Die Ukraine hat Russland und der EU eine weitere Alternative zu South Stream vorgeschlagen – die Gründung eines Joint-Ventures für den Bau neuer Gaspipelines im Lande. Beim Energieministerium führte man aus, dass das Projekt mit Kosten von insgesamt 5 Mrd. Dollar eine Erhöhung der Kapazitäten um 60 Mrd. Kubikmeter Erdgas im Jahr vorsieht. Zum Vergleich: die von den Kapazitäten her gleichwertige South Stream kostet 28-30 Mrd. Euro. Doch Russland strebt danach unabhängig von den Transitstaaten zu werden und wird, ungeachtet der Vorteile des Vorschlags, dieses wahrscheinlich ablehnen, meinen Experten.
Die Ukraine hat Russland und der Europäischen Union ein Joint-Venture für die Errichtung neuer Gaspipelines in der Ukraine angeboten, teilte Präsident Wiktor Janukowitsch am Freitag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der US-Außenministerin Hillary Clinton mit. „Wir haben ein Konzept, welches wir den Partnern aus den EU-Staaten und Russland anbieten. Es sieht die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens für den Bau einer Gaspipeline über das Territorium der Ukraine vor, welche zusätzliche Gasdurchleitungsmengen nach Europa sicherstellen würde“, erklärte Janukowitsch.
Im Angebot an die EU und die Russische Föderation geht die Rede von der Gründung eines gemeinsamen Unternehmens auf paritätischer Grundlage für den Bau einer Gaspipeline von Nowopskow nach Ushgorod und eine Erweiterung der Pipeline Urengoj-Pomary-Ushgorod. Dies erlaubt es die Kapazitäten des gesamten Systems um 60 Mrd. Kubikmeter im Jahr zu erhöhen – jedes der Projekte mit jeweils 30 Mrd. Kubikmeter. „Dabei übersteigen die Kosten des Projekts Nowopskow-Ushgorod die 3 Mrd. Dollar nicht – dort wurden die notwendigen Erdarbeiten vorgenommen. Und Urengoj-Pomary-Ushgorod kostet um die 2 Mrd. Dollar“, bekräftigt ein hochgestellter Informant des “Kommersant-Ukraine“ beim Energieministerium. Wirtschaftlich ist dieser Vorschlag um einiges vorteilhafter als der Bau von South Stream, meint man beim Ministerium – bei einer Kapazität von 63 Mrd. Kubikmeter werden die Baukosten für South Stream auf 28-30 Mrd. Euro geschätzt.
Bei „Gasprom“ schätzte man, dass man den Vorschlag bereits in dieser Woche prüft. Und bei der Vertretung der EU in der Ukraine kommentierte man die Initiative Janukowitschs nicht. Derzeit prüft man bei der EU und der Russischen Föderation zwei Angebote der Ukraine – jenes, von dem Janukowitsch erzählte und die Gründung eines Konsortiums zur Verwaltung des existierenden Gastransportsystems (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 9. Februar), präzisierte am Freitag der Erste Vizepremier, Andrej Kljujew. „Bis zum Ende des Jahres werden wir uns auf das Format der Zusammenarbeit festgelegt haben“, versicherte er.
Nichtsdestotrotz meint Alexander Gudyma, Mitglied des Energieausschusses der Rada, dass das Angebot der Ukraine Russland nicht interessiert. „Beide Projekte – sowohl Nord Stream, als auch South Stream – sind ausschließlich aus politischen Gründen eingeleitet worden. Es ist der Versuch Russlands sich bei der Gaslieferung von Transitländern – der Ukraine und Belarus – zu entledigen“, meint der Leiter der Analyseabteilung des Investmentunternehmens „BrokerCreditService“, Maxim Schein. „Daher interessiert das um einiges vorteilhaftere ukrainische Angebot den Kreml wohl kaum – ‘Gasprom’ zahlt eher neunmal mehr, als einer zusätzlichen Abhängigkeit von irgendjemandem zuzustimmen“.
Gudyma richtet die Aufmerksamkeit darauf, dass gerade die Transitkapazitäten des ukrainischen Gastransportsystems nicht in vollständiger Höhe genutzt werden. Er erinnerte daran, dass die Plankapazität des Gastransportsystems in die EU-Staaten 130 Mrd. Kubikmeter übersteigt, vor der Krise betrug das Durchleitungsvolumen 100-110 Mrd. Kubikmeter und sank im letzten Jahr auf 75 Mrd. Kubikmeter. Maxim Schein ist ebenfalls überzeugt davon, dass die Europäische Union nicht an einer Realisierung des Projekts ohne Beteiligung Russlands interessiert ist, da für den Transport mittelasiatischen Gases die Zustimmung der Russischen Föderation notwendig ist.
Oleg Gawrisch
Quelle: Kommersant-Ukraine
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