er zusammen mit seinen Partnern ins Flugzeuggeschäft ein. Als Geschäftspartner an seiner Seite traten Geschäftsleute aus Odessa Kaufman und Granowskij auf, die die Flughäfen von Odessa und Simferopol unter ihrer Leitung hatten.

Die Arbeit verlief nach dem klassischen Schema der Teilung von Blattwerk und Wurzeln. Der Staat hatte vor, das Projekt zu finanzieren. Der voraussichtliche Umfang der Aufträge (und erwähnt sei, dass dieser durch den Staat garantiert wurde) für Unternehmen, die mit den Herren Kaufman und Granowskij verbunden waren, betrug drei Milliarden Hrywnja (damals etwas weniger als 300 Millionen Euro) nur in Bezug auf die zwei vorgenannten Flughäfen. Dabei wurde mit dem Bau ein nicht sehr bekanntes, aber ein sehr „richtiges“ Unternehmen ohne Bauerfahrung beauftragt.

Die Zahlen der öffentlich-privaten Partnerschaft waren dort besonders beeindruckend. Zum Beispiel wurde geplant, dass die Rekonstruktion der Start- und Landebahn des Flughafens von Odessa zu 99,77 Prozent vom Staat finanziert wird und sogar ganze 0,23 Prozent auf die „tatsächlichen Inhaber“ entfallen. Übrigens hatte das Bauunternehmen („Spezrembud“) vor, Bauarbeiten im Wert von 200 Millionen Dollar durchzuführen, und das mit einem Stammkapital von sage und schreibe 20.000 Hrywnja (1250 Euro), das von einem Gesellschafter aus dem Dorf Kriwoje Osero aufgebracht wurde.

Und die Vertreter ebendieses Geschäftskreises sollten in Borispol Verstärkung leisten. Im Sommer des Vorjahres übernahm Alexej Kotschanow die Leitung über den Flughafen und Sergej Gombolewskij wurde zu seinem Stellvertreter ernannt. Die Söhne Odessas haben sich sofort an die Arbeit gemacht und angefangen, das Geschäft auf befreundete Unternehmen auszurichten. Dieser Prozess wurde jedoch nicht bis zu seinem Abschluss gebracht, denn Janukowitsch ist aus dem Land geflohen.

Aufgrund der Rolle des Flughafens Borispol bei der vorrangigen Bedienung von Strömen an Charterflugzeugen mit fliehenden Beamten und regierungsnahen Geschäftsleuten, stellte sich die Frage nach einem Wechsel der Flughafenleitung. Diese wurde in der Tat gewechselt. Im März setzte der neue Infrastrukturminister den bisherigen Geschäftsführer Alexej Kotschanow ab und ernannte einen neuen Sergej Gombolewskij (sprich, eine Person aus derselben Mannschaft). Früher hat er in Odessa als geschäftsführender Direktor der Verwaltungsgesellschaft Flughafen Odessa GmbH gearbeitet, eines mit den Herren Kaufman und Granowskij befreundeten Unternehmens. Kurios ist, dass die Rückkehr seiner Frau in den Mitarbeiterstab des Flughafens eine der ersten Anordnungen des neuen Geschäftsführers war (jetzt arbeitet sie dort als Hauptökonomin).

Als sensationellste Ernennung erwies sich aber die Rückkehr von Boris Schachsuwarow in die Manager-Etagen des Flughafens Borispol – und dies nunmehr zum dritten Mal in Folge. Er wurde zum ersten stellvertretenden Generaldirektor ernannt (wobei man, nach Wissensstand des Serkalo Nedeli, im Ministerium gerade ihn zum Generaldirektor machen wollte).

Es steht außer Frage: Die Kenntnisse Herrn Schachsuwarows über den Flughafen lassen sich kaum anzweifeln. Wie auch die Tatsache, dass der große Teil aller „Wunder“ im und um den Flughafen herum in dem Zeitraum geschehen ist, als er zu einem seiner leitenden Repräsentanten gehörte. Ebendann verdächtigten die Behörden ihn der Unterschlagung in besonders hohem Ausmaß. Die Ermittlung vermutete, dass ein wesentlicher Teil der staatlichen Mittel, die für den Bau des Terminals F vorgesehen waren, angeblich durch private Konten abgeschöpft wurden. Es ist aber nicht zum Prozess gekommen.

