Darüber wird jetzt viel geschrieben, wurde auch vor dem Maidan geschrieben. Es geht darum, dass es in der Ukraine Millionen Menschen gibt, die mit ihr nichts zu tun haben wollen. Einigen gefällt die ukrainische Sprache nicht, die anderen wollen sie nicht lernen, sprechen oder überhaupt hören. Noch jemand hasst die ukrainischen Trachten und Kosakenfrisuren, jemandem ist die ukrainische Geschichte zuwider, jemand findet die romantischen Dichter Schewtschenko und Lesja Ukrajinka ekelhaft. Es gibt auch solche, die einfach keine Ahnung haben, was das alles mit ihnen zu tun hat. Oder einfach Angst davor haben: Sie haben Angst, sich selbst, ihre Identität zu verlieren.
Welche denn? Nicht immer ist es klar, welche Identität diese Menschen haben und warum die nationale Staatlichkeit sie vernichten sollte. Aber wenn die Identität „keine konkrete“ ist, so wird sie mit Sicherheit vernichtet, und zwar durch eine konkrete – ukrainische – ersetzt. Es kommt mir vor, dass niemand solche Drohung spürt, außer den „Russen“, die man hier nur bedingt so nennen kann (es gibt noch eine besondere Region – das Transkarpatengebiet, aber da kenne ich mich nicht aus). Ich glaube, dass solche Menschen, auch wenn sie sich einfach Russen nennen (nicht „Sowjetmenschen“), unbewusst auf die sowjetische Erfahrung des künstlichen Russentums zurückgreifen – nicht im nationalen Sinne, sondern im imperialen. So entstand dieses „offizielle staatliche Konzept: Russische Sprache – Russische Kultur“ mit seiner Angst vor Bandera (Anführer der antisowjetischen ukrainischen Partisanenarmee – A.d.Ü.), dem unheilbringendem Westen und grausamen Faschisten. In der UdSSR wurde alles Nationale entweder als eine archaische Dekoration oder als eine Gefahr für das „Sowjetische“ wahrgenommen.
Genauer gesagt, sehnen sich die heutigen Kämpfer für die russische Kultur nicht nach Balalajkas, sondern nach einem sowjetischen Projekt, das Nachfolger des russischen Imperium-Projektes wäre. Der Gegenstand ihrer besonderen Liebe beschränkt sich auf das sowjetische Schulprogramm. Das ist wohl die berühmte Gründlichkeit des sowjetischen Bildungswesens. In der Ostukraine gibt es viele, die sich „Russen“ nennen, in der Wirklichkeit jedoch sind das irgendwelche unbestimmte postsowjetische Menschen. Oft verstehen sie grundsätzlich nichts Nationalethnisches, unter anderem auch nichts Ukrainisches.
Viele von uns haben gedacht, dass das Problem in der nationalen „Färbung“ der ukrainischen Staatlichkeit liegt. Obwohl die ukrainische Ethnie nicht homogen, sondern vielfältig ist: Es gibt das westukrainische Lemberg, das mittelukrainische Poltawa und auch die Ostukrainer. Mein Schwiegervater ist in Kasachstan in der Familie ukrainischsprachiger Umsiedler aus dem Gebiet Donezk geboren. Aber OK, die Ukrainer haben diese widerlichen Kosakenfrisuren und ekelhaften bestickten Hemden, und das Wort „Bier“ sprechen sie anders aus, zugegeben, das ist ein unlösbares Problem…
Und auf einmal entsteht praktisch aus nichts ein Projekt der europäischen Ukraine – ein Fantasieprojekt, aber trotzdem ein klares und deutliches. Das Projekt einer Ukraine ohne ethnische Totalität, einer zukunftsorientierten und weltoffenen Ukraine. Man hätte glauben können – da ist gerade eine passende Variante für diese Millionen, die sich in der Zeit und in den Staatsgrenzen verlaufen haben? Aber nein. Dieses Projekt rief bei ihnen zuerst eine betrübte Verwirrung aus, und dann, als es gescheitert ist,– Schadensfreude. Wir schreien, dass das nicht mehr ein „Euromaidan“ ist, dass das nicht mehr um die EU, sonder um die Ukraine geht – aber sie wechseln nicht auf unsere Seite, denn sie brauchen weder Europa, noch – wie üblich – die Ukraine. Sie brauchen eine Null. Ein Nichts. Das Ausbleiben einer Identität.
