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Donbass: Taktik anstelle einer Strategie. Was für die Reintegration der besetzten Gebiete getan werden kann

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Donbass: Väterchen Frost ist für den Frieden
Die Anti-Terror-Operation im Donbass dauert nun schon drei Jahre an und niemand wagt vorherzusagen, wann sie enden wird. Dennoch könnte Kyjiw bereits heute Maßnahmen bezüglich einer Reintegration der Gebiete treffen.

Die ukrainische Regierung hat sich nicht dazu durchgerungen, im Donbass den Kriegszustand einzuführen. Vielen Politikern am Dnipro lässt diese Frage, die sie gerne instrumentalisieren, keine Ruhe. Allerdings ist es schwer nicht damit übereinzustimmen, dass es im Frühjahr 2014 keinerlei politische oder rechtliche Grundlagen gegeben hat, den Kriegszustand in den aufständischen Regionen auszurufen. Später, im August desselben Jahres, hat die bewaffnete Intervention Russlands in der Ukraine die Anwendung traditioneller Instrumente des internationalen Rechts unmöglich gemacht: Kyjiw hätte Moskau den Krieg erklären können, allerdings war man weder dort noch in Europa dazu bereit. Es stimmt schon, dass in den vergangenen zwei Jahren, seit Beendigung der Kämpfe um Debalzewe und mit der Verabschiedung der Minsker Vereinbarungen (die ein spezifisches Beispiel hybrider Kriegsführung darstellen), die Intensität der Kämpfe im Osten des Landes abgenommen hat. Minsk-2 jedoch kann man als gescheitert betrachten und das verwundert letztendlich keineswegs: während Paris, Berlin und Kyjiw bemüht sind, seine Punkte zu erfüllen, gibt sich Moskau als Garant des Vertrages aus, nicht als ein Adressat. Deutschland und Frankreich haben nicht die Absicht, das Format von Minsk zu verändern – ungeachtet seiner Ineffektivität. Die europäischen Führer sind nicht bereit sich einzugestehen, dass sie keine Instrumente besitzen, die es ihnen erlauben würden, effektiv Einfluss auf Russland zu nehmen und den größten militärischen Konflikt der letzten zwei Jahrzehnte in Europa beizulegen.

Um die Situation einer möglichen Reintegration der Separatistengebiete in die Ukraine vollständig zu verstehen, lohnt es sich über einige Aspekte nachzudenken. Beginnen wir mit den Massenmedien: gerade auf der Krym und im Donbass waren die russischen Massenmedien in den letzten Jahren vor der Intervention Russlands 2014 besonders aktiv. Das politische Monopol, welches die Partei der Regionen (bis 2014 regierende Partei A.d.R.) mit ihrem Kurs Richtung Moskau genossen hat, erlaubte es der russischen Propaganda die Stereotype von den „blutrünstigen Banderowzy“ und dem „brüderlichen Russland“ zu popularisieren. Das Fundament dafür wurde im Laufe einer langen Zeit gelegt. Genau deshalb haben die heutigen ukrainischen Bemühungen, die russische Propaganda im Osten der Ukraine zu überwinden, wenig Aussichten auf Erfolg.

Meiner Überzeugung nach war die von Kyjiw begonnene Blockade der Transportverbindungen mit den Separatistengebieten im Donbass eine schlechte Idee. Immerhin funktionierten dort tatsächlich Unternehmen, die sich an der Gesetzgebung der Ukraine orientiert und ihren Angestellten das Gehalt in Hrywnja ausgezahlt haben. Die Blockade zwang die ukrainische Regierung, auf die Einfuhr von deren Erzeugnissen zu verzichten und die Beziehungen abzubrechen. Schade nur, dass Kyjiw vergessen hat, dass Kriege – umso mehr heutige – nicht nur auf dem Schlachtfeld gewonnen werden, sondern auch durch wirtschaftliche Auseinandersetzungen. Diejenigen, die behaupten, dass die Blockade zu Aufständen der Donbass-Grubenarbeiter führt (die infolge der Einführung der Blockade faktisch ihre Arbeit verloren haben), unterschätzen die Effektivität der Geheimdienste in den Separatistengebieten. Diese werden geleitet vom Tschekisten Wladimir Antjufejew, der seine Erfahrungen in Transnistrien und Abchasien gesammelt hat. Die Geheimdienste im Donbass sorgen für Ruhe, indem sie eine Atmosphäre der Angst und des Zwangs aufrechterhalten.

