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DIE EIGENEN: Ukrainische Geschichtspolitik - Fortsetzung

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Screenshot der Website des "Instituts des nationalens Gedächtnis"
An meinem Beitrag Der Eigene über ukrainische Geschichtspolitik als Huldigung an den integralen Nationalismus schieden sich vor einigen Wochen die Geister. Wer schadet der Ukraine – die Kritiker dieser Politik oder ihre Anhänger? Unten hänge ich eine sachliche Übersicht an, die Andreas Umland im Frühjahr publizierte. Wer sich in die Kontroverse einlesen möchte, findet hier alle nötigen Literaturhinweise.

Und nun kommt meine unsachliche Zusammenfassung:

In Kiew gibt es eine leider unterfinanzierte seriöse Geschichtswissenschaft ohne großen öffentlichen Einfluss. Außerdem gibt es eine regierungsamtlich gehätschelte National-Geschichts-Manufaktur unter dem seriösen Namen „Institut des nationalen Gedenkens“.

Dessen Akteure, allen voran der Geschichtsbeamte Volodymyr Vjatrovyč, sind medial sehr präsent. Sie bezeichnen sich als Historiker, sind aber bestenfalls patriotische Publizisten. Ihr Projekt ist der Form nach national, in der Sache sowjetisch.

Ihr Ziel ist die Substitution der sowjetischen Idole mit Blut an den Händen durch national-ukrainische Idole mit Blut an den Händen. Sie sind der Meinung, dass Blut an den Händen zum patriotischen Geschäft gehöre und beim Hobeln eben Späne fielen. Internationale wissenschaftliche Reputation genießen sie nicht. Sie sind, wie ihre russisch-patriotischen Kollegen, auch stolz darauf. Wissenschaftlich begründeter Kritik begegnen sie, wie jene, mit einer Whataboutery-Strategie über selektive Erinnerung und blutige Geschichtshelden in anderen Ländern. Das funktioniert gut in einem Land, das sich im Krieg befindet.

Derweil wiederholt sich in der Ukraine, was wir bereits unter Juščenko erlebt haben: während die meisten Bürger Wichtigeres zu tun haben, als sich mit Geschichte zu beschäftigen – meist sind sie mit dem ökonomischen Überleben beschäftigt – entfremdet die Rehabilitierung eines seinerzeitigen Projektes der ethnischen Flurbereinigung der Ukraine – nichts anderes war das Programm der OUN der 1930er und 1940er Jahre – die heutigen Ukrainer untereinander.

Denn auch bei Leuten, die weder die teuren Produkte fremdsprachiger Forschung lesen noch die Heftchen aus der Geschichtsmanufaktur, bleibt eines zuverlässig hängen: der eigene Staat ehrt historische Gestalten, die, lebten sie noch, einen Gutteil der modernen Ukrainer wegen politischer Unzuverlässigkeit und fehlenden ethnischen Reinheitsgrades außer Landes treiben würden, und deren Wertekanon mit den Werten des Majdan von 2014 nicht vereinbar ist.

Überflüssig zu sagen, dass die russische Seite in diese Kontroverse aus den eigenen trüben Quellen regelmäßig ihre hausgemachten Geschichtslegenden einspeist. Bis dato ließ ich mich daher immer zur Diagnose verleiten, ukrainische Nationalisten betätigten sich als unfreiwillige Helfer des Kremls beim Projekt „Destabilisierung und Diskreditierung der Ukraine“.

Aber wir sollten die Ukrainer als Subjekte ihrer Geschichte wahrnehmen. Nicht die Russen machen die ukrainische Geschichte im Jahre 2017. Sondern die Ukrainer sind gerade dabei, sei es durch Handeln, sei es durch Unterlassen, ihr eigenes Land zu spalten. So wie die Einigkeit und Hoffnung in der großen Bewährungsprobe von 2014/15 nur von innen kommen konnte, so kann sie auch nur von innen heraus zerstört werden. Vielleicht schafft Vjatrovyč, was Putin versagt blieb.

7. Juli 2017 // Anna Veronika Wendland

Quelle: Facebook

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