Und hier ist und bleibt die Ukraine. Deswegen neigen diese Menschen zum Regionalismus – die „Leute der Krym“, „Charkiwer“, „Odessaer“, „Donezker“. Sie können sich nicht „russisch“ nennen, sie haben keine Möglichkeit, sich „sowjetisch“ zu nennen, aber „ukrainisch“ zu sein – das ist für sie unzulässig. Daher kommen verschiedene Fantasiebezeichnungen. Sie sind egal was und egal wer, aber nur nicht Ukrainer. Eine merkwürdige „negative“ Ethnie der Nichtukrainer in der Ukraine.
Das ist der Preis der Identifikation. Sie sind bereit ihn für immer zu zahlen. Sie werden sich gerne loskaufen von der ukrainischen Identifikation – mit der kriminellen Regierung, mit der eigenen Armut, mit Gemeinheit, Nichtigkeit, moralischem Untergang. Nur, um nicht Ukrainer zu werden, um dieses Land nicht zu akzeptieren, nicht zu einem Teil von ihm zu werden. Und wir zahlen auch unseren Preis – mit unserer Verzweiflung, unendlichen hoffnungslosen Streitereien, mit unseren Leben, die von der Macht der Banditen gebrochen und vernichtet werden. Der Preis der Identifikation ist ein schwarzes Loch, wo seit Jahrzehnten die Ressourcen eines großen, starken, reichen Landes hindurch fallen. Unbestimmtheit, Nicht-Ukraine, Nichts. Ein Antistoff.
Was soll man damit tun? Zugrunde gehen oder doch zu einem Land werden, zur Ukraine? Sie werden sich ein wenig unbequem fühlen. Uns wird es ein wenig peinlich. Dann werden wir werden zusammenlegen und endlich mal diesen ungeheuren Preis für die Identifikation auszahlen.
12. Februar 2014 // Sawen Bablojan, Aktivist, Autor (Charkiw)
Quelle: Livejournal
Übersetzung: Olha Sydor
Forumsdiskussionen
Bernd D-UA in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Yeep Frank, so war es. Auch der Leo ist keine Wunderwaffe. Drohnen greifen von oben an, dort wurde bei allen Kampfpanzermodell an Panzerung gespart, mußte nie geschützt werden. Jedenfalls hält die Front...“
Frank in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Was soll das werden? Spielst du im Sandkasten Panzerkrieg? Damalss die 70 km Fahrzeugkolonne der Russen vor Kyiv wurde einfach aufgerieben. Da ist nix mit nebeneinander fahren. Das war eine Strasse durch...“
JohannesTim in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Awarija hat uns mitgeteilt, dass es heute für den Preis von hundert €uro Spielzeugdrohnen gäbe, mit der ein Panzer vernichtet werden könne. Könnte mit einer solchen Drohne auch ein Leopard II oder...“
Frank in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Und warum zählst das jetzt auf? Panzer dürften keine Rolle mehr spielen. Um die 10.000 von den Russen sollen zerstört worden sein. Unbemerkt kann sich eine grössere Anzahl auch nicht mehr ansammeln....“
JohannesTim in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Einen reinen Bewegungskrieg gibt es nicht. Falls es den Verteidigern gelingt, die feindlichen Angriffsverbände in einigen Abschnitten aufzuhalten, kann daraus ein Stellungskrieg entstehen. Zur Verteidigung...“
Awarija in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Panzer sind im modernen Krieg Dinos, zu schwerfällig, zu verwundbar, zu teuer. Jede 100€-Spielzeugdrohne kann so einen millionenschweren Koloß binnen Sekunden vernichten. Die Russen setzen sich inzwischen...“
Anuleb in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„..... Sind solche gewaltigen Panzer-Operationen, die im Sommer 1941 real vollzogen worden sind, in der Gegenwart nicht mehr möglich? Damals hatte man auch mit riesigen Bomberschwärmen angegriffen. Das...“
JohannesTim in Ukrinform • Re: 161 Gefechte an der Front, 60 davon bei Pokrowsk – Generalstab
„Eine Anmerkung zur Kriegsgeschichte: sind die Erkenntnisse aus dem Zweiten Weltkrieg heute technisch überholt? Als Student hörte ich in militärhistorischen Vorlesungen in Deutschland ungefähr Folgendes:...“
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„@lev dann wünsche ich Dir eine gute Reise, es war sehr schön in LVIV, muss unbedingt nochmals so eine Rundreise machen. Ich habe so wundervolle Menschen kennengelernt, ich bin zutiefst beeindruckt! Es...“