Seit fast einem Jahr spricht man in der Ukraine über die Notwendigkeit, eine Strategie zur Rückkehr des Donbass und der Krym unter die Kontrolle Kyjiws zu entwerfen. Ein entsprechendes Dokument müsste auf der höchsten staatlichen Ebene angenommen werden. Dennoch hat bisher niemand etwas in dieser Richtung ausgearbeitet und die existierenden Lücken diesbezüglich werden vielmehr mit ad-hoc-Entscheidungen gefüllt. Ich erlaube mir einige Maßnahmen vorzuschlagen, die in ein entsprechendes Strategiepapier aufgenommen werden müssten. Eine der wichtigsten Fragen sollte die Versorgung mit Informationen und der Entwurf eines Zukunftsplanes für jene Bewohner des „separatistischen Donbass“ werden, die bereit sind dem Gehör zu schenken. Sicher, Kriegspropaganda zu führen wird nicht leicht werden, dennoch darf man sich nicht von den ukrainischen Bürgern abwenden, die auf jener Seite zurückgeblieben sind. Der Ukraine dürfte in diesem Fall die Visaerleichterung mit der Europäischen Union zu Hilfe kommen, ebenso Perspektiven auf Bildung und Arbeit, die die Ukraine jungen und kreativen Leuten bietet. In jedem Fall ist hier auch die Unterstützung der EU-Mitgliedsstaaten wichtig. Die ukrainische Regierung nutzt nicht gerade ausgiebig die Möglichkeit von SMS-Nachrichten im Donbass, wo man positive Informationen über das friedliche Leben in den von Kyjiw kontrollierten Regionen des Landes verschicken könnte. Ebenso könnte das Potenzial der Binnenmigranten genutzt werden, die den „separatistischen Donbass“ verlassen haben: zum Beispiel zur Schaffung regionaler Vertretungsorgane.

Es gibt einen weiteren Aspekt: man kann nicht über reale Veränderungen im Donbass sprechen, wenn nicht auch eine Diskussion über Deoligarchisierung angestoßen wird. Rinat Achmetow, der vormalige „König des Donbass“, besitzt die Angewohnheit, in den dramatischsten Momenten eine ziemlich uneindeutige Position einzunehmen – die ukrainische Regierung muss das im Kopf behalten, muss diese Variable berücksichtigen.

Der Donbass, die ehemalige Zitadelle der Macht von Wiktor Janukowytsch und seinen Leuten, durchlebt heute eine Krise, die lediglich nach der Beendigung des bewaffneten Konfliktes überwunden werden kann. Leider überwiegt vonseiten Kyjiws bisher die Taktik gegenüber einer Strategie.

Dieser Text wurde veröffentlicht im Rahmen eines gemeinsamen Projekts von ZAXID.NET und der polnischen Zeitung Nowa Europa Wschodnia. Die bisherigen Artikel des Projekts: Україна – ЄС: гарячий фініш переговорів,Україна – втеча від вибору, Східне партнерство після арабських революцій, У кривому дзеркалі, Зневажені, Лукашенко йде на війну з Путіним, Між Москвою й Києвом,Ковбаса є ковбаса, Мій Львів, Путін на галерах, Півострів страху, Україну придумали на Сході,Нове старе відкриття, А мало бути так красиво, Новорічний подарунок для Росії, Чи дискутувати про історію, Мінський глухий кут.

Der Originalartikel erschien unter dem Titel: Donbass: taktyka zamiast strategii („Nowa Europa Wschodnia“)

29. Mai 2017 // Jewhen Mahda

Quelle: Zaxid.net

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Übersetzer:    — Wörter: 931

Matthias Kaufmann - Studium der Geschichte und Ethnologie in Leipzig und Kasan. Im Anschluss längere Stationen in Berlin, Ufa, Barnaul und Regensburg. Derzeit als Mitarbeiter im International Office an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

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