Die Ukraine steigt nach einer zwischenzeitlichen verlangsamten Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 schrittweise aus der Quarantäne aus und öffnet die Grenzen wieder für Ausländer. Die registrierten Infektionen stiegen jedoch in den vergangenen Tagen erneut an. Zum Stand 14. Juni 2020 sind im Land 31.154 Infektionen per Labortest nachgewiesen. 889 Menschen starben bisher in der Ukraine an der Lungenkrankheit Covid-19. 14.082 sind der offiziellen Statistik nach wieder genesen.
Am Sonntag gab es einen Anstieg der Neuinfektionen um 648 Fälle. In den drei Tagen zuvor waren neue Rekordwerte bei den Neuinfektionen registriert worden. Am Samstag waren es 753 Fälle. Im Schnitt waren vergangene Woche täglich 594 neue Infektionen verzeichnet worden. Durchschnittlich starben seit dem 1. Juni täglich 13 Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19. Im Mai waren es noch 14.
Nach den vorliegenden Statistiken ist medizinisches Personal in der Ukraine aufgrund fehlender Schutzkleidung besonders betroffen. Zum Stand 14. Juni gab es unter Ärzten und Pflegekräften 5.494 nachgewiesene Coronavirus-Infektionen. Das entsprach einem Anteil von etwa 18 Prozent. Mindestens 39 Mediziner starben an Covid-19.
Die ukrainische Statistik unterliegt wie alle anderen Statistiken im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 einer großen Unsicherheit. Zum einen aufgrund der geringen Zahl der Tests in der Ukraine. Täglich werden nur zwischen fünf- und zwölftausend Verdachtsfälle getestet. Insgesamt wurden zum Stand 14. Juni 489.334 Labortests gemacht. Aktuell sind es etwa 1.168 Tests auf 100.000 Einwohner seit Anfang März. Daher und aufgrund der Unsicherheiten bei den Tests ist von einer großen Dunkelziffer bei der Verbreitung von Sars-CoV-2 auszugehen.
Wie hoch die Sterberate im Land liegt, ist aus diesem Grunde noch schwerer zu sagen. Der vorliegenden Statistik nach sterben rund 2,9 Prozent der Infizierten. Da mutmaßlich wesentlich mehr Menschen in der Ukraine sich bereits angesteckt haben, ist ebenso zu vermuten, dass die Sterberate um einiges niedriger als diese 2,9 Prozent liegt. Dies auch trotz des Umstands, dass sicherlich nicht alle an Covid-19 Verstorbenen erfasst werden. Früheren Angaben des Gesundheitsministeriums nach sind 44,8 Prozent der Toten Frauen und 55,2 Prozent Männer. 85 Prozent der Verstorbenen sind über 50 Jahre alt gewesen und 71 Prozent hatten Vorerkrankungen.
Ausgehend von den veröffentlichten Sterbestatistiken für Januar bis einschließlich März dieses Jahres sind bisher keine Anomalien bei Toten durch Pneumonie, Grippe oder andere Erkrankungen der Atemorgane festzustellen. 2020 starben in den drei Monaten im Regierungsgebiet 149.064 Ukrainer. Das sind, wenn man der offiziellen Statistik vertraut, genau 10.200 weniger als im Vorjahr, als 159.264 Ukrainer starben. Im Januar und Februar fielen 2.404 Ukrainer Erkrankungen der Atemorgane zum Opfer. Zum Vergleich starben 2018 im gesamten Jahr in den Regierungsgebieten etwa 13.000 Ukrainer an Atemwegserkrankungen. Bis zum Ende der Quarantänemaßnahmen will die Regierung jedoch keine detaillierten Sterbestatistiken zu den Sterbeursachen mehr veröffentlichen, was Raum für Spekulationen gibt.
Zur gleichen Zeit wurden im Donezker Separatistengebiet nach den Angaben der örtlichen Machthaber bei 833 Menschen Infektionen nachgewiesen. 209 sollen bereits genesen sein und 38 Menschen starben an der Krankheit. Im Luhansker Separatistengebiet gibt es nach örtlichen Angaben 429 bestätigte Infektionen. Mindestens neun Kranke starben. Hier gab es jedoch bereits seit über einer Woche keine neuen Zahlen mehr. Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim und in Sewastopol gibt es russischen Angaben nach derzeit 695 Infizierte, 514 Genesene und zehn Tote.
