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Ein Chodorkowski werden

In der Spieltheorie wird eine Verhaltensweise dann als strategisch bezeichnet, wenn der Spieler Entscheidungen auf der Grundlage dessen fällt, wie sich seine Mitspieler vermutlich verhalten werden.

Dies beinhaltet auch, dass er auf seine eigenen Spielzüge reagiert. In gewisser Weise ähnelt das dem Aikido-Prinzip, da einem schwächeren Spieler erlaubt wird, auch von einem stärkeren Spieler zu profitieren, indem er dessen eigene Kraft und Energie nutzt.

Wahrscheinlich ist die Konfrontation des früheren Oligarchen und heutigen Häftlings Michail Chodorkowski mit dem “allmächtigen” Kremlregime, in der Person Wladimir Putins, das eindruckvollste Beispiel für strategisches Verhalten in der gesamten postsowjetischen Zeit.

Bereits im Gefängnis, als wegen Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen Verurteilter, vermochte er es, zum geistigen Führer der russischen Opposition zu werden. Das Erstaunlichste dabei ist, dass es sich dabei nicht nur um einen kleinen Kreis liberal eingestellter Intellektueller handelt, sondern um weite Kreise der russischen Wählerschaft. So gehen lediglich 16% der Russen nicht mit der Behauptung konform, dass “Chodorkowski nicht deshalb ins Gefängnis gesteckt wurde, weil er das Gesetz verletzt hatte, sondern weil er denen da oben in die Quere gekommen war” und an seine Schuld bezüglich der zweiten Anklage glauben lediglich 13% der Russen.

Was hat dies alles mit der Ukraine zu tun? Das Unmittelbarste. Sollte Chodorkowski tatsächlich meisterhaft eine Strategie für den Kampf gegen den Kreml ausgearbeitet haben, dann würden umgekehrt sowohl unsere Opposition als auch Regierung ständig gröbste strategische Fehler zulassen. Manchmal bekommt man gar den Eindruck, dass beide unbeabsichtigt strategisches Räubersschach spielen würden, was jedoch von beiden Seiten nicht wahrgenommen wird, da sie die vom Gegner zugelassenen Misserfolge und sich dadurch eröffnenden Möglichkeiten für einen Gegenschlag nicht erkennen.

Bedauerlicherweise bleibt nur der Erklärung Sergej Sobolews “Timoschenko sei kein ukrainischer Chodorkowski” zuzustimmen, was zu beklagen ist, da es der ukrainischen Gesellschaft sehr gut täte, wenn ein einheimischer Politiker eben solcher werden könnte.

Fremde Fehler

Am paradoxesten wirkt das Verhalten der jetzigen ukrainischen Autoritäten. Diese versuchen, die Handlungsweise Moskaus zu kopieren, wobei sie nicht nur nicht über die entsprechenden Ressourcen in Form von Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügen, sondern darüber hinaus auch nicht vor Augen haben, zu welchen Problemen dieses führt. Während Wladimir Putin erst nach zehn Jahren erfolgreicher Existenz und Volksliebe mit den ersten negativen Konsequenzen des von ihm geschaffenen Machtsystems kollidiert ist, so beginnt im Endeffekt Wiktor Janukowitsch, der eine viel weniger beeindruckende Unterstützung erfährt, seine Regentschaft mit Massenprotesten der Bürger.

Sämtliche einheimischen und westlichen Wirtschaftsexperten betonen einmündig, dass das Kernproblem der Ukraine, das die weltweite Wettbewerbsfähigkeit mindert und die Wirtschaft erodiert, in der Ohnmacht der öffentlichen Institutionen liegt, und zwar: in der unvernünftigen und ausufernden Machtzentralisierung, der Ohnmacht und Abhängigkeit des Gerichtssystems, im Monopolismus, in der Bürokratie, der behördlichen Kontrolle der Ökonomie u.ä. Nichtsdestotrotz tut der “Expertenstab” alles, um diese Negativtendenzen zu verstärken.

Gerade dank der Bemühungen der PR (Partei der Regionen) in der Ukraine ist eine solch elementare Institution einer demokratischen und sogar rechtsstaatlichen Gesellschaft wie das Parlament dem Untergang geweiht. Wie auch die Staatsduma der RF hat das Kuppelgebäude aufgehört, ein Ort der Diskussionen, der kritischen Auseinandersetzung mit Gesetzentwürfen und deren Verbesserung zu sein, und hat sich nun in ein Amtszimmer zum Abstempeln von Gesetzesvorlagen und in einen Zirkus voller skurriler Kämpfen verwandelt.

