Gestern beschloss die Werchowna Rada den Gesetzentwurf des Präsidenten über eine Entkriminalisierung von Wirtschaftsverbrechen. Der Opposition gelang es nicht eine Bestätigung der Änderungen zu erreichen, welche die Auslegung des Paragrafen 365 des Strafgesetzbuches abmildern, nach dem Ex-Ministerpräsidenten Julia Timoschenko verurteilt wurde. Damit wurde ein Schlusspunkt unter die Befreiung der Führerin von „Batkiwschtschyna/Vaterland“ auf parlamentarischem Wege gesetzt und jetzt kann ihre Freilassung nur durch Druck auf die Ukraine seitens der europäischen Öffentlichkeit erreicht werden, meinen ihre Anhänger, die nicht damit rechnen, dass das Berufungsgericht Timoschenko freispricht.
Die Diskussion des Gesetzentwurfes Nr. 9221 über die Entkriminalisierung von Wirtschaftsverbrechen, der von Präsident Wiktor Janukowitsch eingebracht wurde, nahm die gesamte Morgensitzung und einen Teil der Abendsitzung der Werchowna Rada ein. Im letzten Moment verzichteten die Vertreter der Partei der Regionen, die sich am Vortag dazu entschlossen hatten eine Blockade der Parlamentstribüne durch Oppositionsvertreter nicht zuzulassen, auf die Idee Kampfpositionen im Präsidium einzunehmen, um einen positiven Ausgang der Abstimmung über den Gesetzentwurf des Präsidenten sicherzustellen. Grund dafür war die Position der Fraktion „BJuT-Batkiwschtschyna“ („Block Julia Timoschenko – Vaterland“), deren Abgeordnete ein nicht geringeres Interesse an dem Beschluss des Gesetzes zeigten. Sie rechneten damit, dass das Parlament trotzdem für die eingebrachte Änderung stimmt, die den Paragrafen 365 aus dem Strafgesetzbuch entfernt, nach welchem die Führerin von „Batkiwschtschyna“, Julia Timoschenko, sieben Jahre Gefängnishaft erhalten hatte.
Der Gesetzentwurf des Präsidenten „Über eine Humanisierung der Bestrafung von Verbrechen im Bereich wirtschaftlicher Tätigkeit“ sieht Änderungen in der Bestrafung von Wirtschaftsverbrechen von Freiheitsentzug zu Geldstrafen vor. Mit dem Dokument werden Änderungen in das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und ebenfalls in das Gesetzbuch zu Rechtsverstößen im Verwaltungsbereich eingetragen. Ein großer Teil der Neuerungen betrifft den Abschnitt VII des Strafgesetzbuches „Verbrechen im Bereich wirtschaftlicher Tätigkeit“. Aus diesem werden 18 Paragrafen entfernt. Dabei geht die Rede von der Abschaffung einer strafrechtlichen Verantwortung für Schmuggel von Waren, fiktiven Bankrott, ungesetzliche Handlungen im Falle eines Bankrotts, Verteilung von Wertpapieren ohne Registrierung der Ausgabe, Betrug von Käufern und Auftraggebern (siehe “Kommersant-Ukraine” vom 19. September).
Den Gesetzentwurf stellte der Leiter des Parlamentsausschusses zu Fragen der gesetzlichen Gewährleistung der Rechtspflegetätigkeit, Wiktor Schwez („BJuT-Batkiwschtschyna“), vor. Er teilte mit, dass die Abgeordneten 222 Änderungen eingereicht haben. Die „Änderung Timoschenko“ lag unter der Nummer 95 vor. Ihr Autor, Schwez, schlug eine neue Redaktion des Paragraphen 365, Absatz 3 zu beschließen vor – eben jener Teil, nach dem Julia Timoschenko unter der Anschuldigung des Missbrauchs der Dienstposition (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 12. Oktober) verurteilt worden war. „Meine Änderung steht nicht damit in Verbindung, dass Staatsbedienstete von der strafrechtlichen Verantwortung befreit werden. Im Gegenteil sieht diese vor, dass Staatsbedienstete unbedingt zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden, doch nur dann, wenn sie irgendwelche Korruptionshandlungen vollzogen haben“, erklärte Schwez.
