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Zollunion oder Freihandelszone mit der EU: beitreten oder nicht beitreten

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Im Gorschenin-Institut fand ein „Runder Tisch“ zu dem Thema „Wovon wird die Ukraine mehr profitieren – von der Freihandelszone mit der Europäischen Union oder mit der Russischen Föderation?“ statt. Nachfolgend das Stenogramm.

Wladimir Sastawa, Gorschenin-Institut: Wir erinnern uns an die letzte Resolution vom Europaparlament, in welcher die EU ihr Interesse an dem Freihandelsabkommen mit der Ukraine zeigt. Unter anderem sind auch konkrete Termine für den Abschluss bilateraler Verhandlungen vorgesehen, die in der ersten Hälfte 2011 stattfinden werden. Diese Gespräche haben auch etwas Entscheidendes an sich: am 1. Juli 2011 sollten die Zollgrenzen zwischen Russland, Belarus und Kasachstan abgeschafft werden und die Zollunion sollte auf Hochtouren laufen. Bei dem letzten Treffen mit dem Präsidenten der Russischen Föderation Dmitrij Medwedew gab Janukowitsch klar zu verstehen, dass er den Beitritt der Ukraine zur Zollunion nicht ausschließt.

Was würde der Ukraine mehr Vorteile bringen? Was kann sie verlieren? Welche politischen Risiken gibt es überhaupt? Diese Fragen möchten wir heute erörtern.

Alexander Palij, Politologe: In erster Linie sei zu betonen, das die Wahl zwischen der Freihandelszone mit der EU und Freihandelszone mit Russland kein Dilemma an sich darstellt. Die Sache ist die, dass Russland keine Freihandelszone ohne Ausnahmen und Einschränkungen anbietet. Jegliche Freihandelszone mit Russland sieht Handelsbeschränkungen für Energieressourcen vor.

Wir haben 1993 das Freihandelsabkommen mit Russland unterzeichnet, der Vertrag wurde auch ratifiziert aber der Freihandel fand nicht statt, weil Russland nicht an der Anwendung der gesamten Regelungen auch im Bereich der Energieressourcen interessiert war.

Wenn wir uns die Zollunion und die jeweiligen Integrationsprozesse anschauen, dann werden wir sehen, dass die Situation aufrechterhalten wird und niemand Belarus Waren zu russischen Binnenmarktpreisen verkauft.

Im Abkommen über den Einheitlichen Wirtschaftsraum steht fest, dass die Stimmen der wichtigen Organe des Wirtschaftsraums nach dem Wirtschaftsgewicht d.h. dem BIP verteilt sind. Dies bedeutet, dass Russland eigenmächtige Entscheidungen in dieser Assoziation treffen würde. Russland würde über mehr als 80% aller Stimmen verfügen und die Ukraine kein Entscheidungsgewicht haben.

Im Gegensatz zur Integration in die EU beruht die Integration in den Einheitlichen Wirtschaftsraum nicht auf paritätischen Grundlagen. Wir haben auch die Verhaltensänderung der Ukraine zur Zollunion mitbekommen. Vorher plädierten Janukowytsch, Asarow und Akimowa gemeinsam dafür, dass der Beitritt zur Zollunion unmöglich ist, weil er den Verpflichtungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) und den nationalen Interessen widerspricht.

Nach der Reise nach Moskau änderte sich alles. Unser Vektor machte eine 180 Grad-Wende und darüber kann man auch diskutieren. Ist das eine Konjunktur und gleichzeitig ein Versuch, die EU zu beeinflussen? Es ist schwierig zu sagen, aber es gibt bestimmte Signale dafür, dass eine solche Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist.

Was bedeutet der Beitritt zur Zollunion? Der Beitritt bedeutet gemeinsame Regelungen, die vom Zentrum bestimmt werden, Tarifsätze und Ausschluss der Möglichkeit, dem europäischen Markt beizutreten.