Für all diejenigen, die mit den momentanen Realia des parlamentarischen Lebens vertraut sind, ist offensichtlich, dass es faktisch sinnlos ist, die Abgeordneten von der Richtigkeit und Nützlichkeit eines Gesetzes für das Land zu überzeugen, damit es verabschiedet wird. Stattdessen bedarf es der Unterstützung eines der einflussreichen Regierungsmitglieder des Präsidentschaftsapparates oder, was noch besser ist, der Unterstützung Wiktor Janukowitschs selbst. Die Verabschiedung des Staatshaushaltes für das Jahr 2011 und die Epopöe mit dem Steuergesetzbuch verdeutlichen, dass der tatsächliche Gesetzgeber in der Ukraine nicht in der Regierung insgesamt zu suchen ist, sondern bei einzelnen Mitgliedern derselben, so dass im Endeffekt die Verabschiedung eines Gesetzes nicht mit öffentlichen, sondern persönlichen Interessen korreliert.

Ein weiterer Schritt Richtung Abgrund ist die endgültige Aufhebung der Unabhängigkeit der Gerichte durch die Ausweitung der Machtbefugnisse des Obersten Rates der Justiz, dessen Mehrheit a priori Regierungsvertretern gehört. Von 20 Mitgliedern dieses Organs werden zehn von der Regierung ernannt: drei durch den Präsidenten, drei durch die Werchowna Rada (d.h. der parlamentarischen Mehrheit), zwei durch die Konferenz der Mitglieder der Staatsanwaltschaft (dem Präsidenten untergeordnet). Darüber hinaus sind der Justizminister und der Generalstaatsanwalt Mitglieder des Obersten Rates der Justiz.

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Berücksichtigt man zusätzlich, dass der Vertreterkongress der Juristischen Fakultäten, der weitere drei Mitglieder ernennt, ebenfalls in seiner Wahl nicht ganz unabhängig von der Meinung der Staatsmacht sein kann, dann verbirgt sich heutzutage hinter der wohlklingenden Bezeichnung des Obersten Rates der Justiz ein autoritäres Instrument zur Kontrolle der Gerichtstätigkeit, das die Rechtssprechung in bürokratische Willkür verwandelt.

Entgegen offiziellen Verlautbarungen zur Deregulierung laufen faktisch alle konkreten Handlungen der Staatsmacht auf die administrative Kontrolle sämtlicher Funktionsbereiche des Landes hinaus, was bei der Monopolisierung des Registrationsrechtes für Exportverträge (Restringierung des Exports), der Kontrolle der Preisbildung beginnt und mit den Versuchen, die Meinungsfreiheit zu restringieren, aufhört. Was kosten die Schaffung eines staatlichen Glücksspielmonopols, die wahnwitzigen Versuche, den Preisanstieg für Buchweizen zu regulieren, die anschaulich demonstrieren, wie wenig Asarow die ökonomische Wirklichkeit versteht, und schließlich die Versuche, die ukrainischen Bauern zentral mit amerikanischen Traktoren zu beglücken, die kilometerweit nach Korruption und Diebstahl öffentlicher Mittel zum Wohle “armer” ukrainischer Oligarchen riechen.

Sogar die von der Regierung breit angekündigten liberalen Reformen sind nicht dergestalt. Das neue Steuergesetzbuch hat weder die milliardenteuren Gesetzeslücken für Steuerhinterziehung mit Hilfe von Onshore- und Offshore-Jurisdiktionen geschlossen, noch die Normen der buchhalterischen und steuerlichen Erfassung an die IFRS (International Financial Reporting Standards) angepasst, noch einen derartig blödsinnigen Anachronismus, wie die Einzahlung von Sozialsteuern (irrtümlicherweise Abgaben genannt) in vier verschiedene Fonds statt in einen fiskalischen Topf, abgeändert. Damit haben unsere repräsentativen Ökonomen Sergej Tigipko und Boris Kolesnikow die Mehrheit der kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs) schier in den Schatten gedrängt.