Zur Erinnerung: Timoschenko wurde nur für den Missbrauch der Dienstposition verurteilt und das Gericht versuchte nicht einmal festzustellen, ob sie sich von Korruptionsmotiven leiten ließ.
„Der ganze Saal stimmt mit ‘ja’!“, rief der Erste Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden von „BJuT-Batkiwschtschyna“, Andrej Koshemjakin, im Moment der Abstimmung aus.
„Nein!“, parierte der Erste Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden der Partei der Regionen, Michail Tschetschetow, und winkte charakteristisch mit seiner Hand, damit den „Regionalen“ das Zeichen gebend, die vorgeschlagene Änderung nicht zu unterstützen.
Die „Änderung Timoschenko“ wurde von 157 Abgeordneten bei für den Beschluss notwendigen 226 Stimmen unterstützt.
„Jetzt ist für alle offensichtlich, dass man die Akten zu allen Verhandlungen, die von dieser Regierung, dem Präsidenten über eine europäische Wahl geführt wurden, darüber, dass wir irgendwohin nach Europa gehen, geschlossen werden können“, kommentierte Alexander Tschernowolenko („Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung“) die Ergebnisse der Abstimmung.
„Wir hätten eine Befreiung der Führerin der Opposition, Julia Timoschenko, erreicht. Doch Ihr fürchtet Euch!“, schrie Natalja Korolewskaja („BJuT-Batkiwschtschyna“) von ihrem Platz aus. „Ihr haltet Julia heute im Gefängnis, da Ihr eine reale politische Konkurrenz fürchtet. Und Ihr real fürchtet, Eure Macht zu verlieren.“
Unter „Schande!“, „Schande für die Partei der Regionen!“ Rufen, bewegten sich die Abgeordneten der Fraktion „BJuT-Batkiwschtschyna“ zur Parlamentstribüne, wo Andrej Koshemjakin mit einer politischen Erklärung auftrat. „Die heutige Abstimmung im Sitzungssaal hinterlässt keine Zweifel: die Regierung möchte nicht auf politische Repressionen verzichten. Mit der physischen, moralischen, politischen Vernichtung des Stolzes der Ukraine – Julia Timoschenko – werden Sie nichts erreichen“, erklärte er, dabei mitteilend, dass die Fraktion aus Zeichen des Protests den Sitzungssaal verlässt, doch den Kampf „für unsere Führerin, für die Ukraine, für die Demokratie“ nicht einstellen wird.
Das Gesetz über die Entkriminalisierung beschloss man bereits ohne die Opposition. Faktisch wurde es in der Redaktion beschlossen, die Wiktor Janukowitsch dem Parlament vorgeschlagen hatte. Am Ende wurde es in der zweiten Lesung von 268 Abgeordneten unterstützt.
Beim Verlassen des Saals erklärten die Vertreter von „BJuT-Batkiwschtschyna“, dass man bereits heute, am Oppositionstag im Parlament, in den Sitzungssaal zurückkehren wird. Jedoch stützen sich die Oppositionellen bei ihrer Tätigkeit zur Befreiung von Julia Timoschenko hauptsächlich auf die Aufklärung der internationalen Öffentlichkeit und vor allem der Botschafter über den Verlauf der Abstimmung und ihre Vorschläge für das Gesetz über die Entkriminalisierung.
„Wir wurden anderthalb Monate an der Nase herumgeführt, indem man uns sagte, dass dort (im Gesetz) irgendetwas sein wird, irgendetwas herauskommen wird, und wir haben alles dafür getan – zuerst blockiert und uns danach an den Verhandlungstisch gesetzt“, gab der Fraktionsvorsitzende von „BJuT-Batkiwschtschyna“, Iwan Kirilenko, gegenüber dem “Kommersant-Ukraine” zu. Er betrachtet nicht nur die Opposition als betrogen, sondern auch die Vertreter der Europäischen Union, denen Wiktor Janukowitsch zu verstehen gab, dass eben das Gesetz zur Entkriminalisierung ein Ausweg aus der Situation um Timoschenko sein wird, die man in Europa als Opfer politischer Repressionen ansieht.