Werden die Daten der Regierung und aus dem Separatistengebiet zusammengefasst, ergibt sich eine Infektionsrate von etwa knapp 77 pro 100.000 Einwohner. Die Sterberate pro 100.000 Einwohner läge demnach bei 2,2. Aufgrund der schlechten Datenqualität sind diese Werte jedoch nicht mit denen in anderen Ländern vergleichbar.
Die zum 12. März verhängten Quarantäne-Maßnahmen sind zum großen Teil gelockert worden. Aufgrund der unterschiedlichen epidemiologischen Situation in den einzelnen Regionen gibt es jedoch starke Unterschiede beispielsweise bei der Öffnung von Restaurants und Schwimmbädern. Anfang Juni wurden die inländischen Eisenbahnverbindungen wieder aufgenommen. Menschen über 60 dürfen ihre Wohnungen inzwischen wieder auch ohne triftigen Grund wieder verlassen. Der Besuch von Parks ist seit geraumer Zeit wieder erlaubt und inzwischen dürfen bis zu acht Personen in einer Gruppe unterwegs sein. Kindergärten, Bibliotheken, Museen, Friseure, Schönheitssalons, Geschäfte und Einkaufszentren wurden wieder geöffnet. In Kiew dürfen Restaurants und Cafés jedoch weiterhin nur Sommerterrassen betreiben. Hier gilt weiter ein Mindestabstand zwischen den Tischen und nicht mehr als vier Personen an einem Tisch. Die Metros der drei Großstädte Kiew, Charkiw und Dnipro wurden genauso wie der übrige städtische Nahverkehr wieder in Betrieb genommen.
Nach den Inlandsflügen werden ab Montag auch internationale Flugverbindungen wieder aufgenommen. In Verbindung damit wird eine Öffnung der Grenzen für Ausländer erwartet. Einreisende müssen in Abhängigkeit vom Herkunftsland eine 14-tägige Observation absolvieren. Kriterium ist eine schlechtere Epidemiesituation in dem Abreiseland als in der Ukraine, die durch mehr als 40 aktive Krankheitsfälle auf 100.000 Einwohner definiert wird. In der Ukraine liegt der Wert aktuell bei etwa 38. Das Gesundheitsministerium wird alle drei Tage eine Länderliste zusammenstellen und diese in rote – verpflichtende Observation – und grüne – ohne Observation – einteilen. Deutschland, Österreich und die Schweiz werden wahrscheinlich zu den „grünen“ Ländern ohne Observation gehören. Des Weiteren gilt an „öffentlichen Orten“, im Nahverkehr und in Geschäften eine Maskenpflicht. Auf der Straße sind Dokumente immer bei sich zu führen. Schulen und Universitäten sind weiter zu. Als Termin für weitere Lockerungen gilt der 22. Juni, dennoch können örtlich einzelne Beschränkungen aufgrund einer regionalen Verschlechterung der Ansteckungszahlen auch wieder eingeführt werden.
Verteilung der Infizierten und Toten nach Regionen
Gebiet | Infektionen | Tote |
---|---|---|
Winnyzja | 1.393 | 23 |
Wolhynien | 1.398 | 42 |
Dnipropetrowsk | 998 | 22 |
Donezk¹ | 292 | 6 |
Schytomyr | 1.045 | 19 |
Transkarpatien | 1.632 | 40 |
Saporischschja | 527 | 16 |
Iwano-Frankiwsk | 1.728 | 90 |
Kirowohrad | 582 | 30 |
Stadt Kiew | 3.904 | 88 |
Gebiet Kiew | 1.995 | 39 |
Lwiw | 2.797 | 92 |
Luhansk¹ | 56 | 0 |
Mykolajiw | 321 | 7 |
Odessa | 1.099 | 18 |
Poltawa | 278 | 13 |
Riwne | 2.341 | 46 |
Sumy | 215 | 5 |
Ternopil | 1.427 | 26 |
Charkiw | 1.521 | 58 |
Cherson | 180 | 3 |
Chmelnyzkyj | 556 | 14 |
Tscherniwzi | 3.916 | 164 |
Tscherkassy | 543 | 19 |
Tschernihiw | 410 | 9 |
Insgesamt | 31.154 | 889 |
¹ nur die von der Regierung kontrollierten Gebiete
Quellen:
Coronavirus_Info
Grenzschutzdienst
Statistikamt – Todesursachen Januar/Februar 2020
Statistikamt – Sterbefälle Januar-März 2020
Russische Statistiken
Den ersten Kommentar im Forum schreiben