Metropolit Onufrij (links) und Patriarch Kyrill in Moskau - mospat.ru
Die orthodoxe Kirche der Welt ist in zwei Kategorien unterteilt: die autokephale (oder vollständig administrativ unabhängige) und die autonome (das Oberhaupt einer solchen Kirche wird von den örtlichen Bischöfen gewählt, aber es braucht die Zustimmung seitens der Mutter Kirche). Gegenwärtig gibt es 14 orthodoxe Ortskirchen, deren autokephaler Status von der gesamten orthodoxen Welt anerkannt wird.[Pomesna Zerkwa, Ortskirche, ist ein Wechselbegriff zur Autokephalie, Anm. d. Ü.] Dies sind die vier alten östliche Patriarchate (Konstantinopel, Alexandria, Antiochia, Jerusalem), und die Kirchen von Russland, Georgien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Polen, Albanien und die orthodoxe Kirche der tschechischen Länder und der Slowakei.
Die ukrainische Kirche gehört leider nicht zu dieser Liste der allgemein anerkannten (oder, wie man oft sagt, kanonischen) autokephalen orthodoxen Kirchen der Welt. Ebenso wenig gibt es eine ukrainische Kirche in der zweiten Liste, unter den orthodoxen Kirchen, die wieder zusammen von der orthodoxen Welt als autonom anerkannt werden. Zum Beispiel die finnische Kirche (als ein Teil der Kirchen von Konstantinopel) oder die Kirche vom Sinai (sie besteht aus dem Kloster der heiligen Katharina und ihrer Metochi und ist Teil des Jerusalemer Patriarchats).
Worum geht es? – wird mich der Leser fragen, der solche Namen ukrainischer Kirchenstrukturen wie „Ukrainische Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats“ oder „Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche“ bereits gut kennt. Es geht darum, dass diese beiden Strukturen leider nicht von der orthodoxen Welt anerkannt werden. Die Kirchenwelt ist eine besondere Welt. Hier ist niemand in Eile. Und Verletzungen der alten kanonischen Prozeduren, auch wenn es sich heute mit ihnen immer schwerer leben lässt, werden mit großem Vorurteil behandelt.
„Wann wird denn endlich die ukrainische Autokephalie anerkannt?“, beschloss ein ukrainischer Politiker die griechischen Hierarchen in Konstantinopel zu bedrängen. Und er erhielt eine erschöpfende, biblische Antwort: „Vor dem HERRN ist ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag.“ [Psalm 90, Anm. d. Ü.]
Und die Ukrainische Orthodoxe Kirche?, fragt uns der Leser, der schon gehört hat, dass eine der drei orthodoxen Jurisdiktionen in der Ukraine von den orthodoxen Ortskirchen anerkannt wird (Der Autor gehört der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats an, die sich selbst als einzige Ukrainische Orthodoxe Kirche ansieht. Daher ist nachfolgend unter der Ukrainischen Orthodoxen Kirche die des Moskauer Patriarchats zu verstehen, A.d.R.). Und folglich – hier trifft unser Leser eine gewisse logische Annahme – hat sie in der Welt der Orthodoxie einen gewissen „Status“. Die Annahme ist nicht ohne Bedeutung. Wenn Sie auf dem Platz des Golfclubs kostenlos spielen, sind Sie wahrscheinlich ein Mitglied des Golfclubs. So ist es also. Aber nicht vollständig. Schließlich hat der Golfclub auch unterschiedliche Arten von Mitgliedschaft: eine Individual-, Familien-, Unternehmensmitgliedschaft, ein Golfabonnement und so weiter.
