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Ukraine steht vor Steuerreform

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Am Freitag stellte das Ministerkabinett die Schlüsselnormen für das überarbeitete Projekt des Steuergesetzbuches vor. Die Regierung bekräftigte ihre Absicht von 2011 an die Steuersätze zu senken und neue Privilegien bei ihrer Bezahlung einzuführen. Den Unternehmen versprach man eine automatische Vorsteuerrückerstattung und die Übernahme der Verantwortung durch den Staat bei unpünktlicher Erstattung und den Bürgern wurde eine progressive Einkommenssteuerbelastung, eine fünfprozentige Steuer auf Einkünfte aus Einlagen und eine Immobiliensteuer in Aussicht gestellt. Übrigens könnte sich die endgültige Version des Steuergesetzbuches noch ändern – in der Koalition ist man nicht bereit dieses „pauschal“ zu unterstützen und bei der Kommunistischen Partei droht man dem Kabinett sogar mit der Entlassung.

Premierminister Nikolaj Asarow stellte am Freitag die Schlüsselnormen eines weiteren Entwurfes für das Steuergesetzbuch vor. Die neue Variante mit dem Entwurf zu vergleichen, der zur ukraineweiten Diskussion gestellt wurde, (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 4. August) erwies sich als unmöglich – Journalisten wurde der Text des Steuergesetzbuches nicht zur Verfügung gestellt, es damit erklärend, dass dieser am 4.-5. September weiter überarbeitet wird, um ihn heute, so der Finanzminister Fjodor Jaroschenko, der Werchowna Rada vorzulegen. Zur Erinnerung: im Juli verpflichtete das Parlament das Kabinett den Steuergesetzentwurf bis zum 5. September zu überarbeiten, damit der Budgetausschuss der Rada diesen innerhalb von fünf Tagen zur Abstimmung vorbereitet.

2011 wird der Gewinnsteuersatz von 25 Prozent auf 19 Prozent gesenkt, mit einer anschließenden etappenweisen Senkung um jeweils 1 Prozent bis 2014 auf dann 16 Prozent. Diese Ziffern liegen unter den im August vorgelegten (von 2011 25 Prozent auf 20 Prozent), doch sie stimmen mit den Normen der Steuergesetzgebung überein, die im Juli in der ersten Lesung bewilligt wurden. Damals erhielten übrigens die lokalen Organe das Recht von der Wirtschaft bis zu fünf Prozent Zusatzsteuern zu erheben.

Kleinunternehmen (Jahresumsatz bis zu 3 Mio. Hrywnja, etwa 300.000 Euro) erwarten Steuerbefreiungen beim Gewinn über fünf Jahre, für Hotels und die Leichtindustrie für zehn Jahre. Die Mittel, die für Modernisierungen und neue Technologien aufgewendet werden, sind ebenfalls steuerfrei. „Innerhalb von 20 Jahren hat die Ukraine ihre Leichtindustrie verloren – ihr Anteil liegt bei unter einem Prozent und die Märkte sind mit Importgütern gefüllt“, erklärte Asarow. „Der Abnutzungsgrad beträgt in einzelnen Branchen 80-85 Prozent“. Den Haushalt kosten die Steuerbefreiungen 2011 4 Mrd. Hrywnja (ca. 400 Mio. Euro). Die Einheitssteuer können physische Personen bis zu einem jährlichen Einkommen von 300.000 Hrywnja (ca. 30.000 Euro) und juristische Personen bis 3 Mio. Hrywnja (vorher 2 Mio. Hrywnja) mit einer jährlichen Anpassung der Summe an die Inflation zahlen.

Die Reform der Mehrwertsteuer sieht deren automatische Erstattung (einen konkreten Mechanismus hat Asarow nicht mitgeteilt) und die Verantwortung des Staates für Verzögerungen (Strafe in Höhe von 120 Prozent des Diskontzinssatzes der NBU (Nationalbank der Ukraine)) vor. Mehrwertsteuer wird bei Geschäften mit Schrott, Holz, Getreidekulturen und Industriepflanzen, bei juristischen Dienstleistungen, sowie Consulting- und Wirtschaftsprüfungsdienstleistungen und ebenfalls bei Zahlern der Einheitssteuer nicht erhoben. „Die Neuerungen haben bereits viel Widerspruch hervorgerufen, doch sie werden die Verarbeitung von Schrott, Getreide und Holz in der Ukraine stimulieren“, meint Asarow. Wie sich der Basissteuersatz der Mehrwertsteuer verringern wird, teilte der Premier nicht mit. Bekannt ist nur, dass er ab 2014 17 Prozent betragen wird.

Im Steuergesetzbuch erschienen auch differenzierte Einkommenssteuerbelastungen für physische Personen. Der derzeitige Satz von 15 Prozent für Einkommen bleibt für Einkommen unter dem zehnfachen des Mindestlohnes (dieser liegt seit 1. Dezember bei 922 Hrywnja, ca. 92,2 Euro), ein neuer Satz von 17 Prozent gilt für größere Summen. In den Steuerentwurf kehrte auch die fünfprozentige Steuer für Einkünfte aus Einlagen von mehr als 200.000 Hrywnja (ca. 20.000 Euro) zurück. Diese Norm betrifft 90 Prozent der Bevölkerung nicht. Auf Bitte des Staatsoberhauptes brachte die Regierung in den Steuerentwurf eine Steuer auf Immobilien ein – 10 Hrywnja pro Quadratmeter (etwa 1 Euro). Die steuerfreie Norm beträgt für eine Person 40 m² und für Familien 100 m² in der Stadt und 200 m² auf dem Dorf. Die Transportgebühr wird aufgehoben und in den Benzinpreis in Form einer Erhöhung der Steuer/Akzise von 150 Euro/t bis etwa 180-200 Euro/t eingehen, was den Treibstoffpreis um 20 Kopeken/l erhöht (ca. 2 Cent).