lev in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Danke Bernd für deine Eindrücke. Ich fahre Ende Mai wieder für mehrere Wochen nach Lviv. Nicht um Urlaub zu machen, sondern in unsere Wohnung. Hatte sie ja vor dem Krieg, aufwendig saniert und möchte...“
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Hallo liebe Forengemeinde und Mitleser, ich bin gerade auf einem Kurztripp durch die Ukraine. Es ist wunderschön wieder hier zu sein. Es fehlen die Touristen, gestern habe ich einen persönlichen und...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Kurzer Bericht, hab dann doch den Wachwechsel erwischt, bei den Polen ging dann bestimmt 45 Minuten gar nix. Und dann wurde in zwei Schüben eingelassen, ich finde, dann ging es in einem guten Tempo voran....“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Bin jetzt da, 10 PKW vor mir, das ist akzeptabel, ist ja auch der 1.Mai. Bin zufrieden mit der Situation. @Frank Fahre immer noch ein schwarzes Auto... kennst doch meine Erfahrung mit der Polizei in UA...Kaffeebraun...“
Frank in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Probier doch einfach. Wenn der offen ist doch alles ok. Bin da glaube mal zurück drüber gefahren. War dann nur eine ewige Kurverei bis zur A4. Bin da aber eh erstmal bis Krakau. Kann natürlich auch...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Schade, dass es keine Info´s zu Zosin gibt, wer aber noch was weiß, bitte schreiben, ich fahre jetzt in 30 Minuten los und kann immer noch in ca. 10h bei einem Stopp nochmals nachlesen. Google Maps schickt...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Diesen Grenzübergang hatte ich schon auf dem Schirm, kenne ihn nur noch nicht. Kann jemand noch etwas zu Zosin sagen, wäre ja auch machbar oder lieber nicht? Vielen Dank Bernhard.“
bernhard1945 in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Hallo Bernd Es hängt etwas davon ab, wohin Du in Ukraine fahren möchtest. So wie es scheint möchtest Du (wie ich normalerweise) in Richtung Kiew fahren. Ich benütze deshalb seit Jahren den Übergang...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Ergänzend, möchte nach Luzk fahren, ist ja sicherlich nicht uninteressant für einen Ratschlag.“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Möchte morgen über Nacht in die Ukraine fahren und plane die Ankunft an der Grenze sehr früh am Morgen. Fahre entweder über Polen oder ggf. über Tschechien, je nachdem was google maps empfiehlt. Normalerweise...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Visa D14
„Das ist ein simples D-Visum, wie man es auch in Deutschland für die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung braucht. Man benötigt dazu keine Mindestaufenthaltszeit. Auch bei der Aufenthaltserlaubnis...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Mit dem Zug in die Ukraine
„Zunächst möchte ich sagen, daß die PKP für die Sitzplatzzüge, die zum Beispiel von Kattowitz bis nach Przemysl fahren, die Preise nicht erhöht hat. Allgemein gilt die Polnische Staatsbahn eher als...“
MHG1023 in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„"Warum verlangt die PKP von den Fahrgästen solch einen Preis ?" - Weil sie es können ... Die Nachfrage dürfte weiter hoch sein und weil es keine vergleichbaren Alternativen gibt (Buslinien über Nacht...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„Die Polnische Staatseisenbahn PKP Intercity S.A. erhöhte für den Schlafwagen-Zug D 68 am 1. Februar 2025 die Fahrpreise um + 38 Prozent. : Vom Warschauer Ostbahnhof fährt abends um 17.49 Uhr der Schlafwagen-Zug...“
HelloMick in Hilfe und Rat • Brauchen Hilfe bei Diia Registrierung
„Hallo. Meine Ex-Frau ist schon über 22 Jahre in Deutschland. Jetzt benötigt sie einen Termin für das Konsulat. Aber es werden nur Termine über Diia vergeben. Kann uns jemand erklären wie das genau...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Visa D14
„Hallo..... Ich benötige nochmals euer Schwarmwissen.... Bin seit Dezember letzten Jahres in der Ukraine verheiratet worden Jetzt meine Frage.....ich habe auf der Seite der ukrainischen Botschaft einen...“