Die Ukrainische Orthodoxe Kirche steht tatsächlich in Gemeinschaft mit den allgemein anerkannten (kanonischen) orthodoxen Kirchen der Welt. Aber unsere Mitgliedschaft im „Orthodoxen Club“ ist keine Individual-, sondern eine Familien- oder, wenn Sie so wollen, eine korporative Mitgliedschaft. Ob es uns gefällt oder nicht, die moderne ukrainische orthodoxe Kirche hat in der Struktur der Weltorthodoxie keinen besonderen Status. Man erkennt unser Wirken an, aber nicht als separate autonome oder autokephale Kirche, sondern als integralen Bestandteil der Russischen Orthodoxen Kirche. Mit anderen Worten, als die Gesamtheit der Diözesen des Moskauer Patriarchats in der Ukraine. (Seinerzeit schrieb der jetzige Patriarch von Konstantinopel dem Metropoliten Wladimir: Ihre Kirche ist die Gesamtheit der Diözesen der Russischen Orthodoxen Kirche auf dem Territorium der Ukraine).
Von der Ewigkeit bis gestern. Der letzte Novembertag war reich an Nachrichten, die sich auf die ukrainische Orthodoxie bezogen. Zuerst füllten die Nachrichtenzeilen Schlagzeilen wie: „Die Russische Orthodoxe Kirche hat die Ukrainische Orthodoxe Kirche offiziell als unabhängige Kirche anerkannt.“ Anschließend verlautbarten die russischen Medien – einstimmig und mit sichtlichem Vergnügen -, dass „Filaret die Russische Orthodoxe Kirche um Verzeihung bittet“. Schließlich wurde am Abend klar, dass der Brief des Oberhauptes der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats keine Bitte um Verzeihung enthielt, sondern dass es um Aufhebung „aller Entscheidungen, einschließlich der Abmahnungen und Exkommunikation … zum Wohle des gottbefohlenen Friedens zwischen den orthodoxen Christen von gleichem Glauben und zur Versöhnung zwischen den Völkern“ ging. Und ziemlich spät wurde aus den Aussagen des Pressezentrums des Kiewer Patriarchat klar, dass aus der Sicht dieser Kirche Grundlage für eine mögliche künftige Fusion nur die Autokephalie sein kann. Nicht Autonomie, nicht „Unabhängigkeit in der Verwaltung mit den Rechten einer breiten Autonomie“, sondern eine wirkliche Autokephalie.
Google ist eine schreckliche Sache. Und es wäre Google eine Person, so wäre es fast unmöglich, mit solch einem neugierigen und erinnernden Wesen befreundet zu sein. Wer braucht einen Freund mit einer solchen Erinnerung? Warum erwähne ich das? Es geht darum, dass der Streit darüber, was der kanonische Status der ukrainischen Kirche sein sollte, nicht weniger als hundert Jahre beträgt. Die Frage sollte ihre Entscheidung im Jahr 1918 auf dem Allukrainischen Orthodoxen Kirchen-Sobor erhalten, den es aufgrund der großen Nachfrage „ukrainophiler“ Kirchenkreise und der weisen pastoralen Position des Allrussischen Patriarchs Tichon zu versammeln gelang . Auf dem Sobor [Sobor meint eine Kirchenversammlung mit kirchenrechtlich verbindlicher Entscheidungsbefugnis; der hierfür auch mögliche Begriff „Konzil“ bleibt den ökumenischen Konzilen vorbehalten, Anm. d. Ü.] war es leider (dies letzte Wort, so scheint es, wird uns im Verlauf des gesamten Textes verfolgen!) nicht möglich, einen Kompromiss zu erreichen. Die Delegierten des Sobors waren anfangs geneigt, die Autokephalie zu verkünden. Aber später, als zum Metropoliten von Kiew und Galizien der überzeugte Chauvinist Antonij (Chrapowizkij) gewählt wurde, wurden die autokephal gesinnten Delegierten unter dem Vorwand von „Nachwahlen“ einfach von der Arbeit dem Sobor ausgeschlossen. Mit anderen Worten, man „drängte“ sie einfach in die Spaltung (Raskol). [Die Bezeichnung der Ukrainer in kirchlicher und später auch politischer Hinsicht als „Abspalter“ seitens Russlands ist damit gut 100 Jahre alt und wird seither hauptsächlich auf sie angewendet, Anm. d. Ü.]