Man muss kein Absolvent der Ökonomie oder Politologie oder ein Verehrer Hernando de Sotos zu sein, um zu verstehen, dass all diese Schritte die Beamten stärker der Kontrolle entziehen, die Ausweitung der Korruption stützen, die Schattenwirtschaft vergrößern und folglich zur weiteren ökonomischen und sozialen Degradation des Landes führen. Unter solchen Bedingungen, unter denen gemäß der “neuen alten” Verfassung alles der Präsident verantwortet, werden ihm bei Fortführung einer solchen Politik große Probleme drohen. Man wird es als Erfolg sehen können, wenn Janukowitsch die nächsten Wahlen einfach verlieren würde, andernfalls wird man ihn vom Thron stoßen und der Scherz über Heugabeln als populärstes Instrument des politischen Protests dürfte sich in eine traurige Realität verwandeln.

Ein Mensch der Idee

Während die Partei der Regionen damit beschäftigt ist, fremde Strategiefehler zu kopieren, hat sich BJuT als unfähig erwiesen, eigene fehlerhafte Überzeugungen zu überwinden und fremde politische Erfolgsstrategien zu reproduzieren.

Warum lernt unsere Opposition beispielsweise nicht von den Erfahrungen Michail Chodorkowskis, der sich innerhalb von sieben Haftjahren für breite Schichten der russischen Gesellschaft von einem einfachen Dieb und Profiteur einer ungerechten Privatisierung in einen politischen Häftling und moralischen Führer der Oppositionsbewegung verwandelt hat. Notabene trotz der Ungleichmäßigkeit seiner informellen Mittel und der Möglichkeiten des Kremls.

Was unterscheidet ihn von unseren oppositionellen Führern, die schmachvoll vor der Partei der Regionen klein beigeben. Vor allem spricht Chodorkowski nicht so sehr von seinen eigenen Problemen, als vielmehr über die Probleme der Gesamtgesellschaft und des Landes. Seine gesamte gesellschaftliche Tätigkeit, sowohl vor, als auch nach seiner Verhaftung, verfolgte gesellschaftliche Belange. Niemals hatte er einfache Lösungen im Sinne von Enteignung und Verteilung vorgeschlagen, sondern suchte nach Möglichkeiten, die das Land tatsächlich zu ändern vermochten.

Darüber hinaus wird er nicht persönlich, obwohl er viel mehr Gründe hat, Putin zu hassen, als Timoschenko Janukowitsch. So hat Chodorkowski seinen ersten und mittlerweile berühmt gewordenen Aufsatz Die Wende nach links mit den Worten “… die vielen Analytiker und Beobachter, russische wie ausländische, irren sich, wenn sie die Renaissance der autoritären Stagnation in Russland mit Wladimir Putin und seiner “Leningrader Truppe” verbinden“, begonnen.

Man kann auch sagen, dass Chodorkowski auf seine Art ein Antipopulist ist, der beweist, für seine Überzeugungen bis zum Letzten zu gehen. “Ich bin überhaupt kein ideeller Mensch, aber ich bin ein Mensch der Idee. Mir fällt es, wie jedem anderen auch, schwer, im Gefängnis zu leben und ich möchte hier nicht sterben. Aber nötigenfalls werde ich nicht schwanken. Mein Glaube steht über meinem Leben. Ich denke, dass ich dies bewiesen habe”, sagte er in seinem Schlussplädoyer, nach welchem ihm weitere 14 Jahre gegeben wurden.

Selbstverständlich konnte ihn eine derartige Einstellung nicht zu der geliebten Führungsgestalt der Volksmassen machen. Aber sie macht Chodorkowski zur moralischen Autorität jener, die glauben, dass derjenige, der Überzeugungen besitzt, auch bereit ist, diese zu verfechten. Eben diese Menschen kommen zu den Gerichtsverhandlungen, stellen Putin unangenehme Fragen, schreiben über Michail Borissowitsch Chodorkowski und bringen dadurch den Kreml dazu, Chodorkowski als wichtigsten Gegenspieler anzuerkennen, wodurch er gleichzeitig zum russischen Nelson Mandela wird.

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Vieles von dem, was Chodorkowski getan und gesagt hat, hat sich in der Zukunft als nützlich entpuppt. In dem Maße, wie die Probleme in Russland anwachsen, die durch das von Chodorkowski kritisierte Machtsystem bedingt werden, desto größer ist das Vertrauen und die Aufmerksamkeit der Gesellschaft hinsichtlich dessen, was der wichtigste Kreml-Oppositionelle gesagt hat und auch weiterhin sagen wird. Es ist offensichtlich, dass Putin ein solche Ereignisentwicklung nicht wollte und auch immer noch nicht will, aber er ist machtlos gegenüber den objektiven Gesetzen des gesellschaftlichen Lebens.

