Während er um seine eigene Machterhaltung kämpft, bestimmt Wiktor Janukowitsch die geopolitische Wahl der Ukraine. Zu dieser Schlussfolgerung könnte man gelangen, wenn man das Simultanspiel des Hausherrn der Bankowaja auf den russischen, europäischen, amerikanischen und chinesischen Spieltischen beobachtet. Darüber hinaus findet das für Janukowitsch außerordentlich wichtige Spiel auf dem innenpolitischen Spieltisch statt, in dessen Zusammenhang die Rufe „Hau ab“ laut Umfragen immer deutlicher werden. Eine ernsthafte Auseinandersetzung über die Positionen auf den Spieltischen folgt allerdings in einer der nächsten Ausgaben. Im Interesse Janukowitschs sollten die Spielergebnisse so lang wie möglich Richtung Remis hinausgezögert werden. Jedoch können sämtliche Pläne nach einer offensichtlichen Niederlage in einer einzigen der Partien zusammenstürzen. Deshalb sprechen wir heute über das Treffen mit dem Premierminister der Russischen Föderation, Wladimir Putin.
Der Hausherr Russlands kommt der Ukraine wegen nach Kiew. Im Vorfeld der Gespräche waren sich Putin und Medwedew einig: bedeutende Zugeständnisse bezüglich des Gaspreises (der sich unter Berücksichtigung der MwSt und des Transports in die weitesten Winkel der Ukraine im dritten Quartal bereits der Fünfhundert-Dollar-Marke annäherte) sind nur dann möglich, wenn die Ukraine der Zollunion beitritt. Wiktor Janukowitsch ist hierzu nicht bereit – das glänzende Livree des Pförtners blendet ihn nicht. Deshalb wird die Partie am Samstag höchstwahrscheinlich vertagt. Dennoch existieren Spielvarianten.
Die erste Variante. Die Ukraine wird anbieten, den zähen Prozess zur Bildung einer Freihandelszone im Rahmen der GUS zu vertiefen. Der letzte Versuch diesem Vorhaben Leben einzuhauchen, der durch die Anwesenheit Nikolajs Asarows in Minsk geweiht wurde, konnte dem Projekt keinen frischen Wind verleihen. Nichtsdestotrotz wurde das nächste Treffen für September festgesetzt. Laut Berechnungen von Ökonomen, die zum Arbeitskreis gehören, der auf Anordnung des Präsidenten und unter der Betreuung des Vizepremiers sämtliche Möglichkeiten des Zusammenlebens von Wölfen und Schafen analysiert, wird eine Freihandelszone der Ukraine keine nennenswerten wirtschaftlichen Vorteile verschaffen. Im Falle des Einverständnisses des Kremls könnte ein annehmbarer Kompromiss darin bestehen, Vereinbarungen über eine Reihe konkreter „Annexionen und Auflagen“ zu tarnen, die den russischen Premierminister vorübergehend zufrieden stellen sollen.
Die zweite Variante, die die etablierte Bezeichnung „3+1“ erhält. Hierbei geht es nicht um die Schaffung einer Freihandelszone mit der amorphen GUS, sondern einer sehr konkreten Zollunion, zu der, bekanntermaßen, Russland, Weißrussland und Kasachstan gehören sollen. Das FTA (Free Trade Agreement) inklusive einer Zollunion sieht die Mitgliedschaft der Ukraine nicht vor, erlaubt jedoch sektorielle Lösungen zu beiderseitigem Vorteil, ermöglicht eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit bei einer Reihe von Projekten. „3+1“ erscheint aus Sicht der ukrainischen Gesprächspartner nicht nur als adäquateste Variante, weil sie der Ukraine ökonomisch merklich zum Vorteil gereicht. Es existiert noch ein weiterer Grund. Im vorangegangenen Jahr hat die Führung Russlands den Beginn der Gespräche mit der EU über die Schaffung einer Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und der Zollunion initiiert. Der Vorschlag hat allerdings kein engagiertes Echo hervorgerufen. Sollte die Ukraine in der Lage sein, zuerst die Schaffung einer FTA mit der Zollunion zu realisieren und zusätzlich im Herbst diesen Jahres ein FTA mit Brüssel unterschreiben zu können, könnte die Ukraine, gemäß der Meinung der Bankowaja, mit der Zeit in der Lage sein, als Katalysator im Prozess der Bildung einer Freihandelszone zwischen der EU und der Zollunion zu fungieren. Die Optimisten, die Wiktor Janukowitsch im Simultanspiel trainieren, halten eine vergleichbare Idee für realistisch. Die Pessimisten denken, die Augen verdrehend: der Eine schuftet, der Andere pfuscht ins Handwerk.
