Wie wird die ungarische Billigfluggesellschaft Wizz Air aus der Krise gehen, warum erhöht sie ihre Präsenz in der Ukraine und wann plant sie ihre Flüge von ukrainischen Flughäfen wieder aufzunehmen?
Vor kurzem kündigte die Fluggesellschaft Wizz Air die Eröffnung einer neuen Basis im internationalen Flughafen Lwiw zum 1. Juli an, in der ein Airbus A320 stationiert werden soll. Das wird bereits die zweite Basis des ungarischen Billigflieger in der Ukraine.
Das Unternehmen beschloss, hier nicht stehen zu bleiben, und trotz der Coronavirus-Pandemie kündigte Wizz Air seine Absicht an, das ukrainische Streckennetz um sieben weitere Strecken zu erweitern.
Über die Eröffnung der Basis in Lwiw, die zukünftigen Pläne zur Ukraine und mögliche Preiserhöhungen bei den Flugtickets nach dem Ende der Krise gab der Chief Commercial Officer George Michalopoulos Auskunft.
Sie haben die Eröffnung einer Basis im Flughafen Lwiw und den Start von sieben Flugstrecken aus der Ukraine angekündigt. Warum beschlossen Sie das gerade während der Krise zu machen?
Wir sind in der Ukraine über zehn Jahre tätig und jedes Jahr setzen wir damit fort die Investitionen zu erhöhen. Ja, wir sehen, dass diese Krise sich deutlich auf die Nachfrage ausgewirkt hat. Wie lange das währen wird, ist schwer zu sagen.
Möglich ist, dass sich die Situation in ein paar Monaten, in einem Jahr ändert, doch, um auf die Frage zu den Gründen für diesen Schritt zu antworten, kann ich sagen, dass das mit unserer Verbundenheit zur Ukraine und der Fortsetzung zur Ausweitung unserer Tätigkeit im Markt zu tun hat.
Die ersten Flüge in dieser Richtung sind für den Juli 2020 geplant. Wann können Sie die Flüge auf den alten Strecken wieder aufnehmen? Ebenfalls im Juli?
Die Einschränkungen in der Ukraine sind bis Mitte Mai verlängert worden [genauer, bis zum 22. Mai, A.d.Ü.]. Gerade fliegen wir innerhalb der Grenzen Europas und der einzige Grund, warum wir nicht in der Ukraine arbeiten, sind die geltenden Flugeinschränkungen. Sobald die Regierung diese Beschränkungen aufhebt, werden wir die Flüge wieder aufnehmen. Wir hoffen, dass dies noch vor dem Juli geschehen wird.
Aus welchen Städten werden die Flüge in erster Linie wieder aufgenommen?
Alles wird von den Vorgaben der Regierung abhängen. Verschiedene Länder gehen unterschiedlich vor: bei denen, die stärker unter dem Coronavirus litten, sehen wir härtere Einschränkungen, bei denen, die weniger litten, schwächere.
Wann können Sie zum Vorkrisenniveau Ihres Flugbetriebs zurückkehren?
Schwer zu sagen. Eine vollständige Wiederherstellung des Flugbetriebs wird davon abhängen, wann die Situation mit dem Coronavirus sich zu bessern beginnt, wann die Zahl der Kranken sinkt und welche Maßnahmen die Regierung der Länder ergreifen werden.
Wir arbeiten in den Grenzen Europas und machen alles, um die Passagiere unserer Flugzeuge vor einer Ansteckung mit Covid-19 zu schützen. Dabei geht es um Maßnahmen, die mit sozialer Distanz, ständiger Desinfektion der Flugzeuge verbunden sind. Wir sorgen für das Vorhandensein von Desinfektionsmitteln und dafür, dass jeder Kunde eine Maske hat.
In den Flugzeugen von Wizz Air wurde bisher kein Fall von Covid-19 festgestellt. Das spricht davon, dass wir in den nächsten Monaten die Flüge fortsetzen können.
Wie wirkt sich das Coronavirus auf die Arbeit Ihres Unternehmens aus?
Wenn man das mit anderen Fluggesellschaften vergleicht, dann haben wir eine sehr gute Liquidität. Im Unterschied zu der großen Zahl an Weltunternehmen, solchen wie Air France oder Lufthansa, die bereits bei ihren Regierungen um Hilfe ersucht haben, haben wir eine außerordentlich starke Bilanz im buchhalterischen Sinne.
Unser Billigfluggeschäftsmodell und den finanziellen Zustand berücksichtigend, sehen wir, dass für uns diese Periode eine Möglichkeit ist, das Wachstum fortzusetzen. Davon zeugt unserer heutige Ansage zur Eröffnung einer neuen Basis und neuer Flugstrecken. Wir arbeiten in der Ukraine über zehn Jahre und werden die Entwicklung fortsetzen.
