Die Organisation Nash Mir aus Kiew hat ihren Jahresbericht zur Lage sexueller Minderheiten in der Ukraine vorgestellt. Der Europa-Kurs der Regierung, so die These, lasse auf mehr Rechte hoffen. Tatsächlich aber hat sich die Situation für lesbische, schwule, bi- und transsexuelle Menschen (LGBT) weiter verschlechtert.
Kiew/München, 2. März 2015 – Über 30 Seiten umfasst der Report, den die Menschenrechtsorganisation Nash Mir aus Kiew vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. In allen Details führt er auf, wie es um die Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender in der Ukraine steht – wie sich Justiz, Politik, Medien, Kirchen und Gesellschaft dazu stellen, wo es zu Diskriminierung und Gewalt gekommen ist und natürlich spielt auch das Leben der sexuellen Minderheiten in den besetzten Gebieten eine Rolle. Das Ergebnis ist schnell zusammengefasst: Es gibt Hoffnung, aber im Grunde ist die Lage desolat.
Die im Bericht dokumentierten 54 Diskriminierungs- und Gewaltfälle gegenüber Betroffenen, darunter im Herbst der Brand im Zhowten-Kino in Kiew, in dem einen queeres Filmfestival gastierte, wenig später der Überfall auf einen Club in Odessa, in dem ein Drag Queen Contest stattfand, die Untätigkeit der Polizei, dezidiert homofeindliche Aussagen von Politikern wie Vitali Klitschko, dem Bürgermeister von Kiew, sind dafür nur die augenfälligsten Belege. Homophobie ist in der ukrainischen Gesellschaft weit verbreitet und prägt den Alltag vieler Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender. Außer den LGBT-Aktivistinnen und -Aktivisten richten sich die meisten im Privaten ein und versuchen, nicht weiter aufzufallen.
Natürlich, so Nash Mir, berge der Europa-Kurs der Regierung auch Chancen. Sämtliche Gesetze gegen so genannte Gay Propaganda, wie es sie in Russland gibt, sind mit den jüngsten Parlamentswahlen in der Ukraine obsolet geworden. Diskutiert wird nun sogar ein Antidiskriminierungsgesetz, das sexuelle Minderheiten am Arbeitsplatz schützen soll. Die EU will es, bevor die Visumspflicht für die Ukraine fällt. Bislang ist es der Regierung aber stets gelungen, den Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Gender-Identität aus dem Gesetz herauszuhalten. 36,6 Prozent aller Ukrainerinnen und Ukrainer zwischen 15 und 59 Jahren lehnen einen Diskriminierungsschutz ab; das zeigt eine Umfrage der GfK Ukraine vom Dezember 2014. 34,4 Prozent waren dafür und 29 Prozent unentschlossen.
Ohne Schutz herrscht Willkür. Nicht selten werden geoutete Mitarbeiter am Arbeitsplatz und in der Schule Opfer von Mobbing, haben offen lebende Schwule und Lesben Schwierigkeiten, eine gemeinsame Wohnung zu finden, in Ladengeschäften bedient sie das Personal nicht. Noch mehr Probleme haben Transgender, die während der Transitionsphase noch ihren alten Namen im Pass tragen. Sie trauen sich aus Angst vor Demütigungen und Übergriffen oft nicht auf die Straße.
Auf der annektierten Krim gelten übrigens die russischen Propagandagesetze, in den „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk ist Homosexualität verboten. Die Kiewer LGBT-Organisation Insight hat für Flüchtlinge aus dem Osten und von der Krim Schutzunterkünfte eingerichtet.
Die politischen Parteien tun sich nach wie vor schwer mit dem Thema. Selbst vermeintlich europäische Politikerinnen und Politiker treten homophob auf oder verweisen auf traditionelle Familienwerte. So hat die neu gegründete Partei Democratic Alliance den LGBT-Aktivisten Bogdan Globa, Chef der Organisation Fulcrum, mit der Begründung abgelehnt, man sei eine christdemokratische Vertretung. Einzig die Partei des ukrainischen Präsidenten, der Block Petro Poroschenko, verurteilt dezidiert Diskriminierung und Gewalt gegenüber sexuellen Minderheiten. Sie ist die stärkste Fraktion im Parlament. Den Worten sind noch keine Taten gefolgt.
