FacebookXVKontakteTelegramWhatsAppViber

„Neurussland“: Das Spiel ist aus

russische Weltrussische Welt, Quelle: rbc.ru
Jedes Mal wenn russische Sprecher wiederholen, dass man den Donbass in die Obhut Kiews geben sollte, schlagen sie einen weiteren Nagel in den Sargdeckel der „russischen Welt“ ein.

Von nun an ist die gesamte Geschichte von „Neurussland“ eine Geschichte des Verrrats.

Die gesamten 1990er und „Nuller“ mündete jede Diskussion im postsowjetischen Raum in der Hauptfrage: „der zivilisatorischen Ausrichtung“.

Jedes Gespräch darüber, dass die ehemaligen Sowjetrepubliken nicht in Richtung Westen steuern, sondern unter dem Flügel der Russischen Föderation bleiben sollten, wurden von der Hauptfrage überdeckt: „Ja, eigentlich warum?“. Denn die zwei postsowjetischen Jahrzehnte versuchte Russland selbst nach dem westlichen Kanon zu leben – es stand mit allen seinen Nachbarn in einer Reihe am Fenster des globalen McDonalds.

Russland trat der Welthandelsorganisation bei, lud Investoren ein, globalisierte die eigene Wirtschaft, diente als Rohstoffanhängsel.

Seine Elite versuchte Teil der globalen Elite zu werden, schickte seine Kinder zum Studium in westliche Universitäten und kaufte Immobilien in der Schengenzone. Russland selbst stand in Erwartung des Franchising auf „den westlichen Lebensstil“ und eben deshalb war es von Anfang an sekundär. Für seine Nachbarn war es einfacher selbstständig in Richtung Westen zu steuern, dabei nicht auf die Vermittlerdienste Moskaus zurückgreifend. Was die Mehrzahl der postsowjetischen Länder eigentlich auch betrieb.

Sogar auf der Rhetorikebene erlaubten sich die russischen Führer bis vor kurzer Zeit keine „systematische Antiwestlichkeit“. Alles änderte sich erst vor anderthalb Jahren während des Maidans. Und der „Krim-Frühling“ wurde in diesem Sinne von vielen eben als Wendung um 180 Grad empfunden.

In Russland selbst scharte eben die Annexion der Halbinsel um den Kreml die verschiedenartigsten Gruppen, die so oder so von einer Revanche träumten.

Linke, Nationalisten, sowjetische Imperialisten und Prochanow-Anhänger (gemeint ist Alexander Prochanow ein kremlnaher reaktionärer Publizist, A.d.Ü.) – all sie, die in den 90ern und Nullern einander feindlich gesinnt waren, erwiesen sich im Lager des „kollektiven Putins“. Durch all ihre Reden zieht sich als rote Linie der Gedanke darüber, dass das neue russische zivilisatorische Angebot sei. Wenigstens für die, die sich selbst als russisch oder der russischen Kultur zugehörig fühlen.

Das Hauptsächliche im Inhalt klang bestechend einfach.

Wenn ihr mit Russland sein wollt, dann ist euer Wunsch hinreichend. Ihr braucht nicht kämpfen, leiden, Nahestehende beerdigen – zu euch kommt die Armee und holt euch in den „Heimathafen“ ohne überflüssige Opfer zurück. Alles wird wie früher und sogar noch besser: Löhne und Renten steigen, und die Risiken werden minimal sein. Direkt der gegenständliche Traum von Jemelja, dessen Wünsche der staatliche Hecht erfüllt (Anspielung auf ein russisches Märchen, A.d.Ü.).

Den täglichen oder wöchentlichen Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben!

Die Krim wurde zur Geschichte des verwirklichten Ideals des Paternalisten: Der Staat erledigt für dich alle schmutzige Arbeit, dir dabei das Recht auf das Fressen der Früchte überlassend. Und unter den prorussisch eingestellten Leuten im postsowjetischen Raum trat der „Krim-Frühling“ in der Rolle eines gewissen Idealmodells zur „Sammlung der Erden“ auf.