Allerdings lohnt sich ein derart weiter Blick in die Zukunft kaum, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass die Variante „3+1“ aus politischen und ideologischen Gesichtspunkten bis zu diesem Zeitpunkt nicht das Gefallen Wladimir Putins gefunden hat.
Die dritte Variante hat die Bezeichnung „Null“ bekommen. Wenn sie sich über nichts einigen können: weder über die Herabsetzung des Koeffizienten in der Formel zur Gaspreisbildung, was, nebenbei bemerkt, Dimitri Medwedew gemäß den Worten des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch während der Unterzeichnung des Charkower Abkommens versprochen hatte; noch über die Beziehungen der Ukraine zur Zollunion; noch über die Beilegung des Wirtschaftskriegs, welcher, sollte er in eine wirksame Phase eintreten, der Wirtschaft beider Länder ernstliche wirtschaftliche Einbußen zufügen könnte, allein auf der ukrainischen Seite wird der Verlust von den Analysten der Bankowaja auf 5-6% des BIPs in anderthalb Jahren geschätzt; noch über eben jene punktuellen Annexionen und Auflagen, die Janukowitsch im Falle seiner Zustimmung unweigerlich an den Rand der Kapitulation bringen. Worum wird es konkret gehen? Darüber kann die ukrainische Seite lediglich spekulieren. Wladimir Putin wird selbstverständlich nicht mit der Lampe ins Gesicht leuchten, aber die praktischen Fähigkeiten, die er in jungen Jahren erworben hatte, wendet der russische Premierminister auch in Verhandlungen an, indem er seinem Gegenüber mit einer Frage verblüfft, die eine unverzügliche Antwort fordert. Es gibt viele mögliche Fragen: sowohl zum Boden, wie zum Maschinenbau, zur Krementschuger Erdölraffinerie, oder im Einzelnen zu „Juschmasch“.
Aber freilich könnte es in erster Linie auch um eine Rohrleitung gehen. Die Ukraine hat, bekanntlich zumindest öffentlich, die Bemühungen zur Bildung eines trilateralen Gemeinschaftsunternehmens unterstützt, zu welchem außer Russland auch die europäische Seite gehören sollte. Allerdings klangen die Einladungen der Einen an die Europäer unaufrichtig, zum Anderen wollten die Europäer Fragen der Energieversorgungssicherheit nicht zur Kenntnis nehmen, dann hat Russland diese Reaktion in Berlin, Paris, Rom und Brüssel gefördert. Aber Begeisterung hat die in die praktische Phase gehende Frage der Bildung eines Joint Ventures zur Verwaltung und Modernisierung des ukrainischen Pipelinesystems in der EU bisher nicht hervorgerufen. Dieser Umstand wird in der Bankowaja beklagt, die alle Für und Wider einer Bildung eines bilateralen Joint Ventures abwägt, das de jure eine Fusion von NAK und Gazprom zwar nicht vorsieht, aber de facto zu einer Dominanz der Interessen von Gazprom führen würde. Die Affaire um UkrGasEnergo, das zu 50-50 kontrolliert werden sollte, sich real aber in der Hand Gazproms und nahestehender Geschäftsleuten befindet, ist ein Paradebeispiel.
Übrigens, von all dem weiß Wiktor Fjodorowitsch (Janukowitsch) selbst nicht nur vom Hörensagen. Versteht er aber auch, dass eine Niederlage im Spiel gegen Putin den simultanen Partien auf anderen Spieltischen den Sinn entzieht – für die Ukraine wird jedoch fortan Wladimir Wladimirowitsch (Putin) spielen.