Bemerkenswert sind Aussagen der ukrainisch-orthodoxen Kirche (Kiewer Patriarchat), die sich in Abgrenzung zur „russischen Welt“ zu den Zielen des Maidan und Europa bekennt. Sie sagt allerdings, sie werde Europa insofern bereichern, als sie die Länder des Westens von dem Übel der gleichgeschlechtlichen Ehe befreie. Dafür hätten die westlichen Gesellschaften alleine keine Kraft. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats – die ukrainisch-orthodoxe Kirche ist seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahre 1991 gespalten – hält gleichgeschlechtlichen Ehen im Übrigen ebenfalls für eine Sünde, lehnt aber eine Europäisierung der Ukraine unter anderem aus diesem Grund ab. Immerhin treten die Kirchen nicht mehr so aggressiv auf wie in den vergangenen Jahren. Beim KyivPride 2013 hatten sie noch ihre Anhänger mobilisiert, um gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten vorzugehen – durchaus auch mit körperlichem Einsatz.
Eine positive Entwicklung bescheinigt Nash Mir den ukrainischen Medien, die immer neutraler über LGBT berichten. Die neue Pressefreiheit führe zu Offenheit und mehr Differenziertheit im Umgang mit dem Thema.
Natürlich überdeckt der Krieg sämtliche Bereiche im Land, auch die Arbeit der vielen LGBT-Organisationen. Das hat auch wirtschaftliche Gründe. Weil Geldgeber neue Prioritäten setzen und die Währung verfällt, fehlt es den Vertreter*innen der Zivilgesellschaft nun plötzlich an Geld, um ihre Projekte zu finanzieren. So zieht sich der Global Fund aus der HIV-Prävention im Land zurück. Gleichzeitig mangelt es nicht an Engagement und Ideen. Mit T-ema ist die erste rein transgender-orientierte Initiative entstanden; unter dem Namen Tergo existiert inzwischen auch eine Gruppe für Eltern, die sich für die Rechte ihrer homo-, bi- und transsexuellen Kinder stark machen. Ihre Themen macht die Community mit dem „National LGBT-Portal of Ukraine“ (NGO Fulcrum) und der Website der Organisation Gay Alliance Ukraine sichtbar. Es liefen Antidiskriminierungskampagnen, es gibt neuerdings eine LGBT-Hotline. Auch der KyivPride soll 2015 wieder stattfinden.
„Akzeptanz gegenüber LGBT ist eines der wichtigsten Merkmale moderner, westlicher Gesellschaften“, sagen Andrii Kravchuk und Oleksandr Zinchenkov, die den Jahresbericht verfasst haben. Das unterscheide diese Gesellschaften von den autoritären Ländern, die Russland anführe. Ihre Schlussfolgerung: „Auf dem Weg nach Europa führt nichts an einer sozialen und rechtlichen Einbindung sexueller Minderheiten vorbei.“ Um die Ukraine dabei zu unterstützen, geben die Autoren konkrete Empfehlungen an die Regierenden ab, etwa die Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes und die Einführung einer registrierten Partnerschaft. Sie fordern Aufklärung in der Schule und Behörden und einen humaneren Umgang mit Transgender. Denn entweder es gelinge, das Land zu reformieren, oder die Europäisierung der Ukraine sei gescheitert.
Die Kontaktgruppe Munich Kiev Queer koordiniert die Zusammenarbeit zwischen der Münchner und Kiewer Szene, seitdem die Partnerstädte auch im LGBT-Bereich kooperieren. Es geht um politische Aktionen, einen kulturellen und fachwissenschaftlichen Austausch, auch um eine gemeinsame Öffentlichkeitarbeit mit dem Ziel, die Menschenrechtssituation für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender in der Ukraine zu verbessern. KyivPride und CSD München unterstützen sich ebenfalls gegenseitig.
