Das Ministerkabinett hat vorgeschlagen die gesetzlichen Einschränkungen für eine Reorganisierung und Privatisierung des ukrainischen Gastransportsystems aufzuheben. Gestern wurde verkündet, dass dem entsprechenden Gesetzentwurf bereits von der Regierung zugestimmt wurde. Bei der Partei der Regionen ist man überzeugt davon, dass auch die Werchowna Rada diesem in nächster Zeit zustimmt. Und bei „Gasprom“ ist man prinzipiell damit einverstanden bereits im nächsten Jahr ein Joint Venture zu gründen. Der Wunsch, sich so schnell mit der Ukraine zu einigen, erklärt sich mit den Schwierigkeiten, die Russland bei der Realisierung des Bauprojekts der Pipeline South Stream hat. Dies könnte es, der Meinung von Experten nach, der Ukraine erlauben, wesentlich vorteilhaftere Bedingungen für die Schaffung eines Joint Ventures zu erreichen.
Wie dem “Kommersant-Ukraine“ ein hochgestellter Informant beim Energieministerium mitteilte, hat die Regierung auf ihrer Sitzung am Dienstag die Initiative des Ministeriums dazu gutgeheißen, der Werchowna Rada Änderungen im Gesetz „Über den Pipelinetransport“ vorzulegen. Der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine“ präzisierte, dass das Ministerium vorschlug Änderungen in den Artikel 7 einzutragen, der eine Reorganisierung oder die Privatisierung des ukrainischen Gastransportsystems verbietet. „Die Änderungen erlauben es zukünftig das ukrainische Gastransportsystem in ein gemeinsames Unternehmen mit ‘Gasprom’ einzubringen“, erläuterte der Informant. Seinen Worten nach sollen die Änderungen bereits bis Ende November der Werchowna Rada vorgelegt und verabschiedet werden. Beim Pressedienst des Energieministeriums und des Kabinetts verzichtete man auf Kommentare. „Prinzipielle Probleme bei der Annahme des Gesetzentwurfes wird es nicht geben, da es derzeit in der Werchowna Rada eine Mehrheit gibt, die loyal gegenüber dem Ministerkabinett ist“, erklärte dem “Kommersant-Ukraine“ der Radaabgeordnete Michail Tschetschetow (Partei der Regionen).
Zur Erinnerung: Moskau hat früher erklärt, dass es einverstanden damit ist der Ukraine Zugang zur Gasförderung auf dem russischen Territorium unter der Bedingung einer Gründung eines Joint Ventures zwischen „Gasprom“ und „Naftogas Ukrainy“ zu gewähren. Die ukrainische Seite ist bereit in dieses das Gastransportsystem und die Gaslagerstätte „Palas“ im Schwarzmeerschelf einzubringen und rechnet im Gegenzug damit von Russland Lagerstätten zur Erdgasförderung zu erhalten, die 30 Mrd. Kubikmeter Förderung im Jahr erlauben. Diese Mengen reichen vollständig, um die ukrainische Industrie mit Gas zu niedrigen Preisen zu versorgen (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 28. September).
Bei den Pressediensten von „Naftogas“ und „Gasprom“ kommentiert man die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens nicht. Jedoch erzählte dem “Kommersant-Ukraine“ ein Informant beim russischen Monopolisten, dass die Verhandlungen zur Gründung des Joint Ventures bereits in der nächsten Woche beginnen. Bei „Gasprom“ prognostiziert man das Erscheinen des gemeinsamen Unternehmens für Ende 2011. „Ich denke, dass wir innerhalb eines Jahres alle notwendigen Fragen in Übereinstimmung bringen“, erklärte der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine“ beim Energieministerium. Seinen Worten nach sind jetzt Probleme bei der Umsetzung des South Stream Projekts aufgetreten, was “Gasprom” dazu zwingt „den Vorschlag der Ukraine anders zu betrachten“.
Am Anfang der Woche wurde das South Stream Projekt zu einem der Hauptthemen der Gespräche zwischen den Premierministern der Russischen Föderation und Italiens, Wladimir Putin und Silvio Berlusconi. Wie Berlusconi versicherte, gelang es den Partnern die Türkei davon zu überzeugen, die Verlegung der Pipeline durch die eigenen territorialen Gewässer zu gestatten. Die Erlaubnis sollte bis zum 1. November gegeben werden. Jedoch zwei Wochen vor dem Auslaufen dieser Frist hält Ankara eine Pause ein. „Bei der Regierung sagt man überhaupt nichts, es gibt keinerlei Bewegung beim Projekt. Die Erlaubnis wird nicht so schnell gegeben werden“, behauptet der Präsident des Türkischen Zentrums für internationale Beziehungen und strategische Analysen, Sinan OĞAN.