Die neue pro-russische Sobor-Mehrheit entschied, dass die ukrainische Kirche weiterhin in der Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats bleiben sollte, aber ihr Leben „auf den Grundlagen der Autonomie“ gestalten sollte. Die Entscheidung wurde ordnungsgemäß formuliert (vgl. „Bestimmung über die höchste provisorische Verwaltung der orthodoxen Kirche in der Ukraine“ vom 26. Juni (7. August) 1918). Patriarch Tichon erkannte diese Entscheidung an, aber nach einiger Zeit kehrte alles zurück an seinen Ort: Die Tendenz zur Zentralisierung des kirchlichen Lebens war siegreich, und niemand erinnerte sich mehr an die vom Rat angenommenen „Autonomieprinzipien“ …
Warum schreibe ich darüber? Es geht darum, dass diese Geschichte zeigt, dass die „neuen Status“, die Moskau der ukrainischen Kirche bietet, von ihm beim ersten geeigneten historischen Ereignis vergessen werden … Wo ist heute die von Patriarch Tichon abgesegnete Autonomie der ukrainischen Kirche? „Moskau gab sie, Moskau nahm sie!“ Und nun erinnern wir uns an die Nachrichten, die gestern in den ukrainischen elektronischen Publikationen kreisten: „Die Russische Orthodoxe Kirche hat die Unabhängigkeit der Ukrainischen orthodoxen Kirche anerkannt.“ „Wie? Wirklich?“ – schickten mir gestern Journalisten, die die kanonischen Feinheiten nicht verstehen, Kurzmitteilungen. Es ist witzig, aber gerade Schöpfer der Medienmythen beginnen sofort im Wesentlichen zu irren, sobald es um die Kirche geht. Hier muss man denken, dass der Instinkt des Glaubens an die Kirche funktioniert. Und es ist wahr: zu denken, dass Kirchenleute Kircheninteressen schützen und fördern können, echte Nachrichten durch ein Set falscher ersetzen, irgendwie mag man das nicht… Leider Gottes, Freunde, ist dies in der gegenwärtigen Welt möglich.
Versuchen Sie deshalb immer zu unterscheiden, zwischen der Kirche (als dem mystischen Leib Christi, für den wir Großbuchstaben verwenden) und der Kirche (kleingeschrieben, die eine spezifische soziale Gruppe beschreibt, die aus schwachen sündigen Menschen wie wir selber besteht).
Was hat sich am 30. November am Status der Ukrainischen Orthodoxen Kirche geändert, als in Moskau die Zusammenkunft des Erzbischofssobors der Russischen Orthodoxen Kirche stattfand? Wenn wir uns den Dokumenten des Sobors zuwenden, werden wir sehen, dass es darum geht, die Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche zu ändern. Wenn früher die Ukrainische Orthodoxe Kirche im Kapitel „Selbstverwaltende Kirchen“ abgehandelt wurde, so wird nun, um „den besonderen Status der Ukrainischen Orthodoxen Kirche zu betonen“, in der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche ein eigenes Kapitel hervorgehoben.
Wie man weiß, gibt es in Romanen Hauptfiguren und Nebenfiguren, die kurz, oft im Hintergrund im Text erwähnt werden. Was würde passieren, wenn Sie alle Informationen über eine solche „Nicht-Haupt“-Figur in einem separaten Kapitel versetzen? Wird so ein Charakter sozusagen wichtiger sein? Ich stimme zu, die Analogie ist nicht korrekt. Und die ganze Idee – die Rechte und Pflichten der Ukrainischen Orthodoxen Kirche in einem eigenen Kapitel zu umreißen – ist ganz logisch und kann keinen Zweifel verursachen. Zum einen ist die Ukrainische Orthodoxe Kirche nicht nur eine sich selbst verwaltende Kirche, sondern eine Kirche, die in ihrer Verwaltung mit breiten Autonomierechten unabhängig und autonom ist. Zweitens indem ihr Status in einem eigenen Kapitel – „Ukrainische Orthodoxe Kirche – der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche niedergeschrieben ist, kann man hieran ihren einzigartigen Status erkennen. Aber dieser Status hat nur eine rein interne Bedeutung. Schließlich ist er nicht in der Kirchenordnung der orthodoxen Ortskirchen der Welt beschrieben (übrigens gibt es eine solche Kirchenordnung nicht: alle Ortskirchen leben heute in ihren nationalen Wohnungs-Statuten), sondern in der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche. Aber wenn der Status der Kirche A in der Kirchenordnung der Kirche B reguliert wird, dann davon zu sagen, dass die Kirche A „unabhängig“ ist, ist das eine offensichtliche Übertreibung? Stimmt das nicht?