Alle diese Normen gestatten es, den Worten des Premiers nach, die Steuerbelastung zu verringern, die Verwaltung zu erleichtern und eine innovative Entwicklung der Wirtschaft zu stimulieren, Arbeitsplätze zu schaffen und Investoren anzuziehen. Vizepremier Sergej Tigipko teilte mit, dass auf der Grundlage der neuen Steuerbasis das Kabinett bereits einen Entwurf für den Haushalt 2011 ausarbeitet, daher „werden alle Regierungsmitglieder die Werchowna Rada überzeugen das Steuergesetz so sorgfältig und schnell wie möglich zu prüfen und zu beschließen“. Zur Erinnerung: als 2009 die Regierung Julia Timoschenko einen Haushaltsentwurf auf der Grundlage unbeschlossener Änderungen im Steuergesetzbuch vorbereitete, bezeichnete die Partei der Regionen dieses Vorgehen als ungesetzlich.

Vertreter der oppositionellen Fraktion von BJuT (Block Julia Timoschenko) und „Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung“ bezeichnen die Änderungen im Steuergesetzentwurf als „Steuer-Gestapo“ (Gestapo i. O. deutsch). Der Meinung des Stellvertreters des Vorsitzenden des Steuer- und Zollausschusses der Werchowna Rada, Konstantin Bondarjew, nach ist die Erweiterung der Liste der Branchen, die unter Steuerprivilegien fallen, ungerechtfertigt, da sie ledigliche einige Leute reicher macht und nicht als Stimulus für die gesamte Wirtschaft dient. „Branchenprivilegien zerstören die Konkurrenzumgebung, jede Bevorzugung geht auf Kosten einer anderen Branche“, sagt Xenia Ljapina („Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung“). „Wir haben das alles schon durchgemacht – die Metallwirtschaft genoss Privilegien und das hat zu nichts geführt“. Ljapina ist überzeugt davon, dass für die Kleinunternehmen eine Steuerbefreiung nicht aktuell ist, da sie keine Gewinne machen. Und Bondarjew meint, dass man vor der Einführung von progressiven Steuersätzen eine Steueramnestie durchführen muss, um zu begreifen von welchen Einkünften der Bürger die Rede geht. Andernfalls ruft diese Norm, den Worten von Xenia Ljapina nach, ein weiteres Abwandern der Löhne in die Schattenwirtschaft hervor. „Sobald eine Steuer auf Einlagen eingeführt wird, erhöhen sich die Zinsen für Einlagen und Kredite“, vermutet Konstantin Bondarjew.

Bei der Partei der Regionen unterstützt man ebenfalls nicht alle Ideen der Regierung. Das Mitglied des Rada-Ausschusses für Steuer- und Zollpolitik, Oleg Zarjow, ist überzeugt davon, dass die Steuer für Einnahmen aus Einlagen das Bankensystem und das Vertrauen der Bevölkerung in dieses zerstört: „Das Problem sind nicht die fünf Prozent, sondern, dass die Banken Geld brauchen und die Leute aufhören es einzuzahlen, zudem bringt diese Steuer dem Haushalt nur wenig“. Zarjow betont ebenfalls, dass eine Einführung einer Steuer auf Immobilien ohne Steuerbelastung von Land unmöglich ist. Gleichzeitig schlägt er vor die Liste der Branchen mit Steuerprivilegien zu erweitern. „Bei der Gewährung von Steuerermäßigungen, beispielsweise für einzelne Geschäfte, sollte klar vorgeschrieben sein, wer unter diese Kategorie fällt. Unmöglich ist es, grob gesagt, jedem Wohnheim Nachlässe zu geben“, meint der Abgeordnete Alexej Plotnikow. Oleg Zarjows Worten nach werden alle Normen des Steuergesetzbuches nicht „pauschal“ unterstützt werden, obgleich er die Annahme für Ende September prognostiziert.

Das Steuergesetzbuch wird auch von der Kommunistischen Partei nicht unterstützt, welche verspricht die Entlassung des Kabinetts am ersten Sitzungstag einzuleiten. „Alles, was die Regierung Asarow und Präsident Janukowitsch heute tun, erstickt die ukrainische Wirtschaft, vernichtet die kleinen und mittleren Unternehmen und erlaubt keine Herausbildung einer Mittelschicht“, erklärte der Parlamentsabgeordnete Leonid Gratsch (Kommunistische Partei der Ukraine). Bei BJuT meint man, dass alle Verantwortung für die Ausarbeitung des „schrecklichen“ Steuergesetzbuches bei Vizepremier Sergej Tigipko liegt, daher schließt man eine Unterstützung seiner Entlassung nicht aus, teilte am Freitag das Mitglied der Fraktion von BJuT, Sergej Sobolew mit.

Natalja Njeprjachina

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Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein — Wörter: 1223

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