Nach dem Artilleriebeschuss im Donbass verkündete der Präsident der Ukraine, Wladimir Selenskij [Wolodymyr Selenskyj], den teilweisen Verlust der Kontrolle über die Söldner durch den Kreml. Ich weiß nicht, ob das Staatsoberhaupt das selbst begreift oder die Leute, die dem weit vom realen Leben und den politischen Prozessen entfernten ehemaligen Komiker Texte schreiben, dass diese These nur die russische Forderung nach direkten Verhandlungen Kiews mit der Führung der „Volksrepubliken“ bestätigt. Der Kreml behauptet auch selbst, dass er niemanden im Donbass kontrolliert, dass aufständische Bergarbeiter neue Regierungsorgane und Streitkräfte geschaffen haben und sie der „Kiewer Junta“ widerstehen. Und hier behauptet der Präsident der Ukraine bereits selbst, dass Russland diese bewaffneten Formationen nicht kontrolliert. Was eigentlich auch bewiesen werden sollte.
Aber wenn das schwer zu begreifen ist, dann ist es vielleicht einfacher die Ursache-Wirkungs-Verbindungen wiederherzustellen, die offenbar bei Wladimir Selenskij selbst und seinem infantilen Wähler deformiert sind. Im Verlaufe seines gesamten Wahlkampfs behauptete der zukünftige Präsident der Ukraine unter dem Applaus des Publikums, dass der Krieg deswegen fortgesetzt wird, weil sich an ihm die ukrainische Regierung bereichert und er vergaß auch nicht das Wort „Swinartschuk“ in jedem seiner Videos zu erwähnen. [Swinartschuk ist der ehemalige Familienname des Poroschenko-Freundes Oleg Gladkowskij / Oleh Hladkowskyj, der mit seinem Sohn offenbar an Geschäften mit Ersatzteilen für die Armee ordentlich verdiente. A.d.Ü.] Und er versicherte, dass um den Krieg zu beenden, man nur einfach zu schießen aufhören muss.
Also, muss man zu Beginn einfach versuchen sich vom Kopf auf die Beine zu stellen und zu begreifen, dass dieser Krieg nicht deswegen fortgesetzt wird, weil man sich an ihm in Russland und der Ukraine bereichert. Alles ist umgekehrt: in Russland und in der Ukraine bereichert man sich eben deswegen, weil Krieg ist. Die Bereicherung ist eine Folge des Krieges und nicht der Krieg eine Folge der Bereicherung.
Wenn es Wladimir Selenskij gelingt dies zu begreifen, dann kann er den nächsten Schritt tun: versuchen Wladimir Putin zu begreifen. Zu begreifen, wie sich Wladimir Putin von ihm und seinen Wählern, von seinen Freunden und Mentoren unterscheidet und was er will.
Der Wähler Wladimir Selenskijs möchte eines: ruhig und glücklich in der Ukraine ohne überflüssige Sorgen leben. Wladimir Selenskij selbst möchte eben eine solche Ukraine regieren und im Rampenlicht in der Rolle des „Volksdieners“ glänzen. Igor Kolomojskij [Ihor Kolomojskyj] möchte einfach viel Geld und die Privatbank. Die Brüder Schefir wollen ihre Serien nach Russland verkaufen – wohin auch sonst? All das sind die klassischen Wünsche des Kleinbürgers – unabhängig davon, ob auf ihren Konten Milliarden, Millionen oder ein paar Tausend Hrywnja liegen.
Doch Wladimir Putin möchte etwas komplett anderes. Bei ihm sind die Fragen der Milliarden, Millionen, dem Rampenlicht und anderem Tingeltangel gelöst. Er braucht keine Bank und Serien dreht er nicht. Er möchte den russischen Staat in seinen wirklichen Grenzen wiederherstellen – das heißt in den Grenzen der UdSSR oder des Russischen Imperiums. Also mit dem Einschluss der Ukraine in diese Grenzen. Und daran arbeitet er.
Und soll Wladimir Selenskij nicht einmal zu begreifen versuchen, warum Putin das braucht. Er wird das nie begreifen, kein Kolomojskij wird ihm das erklären, kein Schefir steigt dahinter. Den Menschen, die außerhalb der Welt der Dämmerfantasien der Diktatoren leben, ist der Zutritt dorthin verboten. Ich bin auch selbst überhaupt nicht bereit Selenskij die wahrhaftigen Gründe für die Wünsche Putins zu erläutern. Ich begreife nur einfach, dass es diese Wünsche gibt. Und dass die Mehrzahl der Mitbürger des russischen Präsidenten diese teilen.
Daher kann man sich mit Putin nicht auf Frieden einigen. Und auch nicht auf Geld. Er wollte auf den Frieden, auf das Geld, auf Selenskij, Kolomojskij, die Serien der Schefirs und den übrigen Unsinn spucken. Er ist der Befreier-Zar. Er möchte uns von uns befreien.
Daher müssen wir kämpfen oder aufgeben und der Aufnahme in den Bestand Russlands zustimmen. Es gibt keinen anderen Ausweg. Und ja, mit der Wahl Selenskijs könnte sich der Konflikt allein aus einem einfachen Grund verstärken. Der ukrainische Präsident kann nur bei Treffen mit seinen westlichen Kollegen vom Zwingen Russlands zum Frieden sprechen. Doch der russische Präsident kann die Ukraine zum Frieden ohne Gespräche zwingen – mit Beschuss, Sabotage, sogar einem neuen Krieg und neuen territorialen Eroberungen.
Zum Anfang muss man das einfach begreifen. Wladimir Putin verstehen und das Maß der eigenen Verantwortung begreifen. Denn vom Moment der Amtseinführung Wladimir Selenskijs an liegt die Verantwortung für jedes genommene Leben, für jedes verstümmelte Schicksal, für jedes zerstörte Haus persönlich beim neuen Präsidenten der Ukraine.
Und bei jedem, der für ihn gestimmt hat.
7. Juni 2019 // Witalij Portnikow
Quelle: Lewyj Bereg
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