Und noch etwas: es stellt sich heraus, der in der spezifischen konziliaren Definition enthaltene Vorschlag von Metropolit Onufrij (den Status der Ukrainischen Orthodoxen Kirche in einem separaten Kapitel der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche durchzubuchstabieren) hat Ergänzungen erfahren, die nach Einschätzung von Experten „zum ersten Mal seit vielen Jahren deutlich die Eigenständigkeit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche im Rahmen der Russischen Orthodoxen Kirche / Moskauer Patriarchat deutlich verengt“.
Ich will den Leser nicht mit den technischen Details überlasten, die er auch ohne meine Hilfe im Expertenkommentar des Portals „Religion in der Ukraine“ finden kann. Ich werde nur auf einige Hauptpunkte eingehen, die nun in der Definition zu diesem Zweck formuliert worden sind, um nach Möglichkeit den kanonischen Einfluss der Russischen Kirche auf das ukrainische Kirchenleben auszudehnen.
Erster Punkt. Die Kirchenordnung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche wird heute von seinem Primas bekräftigt und genehmigt durch den Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus (Absatz 3 der konziliaren Definition). „Niemals zuvor“, schreibt in ihrem Kommentar „Religion in der Ukraine“, musste die Russische Orthodoxe Kirche die Kirchenordnung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche genehmigen, solch einen Punkt gab es nicht in der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche. Die Kirchenordnung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche lautet, dass sie von dem Sobor der Ukrainischen Orthodoxen Kirche bestätigt wird, das ist alles. Jetzt ist es zwingend nötig, die Genehmigung in Moskau zu erhalten. Die ruft die natürliche Frage hervor: Wenn das Zentrum der Kirchenleitung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche sich in Kiew befindet, worauf Metropolit Onufrij beharrte, was von dem Erzbischofs-Sobor der Russischen Orthodoxen Kirche befürwortet wird, warum muss die Kirchenordnung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche die Prozedur der Genehmigung in Moskau durchlaufen?“ Ich verstehe die mögliche Reaktion des Lesers: Das Statut der Ukrainischen Orthodoxen Kirche wird bekräftigt und bestätigt … Ok, was hat das mit echtem christlichen Leben zu tun? Es hat! Wie anständige Juristen ihren Klienten empfehlen – „Meine Herren, lesen Sie die Statute!“ Es ist offensichtlich, dass das, was heute Formalität zu sein scheint, morgen Anlass zu Missverständnis sein kann und sogar zu Konflikten. Die Schlussfolgerung ist einfach: Der einfachste Weg, um Konflikte morgen zu vermeiden, ist, sich mit Dokumenten wie der Kirchenordnung heute aufmerksam vertraut zu machen.
Zweiter Punkt. Gemäß dem Dekret erfordern ab jetzt alle Beschlüsse der Ukrainischen Orthodoxen Kirche eine weitere Genehmigung durch den Erzbischofs-Sobor der Russischen Orthodoxen Kirche betreffend der Bildung oder Aufhebung von Eparchien sowie die Bestimmung ihrer territorialer Grenzen. Ist diese Bestimmung für das ukrainische Kirchenleben von entscheidender Bedeutung? Nein. Hier geht es um eine Formalisierung der Tradition in der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche, die bereits in der Vergangenheit stattgefunden hat. Kann man aber annehmen, dass eine solche Bestimmung die Unabhängigkeit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche erweitert? Das ist zweifelhaft. Eher wird im Gegenteil das kanonische Recht der Ukrainischen Orthodoxen Kirche hier eingeengt.