Wir verstehen, dass die nächsten zwei bis drei Monaten etwas unsicher wegen der Notwendigkeit zur Anpassung sind. Dagegen ist unsere Zusammenarbeit mit der Ukraine keine Sache von zwei bis drei Monaten. Wir sprechen von jahrelanger Kooperation und wir setzen damit fort, die Tätigkeit in diesem Markt zu erweitern.
Haben Sie viel Geld wegen der Pandemie verloren?
Ich würde dabei einige Dinge hervorheben, die nicht mit Ziffern in Verbindung stehen. Natürlich, erleiden wir Verluste, doch weniger als die traditionellen Flugbeförderer.
Ende März hatten wir eine ausgezeichnete Liquidität auf einem Niveau von 1,5 Milliarden Euro, was einer der besten Werte unter den Fluggesellschaften ist. Außerdem erhielten wir einen Vorzugskredit von der Bank of England über 300 Millionen Pfund Sterling.
Um weiter zu funktionieren, brauchen wir, im Unterschied zu einer großen Zahl an Unternehmen, keine Unterstützung von Seiten der Regierung.
Werden die Flugtickets nach dem Ende der Krise teurer?
Wir studieren die Nachfrage im Markt und die Möglichkeiten der Transportgesellschaften diese Nachfrage zu befriedigen. Es ist sehr interessant zu beobachten, was in China passiert. Dort steigt die Nachfrage, da die Menschen im Verlaufe einer langen Zeit zu Hause blieben.
Das ist der Saisonbeginn (des Sommerflugplans – Ekonomitschna Prawda) und die Nachfrage steigt. Es ändert sich die Geografie der Reisen. Die Menschen werden häufiger in die Städte reisen, die weniger vom Coronavirus betroffen waren.
Der Chef der Ryanair Group, Michael O’Leary, drohte damit die Flüge nicht wieder aufzunehmen, wenn die Regierung die Anforderung einführt, die mittleren Sitze in den Flugzeugen im Rahmen der Politik der sozialen Distanz zu blockieren. Wie ist Ihre Position in dieser Frage?
Wir können die mittleren Sitze freilassen, doch sollte die Sicherheit der Passagiere nicht nur darauf konzentriert sein. Ein freier Mittelplatz ist wichtig, doch ist das nicht das Einzige, was für eine Verhinderung einer Ausbreitung des Coronavirus in den Flugzeugen getan werden kann.
Welche Sicherheitsmaßnahmen führen Sie ein?
Mit dem Ziel der Gewährleistung der physischen Distanz beim Boarding werden wir ab 1. Mai neue Regeln einführen, die bei der Einhaltung der verstärkten sanitären Normen helfen werden.
Ja, den Passagieren wird empfohlen sich online einzuchecken und Dienstleistungen online zu kaufen. Ebenso empfehlen wir die Automaten für die selbstständige Gepäckaufgabe und die Screening-Punkte beim Sicherheitscheck mit schnellem Zugang zu nutzen, um die physische Distanz während der Einstiegsvorbereitung weiter zu gewährleisten.
Außerdem sind in unseren Fliegern HEPA-Filter installiert, welche die Luft im Innenraum zu 99,97 Prozent von Viren und Bakterien reinigen, jedoch müssen die Besatzungsmitglieder und die Passagiere dennoch während des Fluges Masken tragen.
Unter anderem wird die Besatzung den Passagieren desinfizierende Servietten geben, keine Bordzeitschriften anbieten und empfehlen, kontaktlose Zahlungsmöglichkeiten für Käufe an Bord zu nutzen.
Auf den Flügen, wo dies die Auslastung erlaubt, wird die Besatzung die Einhaltung der Distanz zwischen den Sitzen überwachen. Ebenso werden wir den Zeitplan der täglichen Säuberung der Flugzeuge erfüllen: sie werden in der Nacht unter Einhaltung aller Empfehlungen desinfiziert.
Wie wird sich Ihrer Meinung nach der weltweite Flugmarkt nach dieser Krise entwickeln?
Es wird einige Fluggesellschaften geben, die vor dem Bankrott gerettet werden müssen. Jedoch werden sie große Verpflichtungen auf sich nehmen, und werden, meine Meinung nach, zu einem langsameren Wachstum gezwungen sein.
Dabei werden Billigfluggesellschaften, wie Wizz Air, weiter wachsen. Wir sehen eine Wirtschaftskrise, im Ergebnis derer, höchstwahrscheinlich die Einkommen sinken werden, wodurch die Menschen die Dienste von billigen Beförderern stärker nutzen werden.
Zumindest werden in kurzfristiger Perspektive junge Menschen häufiger reisen und ältere weniger, da sie gefährdet sind. Die Zukunft liegt in niedrigen Reisekosten, und die Billigfluglinien werden weiter expandieren.
4. Mai 2020 // Mykola Topalow
Quelle: Ekonomitschna Prawda
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