Was ist die Europäische Union? Die Europäische Union ist der größte Wirtschaftsraum in der ganzen Welt. Die EU bedeutet 450 Millionen Konsumenten. Das ist ein Drittel des ukrainischen Exportes und im Vergleich zu Russland ein gleichwertiger Exportanteil. Und wenn russische Politiker fragen, was die Ukraine in die EU exportieren werde, dann heucheln sie, weil wir bereits exportieren.

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Stellt mit sich die Freihandelszone mit der EU eine Gefahr? Für Hersteller wird es dann problematisch, wenn sie nicht konkurrenzfähig sind.

Alle negativen Momente der Freihandelszone, die die Ukraine schon erlebt hat, stehen im Zusammenhang mit unserem zu offenen Markt. Alle diese negativen Momente sind schon erschöpft und unsere Aufgabe besteht darin, die positiven Momente daraus zu ziehen. Was bedeutet die Wirtschaftsintegration mit Russland? Russland ist nicht konkurrenzfähig außer im Energiebereich, der auch betroffen ist. Die Integration mit einer solch schwachen wirtschaftlichen Struktur bedeutet für die Ukraine einen Rückschritt.

Es gibt keine Alternative und keine Wahl. Die Ressourcen für ein Lavieren sind erschöpft, das Land lebt allein von Krediten. Es fehlt an Ressourcen für den Fortschritt. Entweder wird der Staat Geld verdienen oder versinkt er in Sozialkataklysmen.

Alexej Longwinenko, Leiter des Unterausschusses für Zusammenarbeit mit den GUS-Ländern des Ausschusses der Werchowna-Rada-für Äußere Angelegenheiten: Eine Wahl innerhalb der Kategorie „Entweder – oder“ bringt immer Verluste.

Was ist die Freihandelszone? Das ist eine gewisse Form von der Integration, bei der bestimmte Regelungsmechanismen, das Zollamt, gewisse Barrieren abgeschafft werden und der Warenverkehr vereinfacht wird. Der Handel aber steht immer im Zusammenhang mit Konkurrenz.

Unser Warenumsatz mit Russland und Europa zeichnet sich durch eine gleiche Bilanz aus. Man muss aber seine Struktur und seine Konkurrenzfähigkeit in Betracht ziehen. Die Freihandelszone sieht keine Vorteile für die Landwirtschaft vor, die potenziell der wichtigste Bereich ist, deren Produkte leider die europäischen Standards nicht erreicht.

Wenn die Ukraine ihren Platz unter den stärksten Ländern finden möchte, dann sollte sie Spitzentechnologien bewahren, wie z. B. den Maschinenbau. Dessen Produktion wird auf den europäischen Märkten kaum konkurrenzfähig sein.

Was die Produkte des Bereiches der Metallwirtschaft betrifft, so befinde ich mich über seine Konkurrenzfähigkeit im Zweifel, da nur wenige Besitzer Mittel in die Modernisierung investieren.

Wenn wir die Konkurrenz als Kriterium nehmen, so habe ich keine perspektivreichen Berechnungen gesehen, um eine Antwort auf die Frage geben zu können.

Unter Bedingungen der globalen Integration gibt es eigentlich keine eindeutige Wahl. Vorher war bekannt, dass Russland vielleicht nächstes Jahr der WTO beitreten würde. Es gibt eine Integration auf einem deutlich höheren Niveau.

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Aus den Risiken folgere ich, dass die Ukraine nicht zu einem Subjekt sondern zu einem Objekt der Steuerung von Außen wird und dabei ganz stark von den IWF-Krediten abhängt.

Sergej Kosjakow, Jurist, Experte für Außenhandel: Inwieweit sind die WTO, die Zollunion und das Freihandelsabkommen einander ähnlich? Diese Abkommen unterscheiden sich nach ihren Inhalten und nach der Integrationsstufe. Es sind einfach unterschiedliche Sachen.