Dritter Punkt. Artikel 10. der Definition lautet: „Die Entscheidungen der lokalen und Erzbischofs-Sobore sind für die Ukrainische Orthodoxe Kirche erforderlich.“ Hier ist alles logisch. Auf einmal ist die Ukrainische Orthodoxe Kirche ein integraler Bestandteil der Russischen Orthodoxen Kirche, und dann müssen die Entscheidungen des Sobors der letzteren für die Ukrainische Orthodoxe Kirche verbindlich sein. Aber an diesem Punkt hat es seine historischen Nuancen. „Früher“, so lesen wir in den Kommentaren des Portals „Religion in der Ukraine“, „wurden viele der Entscheidungen der Moskauer Sobore, die auf der lokalen Situation basierten, systematisch ignoriert und nicht in der Ukrainischen Orthodoxen Kirche umgesetzt. Nun öffnet sich eine neue Intrige in den Beziehungen zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche und der Ukrainischen Orthodoxen Kirche.“ Hier ist die Logik des Moskauer Patriarchats völlig verständlich, die die Rechte und Pflichten ihrer „untrennbaren Bestandteile“ klar regeln möchte. Aber das andere ist nicht klar: Wo liegt hier eine Erweiterung der Rechte der Ukrainischen Orthodoxen Kirche?
In meinem Leben habe ich nur ein paar Leute getroffen, die Kirchenordnungen lesen mögen und sie gut kennen. Und dieser Text ist eindeutig nicht für sie … So werde ich nicht weiter konkrete Beispiele aufzählen, wo die konziliare Definition die kanonischen Vorrechte des Primas und des Episkopats eher verengt anstatt erweitert… Wem es notwendig erscheint, der mag sein Wissen in diesem spezifischen Bereich vertiefen durch das Lesen des Kommentars, den wir oben mehrfach zitiert haben.
Und jetzt ein paar hundert Worte an diejenigen, die glauben, dass alle diese „konstitutionellen“ Probleme nur „kirchliche Funktionäre höheren Ranges“ interessieren sollten: Metropoliten, Erzbischöfe und Bischöfe, in einem Wort, nur vereinzelte „Wladykos“ [Wörtlich „Gebieter“, Anrede für höhergestellte Geistliche, Anm. d. Ü.]. Ich muss Sie warnen, meine Freunde: es gibt in der neuen, geänderten Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche auch den Absatz über die „einfachen Laien“, die nicht verstehen und nicht die Feinheiten der Bischofs-Subordination verstehen wollen: wer ist für wen „Wladyko“ und in welchem Umfang …
Ich beziehe mich auf die neue Norm, die jetzt in der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirche verankert ist: „Der Name des Primas wird in allen Kirchen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche nach dem Namen des Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus erwähnt.“ Hier ist „alles ehrlich“. Wenn der Patriarch von Moskau Ihr Patriarch ist, so erheben Sie bitte seinen Namen während des Gottesdienstes. Aber, wie wir wissen, gibt es heute in der Ukraine Kirchen, deren Klerus im Gottesdienst den Namen ihres unmittelbaren regierenden Erzbischofs und des Primas der Ukrainischen Orthodoxen Kirche in der Liturgie erinnert. (Und wenn wir über die Kiewer Gemeinden sprechen, dann nur Seine Seligkeit Metropolit Onufrij, der auch das Oberhaupt unserer Kirche ist, und den regierenden Erzbischof der Stadt Kiew). Dies geschieht um des „kirchlichen Friedens“ willen. Es ist für niemanden ein Geheimnis, dass mit dem Ausbruch des Krieges im Osten unseres Landes in einigen Gemeinden der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, die Gläubigen begannen, den Klerus aufzufordern, nicht den Namen des Patriarchen von Moskau zu erwähnen.