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Und da er zur Zeit Janukowitschs entlassen wurde, kann er sich jetzt ruhig als Opfer einer „kriminellen Regierung“ bezeichnen. Laut einigen Angaben war Schachsuwarow aber nie ein Fremder in Borispol: Auf das mit ihm verbundene Unternehmen Airport-Management entfällt ein großes Stück des Kuchens an Flughafendienstleistungen.

Und was ist noch interessant, der vom Posten des Generaldirektors befreite Alexej Kotschanow hat jetzt Schachsuwarow im Amte des Generaldirektors von Airport-Management abgelöst. Kurzum: Im Stall wird rotiert.

Vor dem Hintergrund der neuen Ernennungen hört sich die Äußerung des Leiters des Lustrationsausschusses Jegor Sobolew besonders ironisch an: „Die Lustration bezweckt es, diejenigen Personen, welche die Ukraine in eine Mafiakloake verwandelt haben, für immer von der Möglichkeit auszuschließen, ein öffentliches Amt innezuhaben, sowie für die Selbstverwaltungsorgane und gesetzgeberischen Staatsorgane zu kandidieren… Das ist eine Garantie dafür, dass die Leute, die sich diskreditiert haben, die das Land blamiert haben, direkt oder indirekt an der Korruption und Beeinträchtigung der demokratischen Freiheiten beteiligt waren, keine Rechte mehr haben dürfen, in diesem Staat Beschlüsse zu fassen“.

Wie könnten wohl die letzten Ernennungen in dem größten Flughafen des Landes mit diesen Prinzipien übereinstimmen?

Hingegen hat das Ministerium wieder ein umfangreiches Programm zur „Verbesserung“ angekündigt. Der Minister hat versichert, in der nächsten Zeit werde das Vorfeld im Terminal D erweitert, der Binnenflugverkehr dorthin umgeleitet und der Bau des Parkhauses zum Abschluss gebracht. Es wurde sogar versprochen, für eine normale (und nicht dreifach überteuerte) Verpflegung der Fluggäste zu sorgen. In der Praxis hat man aber im Laufe der drei Monate nur geschafft, den mit Verlusten arbeitenden Taxidienst am Flughafen mehr oder weniger in den Griff zu bekommen.

Interessant ist, dass das Ministerium dabei vorhat, eine umfassende Rechnungsprüfung der Tätigkeit von Borispol durchzuführen. Alle abgeschlossenen Verträge sowie alle Projekte, die im Flughafen in den letzten Jahren ausgeführt worden sind, sollen geprüft werden. Eine besondere Aufmerksamkeit soll der Finanzierung von Bauarbeiten im Rahmen der Vorbereitung auf die EURO 2012 gewidmet werden. Tatsächlich gibt es dort einiges zu prüfen, denn die Projektkosten haben sich merkwürdigerweise um das Mehrfache erhöht. Wenn es sich zuerst um eine Summe von 250 Millionen Dollar gehandelt hatte, teilte die ehemalige Regierung am Ende des Projektes stolz mit, dass 600 Millionen Dollar „verbaut“ worden waren.

Dass viel Geld „verbaut“ wurde, ist offensichtlich. Fraglich ist aber, inwieweit ist Schachsuwarow, der den Flughafen im „heißen“ Zeitraum 2008-2011 geleitet hat, an der Offenlegung der Details des Verbauens interessiert.

Übrigens wäre es gut, bei dieser Gelegenheit auch die Tätigkeit der Investoren des Flughafens Odessas zu prüfen. Genauer gesagt, herauszufinden, wer doch hinter deren tollen Kanzleien steht, wie hoch die investierten Gelder sind, und diese Summen mit dem Beitrag des Staates zu vergleichen. Zum Glück ist eine Reihe von Schlüsselpersonen momentan ganz in der Nähe von Kiew. Odessas Behörden haben seit Langem vor, die Verträge zu kündigen, früher wurde dies aber durch das Patronat der Familie verhindert. Was könnte sie wohl jetzt davon abhalten, dies anzupacken? Einiges könnte man auf die Hektik der postrevolutionären Zeit und den Zeitmangel des Ministers und seines Apparats zurückführen. Die Fehler können aber auch zu einer Arbeitsweise werden. Es wäre nicht schön, wenn die neue Regierung auf denselben Rechen treten würde, oder wenn auf den Lustrationslisten die Namen von Beamten stehen würden, die schon nach der Revolution ernannt wurden.

6. Juni 2014 // Sergej Umanskij

Quelle: Serkalo Nedeli

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Übersetzung Swetlana Schilkina und Oleg Pogrebnyak

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