In der Zollunion geht es mehr um Tarifsätze. Das Freihandels- und WTO-Abkommen haben einfach ein breiteres Anwendungsspektrum. Im Abkommen mit der EU sind 13 Punkten festgehalten: Waren, Handel, stetige Entwicklung, Herkunft von Waren, geistiges Eigentum, Zollkontrolle und Förderung des Handels… der Tarifsatz wird nur erst unter Punkt 11 erwähnt!

Die juristischen Kooperationsmechanismen in der Zollunion haben wir noch nicht abgestimmt. Auf bilateraler Seite haben wir das schon gemacht und sie fanden auch ihre Anwendung, aber nicht im Rahmen der Zollunion.

Fachkräfte als ein Aspekt. An den Verhandlungen mit der WTO und Freihandelszone beteiligt sich der Stellvertreter des Wirtschaftsministers Pjatnizkij, der 15 Jahre in diesem Bereich arbeitet und der zweifellos auch ein Fachmann ist. Und wer ist es bei Russland? Dort wechselt ständig das Team.

Die Beteiligung ukrainischer Hersteller ist auch in der Zollunion problematisch. Ich war bei den Gesprächen dabei, bei denen der Wirtschaftsminister direkte Fragen stellte, auf welche die Hersteller antworteten: Wie sind nicht bereit. Zuerst bekommen Sie das Recht, das Wort „Kognak“ zu schreiben und dann schauen wir mal. Es ist ein sehr schwaches Herangehen.

Mir persönlich gefällt es mehr, wenn die Ukraine als Beobachterin in der Zollunion auftritt.

Olga Filimontschik, 1. Sekretärin bei der Botschaft der Republik Belarus in der Ukraine: Die Bildung der Zollunion ist ein Prozess. Er nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch. Dies können wir am Beispiel von der Vereinbarung der Tarifsatzregelungen sehen, das war eine mühevolle Arbeit von drei Ländern, als eine gemeinsame Lösung gefunden wurde. Der Handel in einem Raum und die Abschaffung der inneren Grenzen bedeutet, dass die Gesetzgebung in dieser Sphäre an das einheitliche Herangehen in vielen Bereichen angepasst werden soll: in Fragen der Übereinstimmung der Waren, Gesundheitsüberwachung und Tarifsätzen.

Die Ukraine ist für Belarus der zweitgrößte Partner nach Russland. Unsere nicht nur wirtschaftlichen Beziehungen, sondern auch industriellen sind auf hohem Niveau. Ich denke nicht, dass die Schaffung der Zollunion die bilateralen Beziehungen beeinflussen wird.

Alexej Uryn, Berater, Leiter der Gruppe für Wirtschaftspolitik der Botschaft der Russischen Föderation in der Ukraine: Ein paar Worte über den Einheitlichen Wirtschaftsraum (EWR). Die Zollunion funktioniert bereits und ist in ukrainischen Expertenkreisen bekannt.

Das ist eine abgeschlossene Etappe. In diesen Tagen werden Sitzungen der höchsten Organe der Zollunion stattfinden und grundlegende Dokumente unterzeichnet. Wenn nicht sofort, dann wird diese Frage in sechs Monaten gelöst. Es geht nicht nur um die Bildung der einheitlichen Zollunion, sondern um einen vollwertigen Wirtschaftsraum, in dessen Rahmen wir ab 1. Januar 2012 die Möglichkeit haben werden frei Waren, Fachkräfte und Energieressourcen umzusetzen.

Der EWR wird zu einem einheitlichen Organismus mit einem System an technischen Regelungen und Standards.

Wir kommen zu einem anderen Niveau der Integration, wo drei Wirtschaften gleiche Konkurrenzmöglichkeiten bekommen und auch ihre Positionen auf Drittmärkten verbessern werden.