Doch diese Geschichte dauerte wenige Wochen. Und dann passierte der Donbass.

Krieg, Banden, Krieg um Ressourcen, Schmuggel, Geschosse, Absprachen, die Region verwandelte sich schrittweise in die Kulisse für „Mad Max“, in der es die Erinnerung an die Vergangenheit, Chaos in der Gegenwart und das vollständige Fehlen einer Perspektive in der Zukunft gibt.

Die prorussisch eingestellten Menschen, die der Region das Schicksal der Krim wünschten, bekamen das komplette Gegenteil.

Der Kreml spricht bereits nicht mehr von den „Volksrepubliken“.

Gemäß den neuen Themenvorgaben ist es jetzt ein „unveräußerlicher Teil der Ukraine“, der wieder von Kiew unterhalten werden soll. Keinerlei Rhetorik mehr über die „Russen“ und die der „russischen Kultur zugehörigen“, die in Russland leben sollen, es gibt lediglich Wladimir Solowjow (russischer propagandistischer Fernsehmoderator, A.d.Ü.), der davon erzählt, dass „niemand dem Donbass irgendetwas versprochen hat“. Keinerlei Geschichten mehr über „Neurussland“ – es gibt lediglich Igor Strelkow, der zugesteht, dass der Kreml den Status des Donbass gegen die Anerkennung der Krim tauschen will. Game over.

Und das bemitleidenswerteste Bild geben in diesem Moment die Jungs aus Charkow und Odessa ab, die aus Trägheit damit fortsetzen den russischen Medien zu erzählen, wie der „Südosten“ sich bald zum Kampf mit der „Junta“ erhebt.

Wofür sollen sie das eigentlich machen? Für die Gastrollen von Borodaj und Motorola? Dafür, zum Schlachtfeld zu werden? Dafür, dass der Kreml kokett verkündet, dass Russland keine Konfliktseite darstellt?

Im Frühling vorigen Jahres gab der Kreml auf der Krim die Illusion für all seine Anhänger einzutreten. Er gab ihnen Hoffnung, mobilisierte den Separatismus, stärkte die zentrifugalen Kräfte.

Und nach nur einem Jahr zerstörte er das alles mit seinen eigenen Händen. Vor einem Jahr konnte man für „Neurussland“ agitieren, dabei auf das Schicksal der Krim hinweisend. Doch was bietet der prorussische Prediger seiner Herde in Nikolajew, Charkow oder Odessa an? Das Schicksal von Donezk oder Lugansk?

Den täglichen oder wöchentlichen Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben!

Der Wechselkurs hat sich geändert.

Im Frühling 2014 wurden im Austausch für die Loyalität zum Kreml russische Pässe ausgegeben.

Im Sommer 2015 wird die Loyalität zu Moskau von Russland mit Lieferung von Panzertechnik und Spezialkräften bezahlt. Vor einem Jahr erhielt die Geschichte über den Separatismus fast ein hollywoodreifes Happy End. Heute haben wir als Rückstand eine tragische Farce: das Territorium wird nicht vom Sieger, sondern vom Verlierenden genommen.

Wladimir Solowjow denkt, dass es elegant aussieht, wenn er offen mit dem Publikum redet.

Soll er das nur denken, soll er reden.

26. Juni 2015 // Pawel Kasarin

Quelle: Ukrainskaja Prawda

Übersetzer:   Andreas Stein — Wörter: 871

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Vielleicht sollten Sie eine Spende in Betracht ziehen.
Diskussionen zu diesem Artikel und anderen Themen finden Sie auch im Forum.

Benachrichtigungen über neue Beiträge gibt es per Facebook, Google News, Mastodon, Telegram, X (ehemals Twitter), VK, RSS und täglich oder wöchentlich per E-Mail.