Forumsdiskussionen
JohannesTim in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Einen reinen Bewegungskrieg gibt es nicht. Falls es den Verteidigern gelingt, die feindlichen Angriffsverbände in einigen Abschnitten aufzuhalten, kann daraus ein Stellungskrieg entstehen. Zur Verteidigung...“
Awarija in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Panzer sind im modernen Krieg Dinos, zu schwerfällig, zu verwundbar, zu teuer. Jede 100€-Spielzeugdrohne kann so einen millionenschweren Koloß binnen Sekunden vernichten. Die Russen setzen sich inzwischen...“
Anuleb in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„..... Sind solche gewaltigen Panzer-Operationen, die im Sommer 1941 real vollzogen worden sind, in der Gegenwart nicht mehr möglich? Damals hatte man auch mit riesigen Bomberschwärmen angegriffen. Das...“
JohannesTim in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Eine Anmerkung zur Kriegsgeschichte: sind die Erkenntnisse aus dem Zweiten Weltkrieg heute technisch überholt? Als Student hörte ich in militärhistorischen Vorlesungen in Deutschland ungefähr Folgendes:...“
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„@lev dann wünsche ich Dir eine gute Reise, es war sehr schön in LVIV, muss unbedingt nochmals so eine Rundreise machen. Ich habe so wundervolle Menschen kennengelernt, ich bin zutiefst beeindruckt! Es...“
lev in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Danke Bernd für deine Eindrücke. Ich fahre Ende Mai wieder für mehrere Wochen nach Lviv. Nicht um Urlaub zu machen, sondern in unsere Wohnung. Hatte sie ja vor dem Krieg, aufwendig saniert und möchte...“
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Hallo liebe Forengemeinde und Mitleser, ich bin gerade auf einem Kurztripp durch die Ukraine. Es ist wunderschön wieder hier zu sein. Es fehlen die Touristen, gestern habe ich einen persönlichen und...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Kurzer Bericht, hab dann doch den Wachwechsel erwischt, bei den Polen ging dann bestimmt 45 Minuten gar nix. Und dann wurde in zwei Schüben eingelassen, ich finde, dann ging es in einem guten Tempo voran....“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Bin jetzt da, 10 PKW vor mir, das ist akzeptabel, ist ja auch der 1.Mai. Bin zufrieden mit der Situation. @Frank Fahre immer noch ein schwarzes Auto... kennst doch meine Erfahrung mit der Polizei in UA...Kaffeebraun...“
Frank in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Probier doch einfach. Wenn der offen ist doch alles ok. Bin da glaube mal zurück drüber gefahren. War dann nur eine ewige Kurverei bis zur A4. Bin da aber eh erstmal bis Krakau. Kann natürlich auch...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Schade, dass es keine Info´s zu Zosin gibt, wer aber noch was weiß, bitte schreiben, ich fahre jetzt in 30 Minuten los und kann immer noch in ca. 10h bei einem Stopp nochmals nachlesen. Google Maps schickt...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Diesen Grenzübergang hatte ich schon auf dem Schirm, kenne ihn nur noch nicht. Kann jemand noch etwas zu Zosin sagen, wäre ja auch machbar oder lieber nicht? Vielen Dank Bernhard.“
bernhard1945 in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Hallo Bernd Es hängt etwas davon ab, wohin Du in Ukraine fahren möchtest. So wie es scheint möchtest Du (wie ich normalerweise) in Richtung Kiew fahren. Ich benütze deshalb seit Jahren den Übergang...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Ergänzend, möchte nach Luzk fahren, ist ja sicherlich nicht uninteressant für einen Ratschlag.“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Möchte morgen über Nacht in die Ukraine fahren und plane die Ankunft an der Grenze sehr früh am Morgen. Fahre entweder über Polen oder ggf. über Tschechien, je nachdem was google maps empfiehlt. Normalerweise...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Visa D14
„Das ist ein simples D-Visum, wie man es auch in Deutschland für die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung braucht. Man benötigt dazu keine Mindestaufenthaltszeit. Auch bei der Aufenthaltserlaubnis...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Mit dem Zug in die Ukraine
„Zunächst möchte ich sagen, daß die PKP für die Sitzplatzzüge, die zum Beispiel von Kattowitz bis nach Przemysl fahren, die Preise nicht erhöht hat. Allgemein gilt die Polnische Staatsbahn eher als...“
MHG1023 in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„"Warum verlangt die PKP von den Fahrgästen solch einen Preis ?" - Weil sie es können ... Die Nachfrage dürfte weiter hoch sein und weil es keine vergleichbaren Alternativen gibt (Buslinien über Nacht...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„Die Polnische Staatseisenbahn PKP Intercity S.A. erhöhte für den Schlafwagen-Zug D 68 am 1. Februar 2025 die Fahrpreise um + 38 Prozent. : Vom Warschauer Ostbahnhof fährt abends um 17.49 Uhr der Schlafwagen-Zug...“
HelloMick in Hilfe und Rat • Brauchen Hilfe bei Diia Registrierung
„Hallo. Meine Ex-Frau ist schon über 22 Jahre in Deutschland. Jetzt benötigt sie einen Termin für das Konsulat. Aber es werden nur Termine über Diia vergeben. Kann uns jemand erklären wie das genau...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Visa D14
„Hallo..... Ich benötige nochmals euer Schwarmwissen.... Bin seit Dezember letzten Jahres in der Ukraine verheiratet worden Jetzt meine Frage.....ich habe auf der Seite der ukrainischen Botschaft einen...“