„Erwähnen Sie Metropolit Onufrij, aber den Patriarchen augenblicklich nicht“, bat mich einmal ein Gemeindeglied. Und ich fragte ihn auch nicht „warum?“. Die Antwort war mir auch so gut bekannt: weil ich gesehen habe, wie nach dem Ausbruch des Krieges im Donbass in Kiewer Kirchen Gemeindeglieder die Kirche verließen, sobald sie die Worte „Patriarch von Moskau“ hörten. Ich fragte nicht „warum?“, aber ich erlaubte mir, meinem Gesprächspartner zu sagen, dass wir alle – er, ich und der Patriarch von Moskau zusammen mit allen anderen orthodoxen Menschen – eine einzige orthodoxe Kirche sind. „Ich verstehe dich vollkommen“, antwortete mein Gesprächspartner, „aber du verstehst auch: Um nicht solche wie mich zu verlieren, sollte Eure Kirche, zumindest in einigen Kirchen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, nur unseren Kiewer Metropoliten erwähnen.“
Wenn nun also um des Friedens in der Gemeinde willen ein Priester der Ukrainischen Orthodoxen Kirche nur den Namen des Primas der Ukrainischen Orthodoxen Kirche im Gottesdienst erwähnt, dann wird er automatisch ein Übertreter der Kirchenordnung der Russischen Orthodoxen Kirchen. Aber in anderen Ortskirchen wird der Name des Primas der Kirche nur in Erzbischofs-Gottesdiensten erwähnt, in den Gemeinden aber wird nur der Name ihres Bischofs erwähnt …
Wie wir also sehen konnten, klingt die Nachricht, dass „die Russische Orthodoxe Kirche die Unabhängigkeit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche anerkannt hat“, noch stärker fantastisch. So bleibt darum zu beten, dass uns in Zukunft solche Nachrichten noch auffallen mögen. Aber nicht als Medieninterpretationen, sondern als Nachrichten über ein wirkliches, ein reales Ereignis.
2. Dezember 2017 // Alexander Drabinko, Metropolit von Perejaslaw-Chmelnizkij und Winschnjowoje (ukr. Oleksandr Drabynko, Metropolit von Perejaslaw-Chmelnyzkyj und Wischnewe)
Quelle: Lewyj Bereg
Anmerkungen des Übersetzers
Metropolit Oleksandr Drabynko von Perejaslaw-Chmelnyzkyj und Wyschnewe (*1977) gehört zu dem engen Kreis der Schüler des vorherigen und immer noch verehrten Oberhauptes der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, Wolodymyr (Sabodan). 2002 hat er eine Darstellung der Orthodoxie in der posttotalitären Ukraine publiziert, später 2005 eine Art Festschrift für Metropolit Wolodymyr herausgegeben. Unter der Regierung Janukowytschs wurde zusammen mit Einladungen Patriarch Kyrills nach Kiew versucht, durch Provokationen die bisherige Kirchenleitung zu ersetzen und dafür auch den Einfluss Metropolit Oleksandrs zu brechen, der 2011-12 für die Beziehungen zum Moskauer Patriarchat und für den Webauftritt der Kirche verantwortlich war, vgl. den früheren Beitrag von Sonja Koschkina, Kirchen-Revolution.
Zum Thema der ukrainischen orthodoxen Kirchengeschichte vgl. einführend- Friedrich Heyer, Kirchengeschichte der Ukraine im 20. Jahrhundert. Göttingen 2003 mitsamt unseren Ergänzungen, Chr. Weise, Ukrainische Kirchengeschichte im 20. Jahrhundert, addenda et corrigenda I.
- Ricarda Vulpius, Nationalisierung der Religion: Russifizierungspolitik und ukrainische Nationsbildung 1860-1920. Wiesbaden 2005 (FOEG; 64).
Erwähnt sei, dass die Ukrainische Orthodoxe Kirche Kiewer Patriarchat das zweibändige Standardwerk zum Kirchenrecht von Nikodim Milaš auf Ukrainisch publiziert hat.
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