Artikel bewerten:

Rating: 3.8/7 (bei 20 abgegebenen Bewertungen)

Neueste Beiträge

Kiewer/Kyjiwer Sonntagsstammtisch - Regelmäßiges Treffen von Deutschsprachigen in Kiew/Kyjiw

Karikaturen

Andrij Makarenko: Russische Hilfe für Italien

Wetterbericht

Für Details mit dem Mauszeiger über das zugehörige Icon gehen
Kyjiw (Kiew)20 °C  Ushhorod15 °C  
Lwiw (Lemberg)14 °C  Iwano-Frankiwsk14 °C  
Rachiw10 °C  Jassinja11 °C  
Ternopil14 °C  Tscherniwzi (Czernowitz)17 °C  
Luzk15 °C  Riwne15 °C  
Chmelnyzkyj15 °C  Winnyzja17 °C  
Schytomyr17 °C  Tschernihiw (Tschernigow)18 °C  
Tscherkassy20 °C  Kropywnyzkyj (Kirowograd)20 °C  
Poltawa18 °C  Sumy16 °C  
Odessa21 °C  Mykolajiw (Nikolajew)20 °C  
Cherson20 °C  Charkiw (Charkow)19 °C  
Krywyj Rih (Kriwoj Rog)21 °C  Saporischschja (Saporoschje)21 °C  
Dnipro (Dnepropetrowsk)19 °C  Donezk21 °C  
Luhansk (Lugansk)16 °C  Simferopol18 °C  
Sewastopol22 °C  Jalta22 °C  
Daten von OpenWeatherMap.org

Mehr Ukrainewetter findet sich im Forum

Forumsdiskussionen

„Lieber @Bernd D-UA , ich will nicht leugnen, dass es sich bei diesem Post um Werbung handelt. Nach Rücksprache mit den Admins, ist dieser Teil des Forum ja genau dafür geeignet. Meine Idee war ja auch,...“

„Ich habe gerade eine Doku zum Thema Nordvietnam und Südvietnam und die darin verwickelten Parteien gesehen. Im Norden der Kommunismus, unterstützt unter anderem von Russland, im Süden die Demokraten...“

„Die Frage nach dem Willen ist sehr berechtigt! Ich wünsche mir Respekt und Haltung gegenüber den Interessen der Ukraine.“

„So ernst das Thema ist und so sehr mich der Maidan und die Menschen damals bewegt haben, sie hab3n meinen tiefsten Respekt und meine Unterstützung, aber lieber robosebi, Dein Beitrag wirkt wie eine Werbeveranstaltung...“

„Die Willensbekundungen zur Aufnahme der Ukraine in die NATO und der EU dienen doch einzig und alleine dem Zweck, die Moral der Bevölkerung und der Armee etwas aufzubessern. Wenn es denn mal akut werden...“

„Wer den Krieg in der Ukraine verstehen will, muss den Maidan verstehen! Kyjiw , November 2013. Eine überraschende Entscheidung der ukrainischen Regierung löst eine Welle von Protesten aus, die das Land...“

„Vielen Dank für die Information“

„Hallo ! Ich überlege ob ich nach Odessa in die Ukraine Fahre um ein paar Bekannte zu Besuchen. Kann mir jemand genau sagen, wie zur Zeit das Leben in Odessa ist ? Wie ist die Verfügbarkeit vom Strom...“

„In der Region Lwiw, wo ich unterwegs bin, sind 10 Hrywen unterschied je Liter keine Seltenheit. Ausgangs Lwiw z.B., kostete ein Liter Diesel 58,5 UAH und in Jaworiw habe ich für 49 UAH getankt. Tanke...“

„Hallo, Ich wollte einmal fragen ob ihr Tipps zum günstigen Tanken in der Ukraine habt? Gibt es Apps zum Preise vergleichen? Bei meiner Suche habe ich soetwas nicht gefunden. Oder gibt es spezielle Marken...“

„@naru gut zu wissen, dass die EU Privilegien weiter gelten, ich war mir nur nicht sicher, allerdings geht es eben nur wenn man mit EU Pass reißt und kein ukrainische Staatsbürger mit im Auto sitzt. Mir...“

„Das ist mit klar. Es gibt keinen Friedensvertrag mit Putin. Darum sollte es auch gar nicht mehr gehen. Der einzige Zweck eines Angebotes eines Vertrages durch die Ukr. soll die moralische Überlegenheit...“