Die Integration in den europäischen Wirtschaftsraum ist auch ein Ziel für Russland, sowie auch für die Ukraine. Ich sehe hier keine Gegensätze, und von zusätzlichen Vorteilen werden alle nur profitieren. Das ist auch offensichtlich.

Jetzt mehr über die Ukraine. Heute ist noch schwierig den gemeinsamen Nutzeffekt für alle Warengruppen zu nennen. Eines ist klar, von der Abschaffung der Zollgrenzen profitieren automatisch alle, die im GUS-Markt arbeiten. Es gibt auch direkte Vorteile bei allgemeinen Preisen auf Energieträger. Bis 2015 haben wir vor, einen Einheitspreis innerhalb und außerhalb Russlands zu erzielen. Im Rahmen des EWRs wird von 150 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter die Rede sein. Das ist um 100 US-Dollar billiger als der jetzige Preis für die Ukraine einschließlich der Ermäßigung. Die jährliche Einsparung für Erdgas wird sich auf 3 – 3,5 Milliarden US-Dollar belaufen, für Erdöl und Erdölprodukte – auf bis 2 Milliarden US-Dollar. Ganz zu schweigen von anderen Vorteilen.

Hat Russland ein Interesse daran? Russland ist wie auch andere Staaten an der Markterweiterung interessiert. Die Ukraine ist ein attraktiver Markt.

Wladimir Kornilow, Direktor der Kiewer Filiale Instituts der GUS Staaten: Ich glaube nicht, dass der neue Punkt über die Freihandelszone in der Resolution vom Europaparlament von einer Aktivierung der EU zeugt. Tatsächlich hat noch Juschtschenko gesagt, wie wir uns erinnern, dass die entsprechenden Verhandlungen im letzten Jahr enden werden, genauso wie Janukowitsch versprach, dass die Verhandlungen in diesem Jahr abgeschlossen werden …

In der Tat, erwartete man das Abkommen fast bis zum Ende dieses Jahres. Zahlreiche strittige Fragen wurden geregelt, aber die Position der EU blieb hart.

Heute wurde auch erwähnt, dass die russische Regierung die Freihandelszone nicht ohne Ausnahmen anbietet. Die EU bietet solche auch nicht. Und jene Einschränkungen, die jetzt vorbereitet werden, berücksichtigen die Besonderheiten des ukrainischen Marktes nicht. Wir öffnen unseren Markt, sie aber nicht. Es ergibt sich eine Einbahnstraße bei für uns wichtigen Waren, dabei ist unklar für welchen Zeitraum.

Darum lohnt es sich nicht darüber zu sprechen, welche der Freihandelszonen vorteilhafter ist.

Gespräche über Unterschiede, über das was die Freihandelszonen verbieten… Wir sollten im Kopf behalten, dass Vietnam zuerst der ASEAN-Freihandelszone beigetreten ist und erst nach neun Jahren wurde es Mitglied der WTO. Andere ASEAN-Mitglieder dagegen waren schon damals in der WTO. Und das widersprach keinen Regeln.

Die Gespräche darüber eine Priorität zu wählen und dieser zu folgen, entspricht nicht der realen Lage.

Hervorzuheben sei, dass als die Krise begann, Europa konkrete protektionistische Maßnahmen einführte, unter anderem gegenüber der Ukraine und Russland. Schauen Sie sich die Zahlen an und dann werden Sie sehen, dass der Anteil des Exportes in die EU nicht ein Drittel, sondern ein Viertel für die Ukraine beträgt, und der Anteil in die GUS-Länder stieg auf 40%.

Das bedeutet aber nicht, dass wir mit Europa keine Geschäfte machen sollten, doch ich möchte einfach ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass das Abkommen über die Freihandelszone eine Menge von zusätzlichen Barrieren enthält. Anforderungen an die Qualität beispielsweise. Sie sind für viele unsere Hersteller in nächsten Jahren nicht überwindbar.

10. Dezember 2010

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:   Ljudmyla Melnyk — Wörter: 1880

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