Zur Erinnerung: Nach der Urteilsverkündung für die Führerin von „Batkiwschtschyna“ verkündete die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, die „tiefe Enttäuschung der EU“. „Ich hoffe, dass die Änderungen im Strafgesetzbuch, die man im Parlament diskutiert, bald verabschiedet werden“, erklärte der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, seinerseits (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 12. Oktober).
Nach diesen Erklärungen sprach sich Wiktor Janukowitsch für eine Entkriminalisierung des Paragrafen 365 des Strafgesetzbuches aus. „Heute, wo diese Frage auf der politischen Ebene so drängend ist, alle die Aufmerksamkeit darauf richten, dass die Gesetzgebung das Gesetz, dieser Paragraf 365, nun den man in vielen Ländern zu den Verwaltungsverstößen oder politischen Problemen zählt, den europäischen Standards, den Prozeduren nicht entspricht. Wenn Sie dann die Frage stellen, ob ich damit einverstanden bin oder nicht (mit der Entkriminalisierung des Parapgraphen 365), dann stimme ich dem fraglos zu“, erklärte Janukowitsch in Kamjanez-Podilskyj.
Bemerkenswert ist, dass der Fraktionsvorsitzende der Partei der Regionen, Alexander Jefremow, sich gestern ebenfalls auf die ausländische Erfahrung berief, in der Tat war der Sinn seiner Erklärung dem derjenigen des Präsidenten genau entgegengesetzt. „Analoge Normen (die vom Paragrafen 365 des Strafgesetzbuches vorgesehen sind) gibt es in der Gesetzgebung der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Italiens. Uns wurde gesagt, dass wir unsere Gesetzgebung mit der europäischen abstimmen sollen. Dann sollen die Initiatoren der Änderung dieses Paragrafen ihre Anmerkungen an die europäischen Normen richten“, schlug Jefremow gestern vor.
Die Meinung des Westens und die Möglichkeit von Druck auf Wiktor Janukowitsch vonseiten der europäischen Strukturen und der Staatsoberhäupter der EU blieben, wie es aussieht, die einzige Hoffnung für die Opposition darauf, dass eine ihrer Führerinnen in Freiheit kommt. Nach der gestrigen Abstimmung kam man in der Fraktion „BJuT-Batkiwschtschyna“ endgültig davon ab, dass das Berufungsgericht, bei dem bereits die Beschwerde über das Urteil (siehe Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 26. Oktober) eingereicht wurde, auf der Seite von Julia Timoschenko stehen wird. „Es bleiben keine Varianten zur Befreiung von Julia Wladimirowna (Timoschenko) unter Zuhilfenahme der Gesetzgebung mehr übrig. Dazu gibt es keinen politischen Willen“, gab Kirilenko zu.