Gerade diese Faktoren und nicht die Selektivität der Anschuldigungen gegen JUKOS wegen Steuerhinterziehung, die gegenüber anderen russischen Oligarchen nicht getätigt worden waren, oder die Unterstützung der oppositionellen Parteien “Jabloko” und der KPRF (Kommunistische Partei der Russischen Föderation) haben dazu geführt, dass sich langsam, aber sicher die Haltung der russischen Gesellschaft zu Chodorkowski geändert hat.

Ein strategischer Fehler im Kampf von BJuT und Timoschenko gegen die jetzigen Machtinhaber liegt teilweise darin, dass sie, im Unterschied zu Chodorkowski, eigene Interessen und nicht gesellschaftliche Belange verfolgen und verteidigen, Personalia kritisieren und nicht das von ihnen geschaffene System.

Aus den Aussagen der BJuT-Spitze lässt sich schlussfolgern, dass es für den allgemeinen Wohlstand genüge, Janukowitsch durch Timoschenko zu ersetzen. Sie würde “Ordnung” im Land schaffen, indem sie das durch die “neuen-alten” Machtbefugnisse des Präsidenten gestärkte Kontrollsystem, sprich behördliche Willkür, im vollen Umfang nutzen würde.

Es ist offensichtlich, dass eine solche Position keiner Kritik standhält und nicht vom denkenden Teil der Gesellschaft unterstützt werden kann. In gewisser Weise werden für die Unterstützung der dem Populismus anheim gefallenen Wähler Brot und Spiele benötigt, nur, dass die jetzige Opposition genau dadurch hier und jetzt mit ihren begrenzten finanziellen und medialen Ressourcen dramatisch an Einfluss und Macht verspielt.

Wenn Timoschenko sich weiterhin so verhält, wie in den letzten Monaten, wird sie, wie auch ihre Kampfgenossen, den Ukrainern vollkommen gleichgültig werden. In allen Kulturen und allen Zeiten reagieren die Menschen besonders stark auf die sie selbst tangierenden Probleme, während sie fremden Problemen indifferent gegenüberstehen. Die einzige Chance Timoschenkos, diesen Kampf zu gewinnen, besteht darin, die Wertigkeiten und Werte zu überdenken, gegen das von ihr kultivierte System der administrativen Allmacht, welches die Partei der Regionen nun zu einem logischen Abschluss bringt, öffentlich anzutreten.

Lediglich der Kampf für eine Idee, für Prinzipien, für eine reale Verbesserung des Lebens im Land, verhilft BJuT, die eigenen Reihen mit ergebenen Anhängern zu füllen, statt mit “professionellen Ratten”, die ständig versuchen, auf der Seite der Macht zu stehen, was sie nicht gewährleisten könnte.

Anleitung für die Opposition

Allem Anschein nach beabsichtigt die Staatsmacht auch weiterhin, die rigiden administrativen und korrupten Machtvertikalen aus- und aufzubauen. Entsprechend werden auch die Widersprüche zwischen dem von der PR verlautbarten Kurs zur wirtschaftlichen Entwicklung und den sozialen Bereichen des Landes und den konkret unternommenen Schritten, die zum sozio-ökonomischen Zusammenbruch des Landes führen werden, wachsen.

Die Bereicherung der Oligarchen- und Beamtenklans wird von der Vernichtung des kleineren und mittleren Unternehmertums begleitet werden, das weder dem einen noch dem anderen Klan der PR angehört. Da jedoch in den Klans niemals genug Platz für die Mehrheit ist, wird die Unzufriedenheit wachsen.

Um diese Möglichkeit nutzen zu können, müssen unsere Oppositionellen unbedingt nicht nur ihre Werte ändern, sondern auch ihre Vorgehensweise. Sie sollten loslassen von einem passiven Abwarten besserer Zeiten oder von den wehmütigen Wiederholungen bereits zum Halse raushängender Politik-Mantren. Sie sollten anfangen, reale Fehler, Machtmissbräuche und -übertretungen ausfindig zu machen und interessierte Bevölkerungsgruppen über das, was geschieht, zu informieren, Proteste organisieren und die Staatsmacht nicht nur in der Ukraine, sondern auch im Ausland bekämpfen.

Was, außer die eigene Passivität, hat BJuT davon abgehalten, bereits im Sommer oder September die Steuerbibel Tigipos bis ins Kleinste zu demontieren, frühzeitig die Kleinunternehmer über die ihnen drohende Misere zu informieren, über sämtliche Dissensen zu informieren und Protestaktionen zu organisieren? Dafür existierten keine Mittel? Woher kommt dann das Geld für Fahnen und Banner, auf denen geschrieben steht, dass Batkiwschtschyna/Vaterland sich nicht unterkriegen lässt?