„Interessant, dass es das nicht mehr geben soll, bzw. keinen Vorteil bringen soll. Ich bin im März über Krakowez nach UA eingereist. An der ersten Schranke auf der Autobahn waren alle gleich. Auf dem...“

„@naru also damit ich Deine Frage aber genau beantworte, ich gehe aber davon aus, dass Du mit ukrainischen Staatsbürgern im Auto diesen Service, sprich EU Spur wirst NICHT wahrnehmen dürfen. Habe mich...“

„Aus eigener Erfahrung muss ich jetzt aber noch einen Einwand machen, zum Grenzübergang Dorohusk–Jahodyn (Ягодин) In beide Richtungen gab es 2021 noch eine EU Spur, die waren beide erheblich schneller,...“

„So schlecht ist der Vorschlag sicherlich nicht! Die Abrüstung der Waffen/Militärgeräte könnte die Ukraine und Helfer... Nato in der Art umgehen, dass das ganze Material z.B. in Polen eingelagert wird,...“

„Von der Ukraine kommend und nach Polen ( EU) einreisend, gibt es keine direkte EU Spur. Alle stehen, außer CD, in einer Schlange und wie von Handrij geschrieben, wird man in einer Abfertigsspur zugewiesen....“

„Seit den visumfreie Reisen in den Schengenraum für Ukrainer sind mir da gar keine speziellen EU-Spuren mehr aufgefallen. Gibts das überhaupt noch?“

„Kurze Frage. Muss man bei der Einreise in die EU, an der polnischen Grenze, mit deutschen Fahrer und deutschen Kennzeichen, aber weiteren Ukrainern im Auto, auf die Spur für alle, oder darf man auf die...“

„Zur Diskussion - könnte so ein realistisches Angebot der Ukraine an Russland aussehen? Wie würde Russland reagieren - auf einige Forderungen/(fiktiven) Ängste Russlands wird hier ansatzweise Rücksicht...“

„Was will Faschisten-Russland schon eskalieren? Haben die nicht sogar Truppen von den NATO-Grenzen abgezogen weil es eng wird?“

„Den direkten Konflikt mit Russland gibt es doch schon lange. Natürlich ist das kein heißer Konflikt. Aber, gesprengte Pipelines, diverse Hackerangriffe, Morde an in Europa lebenden russischen Migranten...“

„Die Einwanderung ist inzwischen leichter geworden. Siehe: unbefristete-aufenthaltsgenehmigung-ein ... 48448.html Ansonsten halt der übliche Kram: Ehe, KInd, ukrainische Ahnen, Ostfronteinsatz. Aber dann...“

„Die temporäre Aufenthaltsgenehmigung hat vor allem den Nachteil, dass du für die jeweilige Erneuerung jedes Mal eine Grundlage brauchst, deren Bedingungen sich ändern können. Mit einer befristeten...“

„In der Praxis habe ich auch noch von keinem Einwanderer hier gehört, dass er seinen ausländischen Führerschein umgetauscht hat. Allenfalls, dass sich Leute einen zweiten ukrainischen zugelegt haben....“

„Liebe Alle ich habe an anderer Stelle einiges zum Thema gelesen, jedoch nicht die wirklich passende Antwort gefunden. Vielleicht hier? Muss man wirklich, wenn man eine Aufenthaltserlaubnis für die Ukraine...“

„Hat jemand eine Idee wie ich mein Bike von köln beispielsweise nach krementschuk schicken kann? Gibt es jemanden der Transporte in die Ukraine macht? Dankeeee“

„Hatte gestern so eine Situation. Nach einer Mautstelle, stand polnische Policia und verfolgte mich anschließend mit Blaulicht. Bitte folgen, das war in Kattowitz. Sie meinten, ich hatte kein Licht an,...“

„Hallo Forengemeinde, bin heute früh 6 Uhr über Korczowa in die Ukraine eingereist. 1,5 h ohne Probleme. Straßen, sind teilweise sehr marode“