Olga Kurischko
Quelle: Kommersant-Ukraine
Forumsdiskussionen
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„@lev dann wünsche ich Dir eine gute Reise, es war sehr schön in LVIV, muss unbedingt nochmals so eine Rundreise machen. Ich habe so wundervolle Menschen kennengelernt, ich bin zutiefst beeindruckt! Es...“
lev in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Danke Bernd für deine Eindrücke. Ich fahre Ende Mai wieder für mehrere Wochen nach Lviv. Nicht um Urlaub zu machen, sondern in unsere Wohnung. Hatte sie ja vor dem Krieg, aufwendig saniert und möchte...“
Bernd D-UA in MDR • Re: Ukraine: Trotz Krieg Touristen
„Hallo liebe Forengemeinde und Mitleser, ich bin gerade auf einem Kurztripp durch die Ukraine. Es ist wunderschön wieder hier zu sein. Es fehlen die Touristen, gestern habe ich einen persönlichen und...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Kurzer Bericht, hab dann doch den Wachwechsel erwischt, bei den Polen ging dann bestimmt 45 Minuten gar nix. Und dann wurde in zwei Schüben eingelassen, ich finde, dann ging es in einem guten Tempo voran....“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Bin jetzt da, 10 PKW vor mir, das ist akzeptabel, ist ja auch der 1.Mai. Bin zufrieden mit der Situation. @Frank Fahre immer noch ein schwarzes Auto... kennst doch meine Erfahrung mit der Polizei in UA...Kaffeebraun...“
Frank in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Probier doch einfach. Wenn der offen ist doch alles ok. Bin da glaube mal zurück drüber gefahren. War dann nur eine ewige Kurverei bis zur A4. Bin da aber eh erstmal bis Krakau. Kann natürlich auch...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Schade, dass es keine Info´s zu Zosin gibt, wer aber noch was weiß, bitte schreiben, ich fahre jetzt in 30 Minuten los und kann immer noch in ca. 10h bei einem Stopp nochmals nachlesen. Google Maps schickt...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Diesen Grenzübergang hatte ich schon auf dem Schirm, kenne ihn nur noch nicht. Kann jemand noch etwas zu Zosin sagen, wäre ja auch machbar oder lieber nicht? Vielen Dank Bernhard.“
bernhard1945 in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Hallo Bernd Es hängt etwas davon ab, wohin Du in Ukraine fahren möchtest. So wie es scheint möchtest Du (wie ich normalerweise) in Richtung Kiew fahren. Ich benütze deshalb seit Jahren den Übergang...“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Ergänzend, möchte nach Luzk fahren, ist ja sicherlich nicht uninteressant für einen Ratschlag.“
Bernd D-UA in Berichte und Reisetipps • Re: An welchem Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine geht es am schnellsten?
„Möchte morgen über Nacht in die Ukraine fahren und plane die Ankunft an der Grenze sehr früh am Morgen. Fahre entweder über Polen oder ggf. über Tschechien, je nachdem was google maps empfiehlt. Normalerweise...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Visa D14
„Das ist ein simples D-Visum, wie man es auch in Deutschland für die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung braucht. Man benötigt dazu keine Mindestaufenthaltszeit. Auch bei der Aufenthaltserlaubnis...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Mit dem Zug in die Ukraine
„Zunächst möchte ich sagen, daß die PKP für die Sitzplatzzüge, die zum Beispiel von Kattowitz bis nach Przemysl fahren, die Preise nicht erhöht hat. Allgemein gilt die Polnische Staatsbahn eher als...“
MHG1023 in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„"Warum verlangt die PKP von den Fahrgästen solch einen Preis ?" - Weil sie es können ... Die Nachfrage dürfte weiter hoch sein und weil es keine vergleichbaren Alternativen gibt (Buslinien über Nacht...“
JohannesTim in Berichte und Reisetipps • Re: Mit dem Zug in die Ukraine
„Die Polnische Staatseisenbahn PKP Intercity S.A. erhöhte für den Schlafwagen-Zug D 68 am 1. Februar 2025 die Fahrpreise um + 38 Prozent. : Vom Warschauer Ostbahnhof fährt abends um 17.49 Uhr der Schlafwagen-Zug...“
HelloMick in Hilfe und Rat • Brauchen Hilfe bei Diia Registrierung
„Hallo. Meine Ex-Frau ist schon über 22 Jahre in Deutschland. Jetzt benötigt sie einen Termin für das Konsulat. Aber es werden nur Termine über Diia vergeben. Kann uns jemand erklären wie das genau...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Visa D14
„Hallo..... Ich benötige nochmals euer Schwarmwissen.... Bin seit Dezember letzten Jahres in der Ukraine verheiratet worden Jetzt meine Frage.....ich habe auf der Seite der ukrainischen Botschaft einen...“