Rufen wir uns ins Gedächtnis, dass der Entwurf zum Steuergesetzbuch bereits im Mai 2010 zum ersten Mal bekannt gemacht wurde, jedoch wurde dieser lange Zeit keiner kritischen Analyse unterzogen, und wenn doch mal aussagekräftige Kritik ertönte, dann nicht von der Oppositionsspitze, sondern von unabhängigen Experten.

Statt entschlossener Tatkraft, konnte sich BJuT lediglich die schüchterne Erklärung abringen, dass der Oppositionsentwurf Katerintschuks besser sei, wobei die offensichtliche Frage, warum er von den “Orangenen” nicht verabschiedet wurde, als diese die Macht und Mehrheit im Parlament inne hatten, wenn er denn so gut sei, unbeantwortet blieb. Das Ergebnis einer derartig “impotenten” Politik ließ nicht lange auf sich warten: die vollständige Ablehnung von BJuT-Repräsentanten und anderen “Oppositionellen” seitens der Unternehmer.

Momentan steht der Ukraine die Verabschiedung einer ganzen Reihe von schicksalhaften Gesetzen, des Wohn-, Arbeits- und Rentengesetzbuches, bevor. Ein Teil der von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen ist in der Tat notwendig, aber ein anderer Teil zielt auf den Aufbau neuer Strukturen zur Schröpfung des einfachen Ukrainers. Nichtsdestotrotz hält sich BJuT nach wie vor mit kluger Kritik zurück.

So schweigt die Opposition darüber, dass das neue Wohngesetzbuch, den Beamten das Recht gibt, zu entscheiden, welche Dienstleister zu welchen Preisen gestattet wird, mit der OSBB (Vereinigung der Besitzer von Mehrwohnungshäusern) Verträge abzuschließen. Das bedeutet de facto die Schaffung eines neuen Korruptionsfuttertroges, zu welchem wir alle zwangsweise unser Geld tragen werden.

Stattdessen empört sich der prominente BJuTler Jurij Odartschenko über die Einführung einer Vertragsstrafe in Höhe von 0,1% für jeden Versäumnistag und des Rechtsanspruchs, die Wohnung böswilliger Schuldner zur Begleichung ihrer Schulden zu verkaufen. Interessant ist, warum er sich nicht dazu äußert, wie auf andere Weise vermieden werden kann, dass die übrigen Bewohner für die nachlässigen Nachbarn zahlen müssen, denn wenn die Dienstleister weiterhin Forderungen anhäufen, werden sie diese entweder über die Tarife an die Kunden weitergeben oder zahlungsunfähig werden, am Wahrscheinlichsten ist wohl sowohl das Eine als auch das Andere.

Irgendwie habe ich in einem persönlichen Gespräch mit einem der, meiner Meinung nach, klügsten und gescheitesten Abgeordneten des BJuTs die naive Frage gestellt: “Warum stehen sie nicht einer der Branchen zur Seite, deren Gelder die Beamten, angeführt von Jura Jenakijewski, beabsichtigen mit Hilfe der Neuerungen des Steuergesetzbuches zu stehlen?” Seine Antwort war einfach:“Das ist Lobbyismus spezifischer Brancheninteressen – das werden die Wähler nicht verstehen.”

Nun, den durchschnittlichen Wählern wäre tatsächlich schwer zu erklären, worum eigentlich gestritten wird, aber die Menschen, die in dieser Branche tätig sind, hätten mit Erstaunen feststellen können, dass Timoschenko etwas Nützliches vollbringen kann, statt sich mit Populismus zu beschäftigen. Könnten sie oder andere der Oppositionsspitze trotzdem den Versuch wagen und anfangen, etwas für das Land zu tun, um zugleich ein ukrainischer Chodorkowski zu werden? Im Gegensatz zu ihm befinden sich unsere Oppositionsführer noch nicht im Gefängnis und sie haben sehr viel mehr Ressourcen und Möglichkeiten, etwas zu ändern, sogar die Wahlen zu gewinnen.

31.01.2011 // Michail Sokolow

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:    — Wörter: 2627

Jahrgang 1978. Yvonne Ott hat Slavistik und Wirtschaftswissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg studiert. Seit 2010 arbeitet sie als freie .

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