23. Juni 2011 // Julia Mostowaja
Quelle: Serkalo Nedeli
Forumsdiskussionen
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„Den direkten Konflikt mit Russland gibt es doch schon lange. Natürlich ist das kein heißer Konflikt. Aber, gesprengte Pipelines, diverse Hackerangriffe, Morde an in Europa lebenden russischen Migranten...“
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„Die Einwanderung ist inzwischen leichter geworden. Siehe: unbefristete-aufenthaltsgenehmigung-ein ... 48448.html Ansonsten halt der übliche Kram: Ehe, KInd, ukrainische Ahnen, Ostfronteinsatz. Aber dann...“
lapinoskoff in Recht, Visa und Dokumente • Re: Führerschein umtauschen
„Die temporäre Aufenthaltsgenehmigung hat vor allem den Nachteil, dass du für die jeweilige Erneuerung jedes Mal eine Grundlage brauchst, deren Bedingungen sich ändern können. Mit einer befristeten...“
lapinoskoff in Recht, Visa und Dokumente • Re: Führerschein umtauschen
„In der Praxis habe ich auch noch von keinem Einwanderer hier gehört, dass er seinen ausländischen Führerschein umgetauscht hat. Allenfalls, dass sich Leute einen zweiten ukrainischen zugelegt haben....“
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„Liebe Alle ich habe an anderer Stelle einiges zum Thema gelesen, jedoch nicht die wirklich passende Antwort gefunden. Vielleicht hier? Muss man wirklich, wenn man eine Aufenthaltserlaubnis für die Ukraine...“
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„Hat jemand eine Idee wie ich mein Bike von köln beispielsweise nach krementschuk schicken kann? Gibt es jemanden der Transporte in die Ukraine macht? Dankeeee“
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„Hallo Forengemeinde, bin heute früh 6 Uhr über Korczowa in die Ukraine eingereist. 1,5 h ohne Probleme. Straßen, sind teilweise sehr marode“
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Frank in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Bin da noch nie angehalten worden, vll. liegt es an deinem Auto. An der Grenze wird man grundsätzlich mit was konfrontiert was man sich nicht erklären kann und wo man nicht drauf vorbereitet ist. Ist...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„@ensowo dazu gibt es wohl endlose Geschichten, selbst bin ich zweimal in gleicher Art und Weise kontrolliert wurde, das erste Mal, stichprobenartig, da gehe ich von einem Zufall aus. Beim zweiten Mal allerdings...“
esnowo in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„am 20.05.Ausreise über Budomiers mit dem Wohnmobil.Wir hatten Schwierigkeiten mit dem Ukrainischen Zoll. Das Wohnmobil hat ein Gesamtgewicht von 3500 Kg und die Zollbeamtin wollte das Wohnmobil als Lkw...“
Bernd D-UA in Ukraine-Nachrichten • Re: WSJ: Ukraine bittet USA um Hilfe bei Angriffen auf russisches Gebiet
„Ein Waffenstillstand hat den " Charme" keine Gebiete offiziell abtreten zu müssen und nur auf so was in der Art würden sich die Ukrainer eh nur einlassen. Putin hat einen Lauf, in 2024 wird sich eh nichts...“
Frank in Ukraine-Nachrichten • Re: WSJ: Ukraine bittet USA um Hilfe bei Angriffen auf russisches Gebiet
„An einem wirklichen Waffenstillstand hat doch Putin gar kein Interesse, sieht man doch seit 2014. Nur dafür dass die Ukraine die besetzten Gebiete abtritt was sie nicht machen wird. Eine Offensive wird...“
Bernd D-UA in Ukraine-Nachrichten • Re: WSJ: Ukraine bittet USA um Hilfe bei Angriffen auf russisches Gebiet
„Hallo Waldi, im Grunde bin ich voll bei Dir! Da aber die Unterstützer der Ukraine ihre Rüstungsindustrie nicht hochfahren, die Produktion von Munition ist viel zu gering, wird es wohl nichts mit einem...“
Bernd D-UA in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„"Eine Apostille hat kein Ablaufdatum. Die Urkunde, die mit der Apostille versehen ist, kann aber eine Gültigkeitsfrist beinhalten. In der Regel dürfen seit der Ausstellung des Dokuments mit Apostille...“
Waldi in Ukraine-Nachrichten • Re: WSJ: Ukraine bittet USA um Hilfe bei Angriffen auf russisches Gebiet
„Verteidigung wird unter den jetzigen Umständen immer mehr zum Selbstmord! Was die ukrainische Armee dringend braucht sind schwere Waffen zur Verteidigung. Und dazu gehören nun einmal ATACMS-Raketen und...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Hallo nochmal.....wisst ihr wie lange mein apostilliertes Scheidungsurteil aus Belgien in der Ukraine gültig ist?“