Die Türkei ist nicht das einzige Problem von South Stream. „Es bleiben noch Probleme in Bezug auf die Verlegung von South Stream durch einige Länder“, gab gestand Silvio Berlusconi am letzten Sonnabend ein. „Und ich muss aus diplomatischer Sicht in Bezug auf eines der Länder zusätzlich arbeiten und dieses davon überzeugen, dass es keine weiteren Schwierigkeiten für dieses Projekt bereitet“. Die Rede geht von Bulgarien, welches die Kontrolle in der Frage der Pacht des Bodens unter der Gaspipeline, Anteile am Joint Venture und Transitgebühren verlangt.
Außerdem stört die Entwicklung des Projekts ein Aktionärskonflikt, wie dem “Kommersant-Ukraine“ ein Informant erzählte, der dem Betreiber des Projekts, der South Stream AG, nahe steht. „Die Italiener blockieren alle Lösungen, die von Moskau vorgeschlagen werden. ‘Gasprom’ möchte den Anteil der ENI über die Anwerbung loyalerer Partner senken, doch fordert die ENI beharrlich die Beibehaltung der Parität bei den Anteilen“, erzählte der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine“. Eine optimale Lösung wäre es die Italiener mit Franzosen oder Deutschen zu ersetzen, jedoch halten diese Frage die obersten Personen der Russischen Föderation und Italiens unter ihrer Kontrolle“??. Im Ergebnis gab die ENI bislang kein Einverständnis zur Hinzuziehung der französischen EDF oder der deutschen Wintershall.
Der Bau von South Stream, verspricht man bei „Gasprom“, beginnt 2013 und Erdgas werden die europäischen Verbraucher bereits Ende 2015 erhalten. Übrigens erinnern die vom “Kommersant-Ukraine“ befragten Experten daran, dass „Gasprom“ vor einem Jahr den Bau Ende 2010 beginnen wollte und vermuten, dass die Baufristen erneut verschoben werden können. Der Leiter von Rusenergy, Michail Krutichin, erläutert, dass die zu einem realen Indikator für das Fortschreiten des Projekts die Unterzeichnung oder Nichtunterzeichnung eines verpflichtenden Abkommens zwischen den Aktionären im Dezember 2010 wird. „South Stream fehlt es nicht nur an Erlaubnissen für die Verlegung der Röhren, sondern auch an Finanzierungen. Die Gaspipeline wird durch Staaten verlaufen, die nach der Krise von 2008 am Rande des Bankrotts waren, alle außer Österreich. Daher kommt die große Frage auf, ob diese Länder Gelder für der Projekt finden werden oder nicht. Und soweit die Europäische Union nicht bereit ist, South Stream den Status transeuropäischen Projekts zu geben, braucht man nicht mit Finanzierungen aus EU-Quellen oder mit niedrigen Kreditzinsen zu rechnen.“
Der Leiter der Analyseabteilung des Investmentunternehmens „BrokerCreditService“, Maxim Schein, hebt hervor, dass die Probleme bei der Realisierung von South Stream es der Ukraine erlauben weitaus günstigere Bedingungen für die Schaffung eines Joint Ventures zu erreichen. Alexander Gudyma, Mitglied des Energieausschusses der Werchowna Rada, betont, dass Russland der Ukraine vorher Lagerstätten für die Einbringung in das Joint Venture angeboten hatte, in deren Erschließung bedeutende Summen hätten investiert werden müssen. So erklärte man bei „Gasprom“, dass Russland im Falle der Gründung eines gemeinsamen Unternehmens bereits ist, seinerseits die Astrachaner Gaslagerstätte und einige Lagerstätten auf der Halbinsel Jamal einzubringen. Den Informationen des Energieministeriums nach, liegen die Gasförderkosten auf Jamal anderthalb mal höher als im Urengoj-Feld. Und die Erschließung der Astrachaner Lagerstätte schafften selbst die Weltunternehmen ENI und Total nicht aufgrund des hohen Schwefelgehalts des dort geförderten Gases. „Jetzt könnte die Ukraine erreichen, dass anstelle der Astrachaner die bereits erschlossene Urengojer Lagerstätte in das Joint Venture eingebracht wird“, hob Schein hervor.
Oleg Gawrisch, Natalja Grib
Quelle: Kommersant-Ukraine
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