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Notizen eines Regisseurs. Ohne die UdSSR

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Als sich herausstellte, dass der 7. November vor der Tür steht – im Kalender rot vermerkt, fiel mir plötzlich ein, dass ich den größten Teil meines Lebens in einem Land verbrachte, das schon seit fast 20 Jahren nicht mehr existiert! Können Sie sich das vorstellen?

Und das es nie mehr geben wird.

Obwohl…

Na, was soll´s! Klopfen wir dreimal auf Holz!

Viel ist seitdem geschehen. Viele Geschichtsbücher wurden umgeschrieben. Man sprach mit Hass und mit Zärtlichkeit über diese Zeit. Aber manchmal kommt es einem vor, als ob der einzige Unterschied zwischen dieser Zeit und der Gegenwart nur darin bestünde, dass man heute nicht mehr zur Demonstration getrieben wird.

Man braucht nicht in aller früh in Kolonnen zu marschieren und dabei verschlafen mit Papierblumen zu wedeln. Man braucht nicht den idiotischen durch einen Lautsprecher verstärkten Parteiparolen ironisch „Hurra!“ hinterher zu brüllen, und dabei nicht einmal die eigene Stimme wegen des Lärms der Lieder über den übermächtigen Kommunismus hörend. Man braucht nicht die elenden und alten Gesichter der Parteifunktionäre und Regierungsmitglieder neugierig anzuschauen, während man an der Tribüne vorbei marschiert.

Geben Sie zu, die Errichtung jenes Staates misslang, er wurde ziemlich holprig, grob, mit der linken Hand gemacht. Nicht gescheit. Zweifelsohne gab es auch viel Gutes, niemand will es bestreiten. Der Preis aber, den die sowjetischen Menschen dafür bezahlen mussten, war enorm hoch!

Ich erinnere mich daran, ich erlebte es. Aber von Jahr zu Jahr wird es immer weniger Menschen geben, die „in der UdSSR geboren wurden“. Dagegen wird es immer mehr Geschichtchen über diesen „großen Staat“ geben. Wie wird sich unsere junge Nachkommenschaft diese sowjetische Zeit, die noch nicht so lange her ist, vorstellen? Nun…

„…Es lebte einmal ein Staat UdSSR. Er wurde errichtet als Lenin dort ankam. Das Volk sagte dem Zaren, er solle nicht mehr regieren, – und dann kam Lenin an die Macht.“

„Die UdSSR hatten eine rote Fahne, deswegen lag rot im Trend. Rot bedeutete Blut, das man vergießen muss, wenn man viel arbeitet.“

„Die allerglücklichsten waren die, die auf dem Land lebten, sie hatten ihre eigene Wirtschaft, sie konnten immer ein Schwein schlachten und es aufessen. In den Städten litten die Menschen immer Hunger…“

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„Um Wurst zu kriegen, musste man 20 km lange Warteschlangen stehen. Die Wurst von einer Fabrik war manchmal sogar grün.“

„Menschen in der UdSSR arbeiteten immer, und weigerten sich Urlaub zu machen. Sie kamen nach Hause nach der Arbeit und gingen sofort ins Bett, weil sie sehr müde durch die Arbeit waren. Sie hatten keine Träume und keine Fernseher.“

„Geburtstage feierten sie eher bescheiden, das Neujahr auch…“

„In ihrer Freizeit gingen sie ins Mausoleum. Dort trafen sich die Menschen, tranken Tee, tauschten Neuheiten aus, trieben sich herum.“

„Im Mausoleum lag der tote Lenin. Den sowjetischen Menschen gefiel es sehr, ihn anzuschauen.“

„Als der Krieg anfing, war es 6 Uhr morgens. In der UdSSR schliefen alle und waren nicht auf den Krieg vorbereitet. Deswegen waren die Deutschen an diesem Tag vor Moskau, aber den Russen gelang es dann doch die Attacke abzuwehren und den Krieg zu gewinnen.“

„Die UdSSR gewann den Krieg, weil die Bevölkerung so fleißig war. Die Deutschen waren Faulenzer, deswegen verloren sie.“

„Die UdSSR war das reichste Land überhaupt, wenn auch die Menschen hier Hunger litten. Selbstverständlich beneideten andere Länder die UdSSR.“

„Hier lebten sehr zivilisierte Menschen. Sie waren miteinander befreundet, nahmen nichts weg, waren freigebig. Sie beleidigten niemanden. Wir unterscheiden uns von ihnen. Sie unterschieden sich von allen anderen Menschen auf diesem Planeten, deswegen konnte niemand die sowjetischen Menschen je verstehen.“

„Und dann war plötzlich alles anders. Die UdSSR hörte auf zu existieren. Die Menschen wollen nicht mehr arbeiten und sie helfen einander nicht mehr. Und die, die immer noch am Leben sind, sie fühlen sich sehr unglücklich.“

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„Man sagt, die UdSSR sei auseinandergefallen und existiere nicht mehr. Ich glaube aber nicht so recht daran. Vielleicht existiert sie noch? Die Menschen arbeiten dort immer noch und feiern den 7. November jedes Jahr…“

So ist des… Auch ich habe meine Zweifel… Man braucht sich nur umzuschauen und: Oh, du meine Güte! Das ist doch wieder die gleiche UdSSR, bloß ohne KPdSU! Beinahe unheimlich!

Nein, lass uns lieber dreimal auf Holz klopfen!

07.11.2010 // Anatolij Borsjuk

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:   Halina Pyrtko — Wörter: 708

Halina Pyrtko stammt aus Lviv (Ukraine). Seit fast zehn Jahren lebt sie in Wien und studiert derzeit Germanistik und Slawistik an der Wiener Universtität. Nebenbei arbeitet sie als Übersetzerin und Kursleiterin für Russisch und Ukrainisch und will Literaturübersetzerin werden.

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