Das Neujahrsfest ist gerade vorbei, und schon tobt in der Hauptstadt einmal mehr ein erbitterter Kampf um die Wärmeversorgung. Die Unternehmen fechten weiter ihren privaten Krieg aus, während wir zu Geiseln dieser Auseinandersetzung werden.
Erneut fordert „Kiewenergo“ 300 Millionen von der Stadtverwaltung, und diese schiebt die Verantwortung von sich mit der Begründung, dass „von oben“ kein Geld da sei.
Sämtliche Zeitungen berichten, dass den Kraftwerken das Heizöl ausgeht und die Wärmeversorgung in Kiew bald zusammenbrechen wird. Wer ohne Heizung und warmes Wasser auskommen muss, hört man, solle sich Herrn Tschernowezkij zum Vorbild nehmen, der sich schon seit Jahren mit kaltem Wasser abhärtet.
Währenddessen sind die Stadtoberen sehr erfinderisch bei der Einführung ständig neuer Steuern und Abgaben. Mit treuherzigem Augenaufschlag bekräftigte Tschernowezkij noch vor den Feiertagen gegenüber Journalisten, dass „für jede Kleinigkeit“ bezahlt werden musste – ganz zu schweigen von der Besteuerung der Atemluft in der Hauptstadt.
Selbst der kalte Winter kann den Eifer des Bürgermeisters nicht dämpfen, der seine Kiewer so sehr „liebt“, dass ihnen von seiner Umarmung die Luft wegbleibt. Für die Mittelschicht hat er erst einmal eine Erhöhung der Wohnungsmieten geplant. Das bereits vereinbarte „Waffenstillstandsabkommen“ (offizielle Mietpreismoratorium) stört ihn dabei keineswegs.
Dann knüpft er sich die Rentner vor: die kommen alle ins Altersheim, wo sie auf Staatskosten jeden Tag roten Kaviar essen können – aber ihre Wohnungen sollen neu vermietet werden. Diejenigen, die etwas anderes wollen, als Kaviar im Altersheim, haben halt Pech: nicht jeder Rentner wird es sich leisten können, seine Wohnung anschließend wieder zu beziehen. Diesem Rundumschlag des Bürgermeisters können selbst die Gerichte kaum Einhalt gebieten.
Der Bürgermeister als erklärter „Verfechter der Freiheit“ heuchelt immer und überall: im Fernsehen und in der Presse wird er nicht müde zu wiederholen, in Kiew sei „alles bestens“. Nach nur wenig mehr als einem halben Jahr haben sowohl die Einwohner von Kiew als auch die höheren staatlichen Stellen begriffen, dass sein einziges Ziel ist, sich auf jede nur erdenkliche Art schamlos zu bereichern.
Anfangs war Tschernowezkij für viele ein ganz neues Phänomen: viele amüsierten sich über seine Äußerungen, die in den Medien sogar unter „kein Kommentar“ zur allgemeinen Erheiterung präsentiert wurden. Heute ist selbst dem Präsidenten das Lachen vergangen, der sich vergeblich bemüht, den unersättlichen Appetit seines Bürgermeisters zu zügeln.
Für den Anfang beraubte er die Kiewer ihrer Wald- und Parkflächen – damit aber nicht genug. Irgendwie rutschte ihm einmal heraus, in der Präsidialverwaltung säßen „alle möglichen Lumpen“, die gefälligst auch die zehnfache Miete zu bezahlen hätten, falls es dem Bürgermeister einfallen sollte, eine solchen Anordnung zu erlassen.
Etwas später besann er sich jedoch eines besseren und strich die höchsten Organe wieder von seiner Liste. All dies passierte, nachdem in Kiew allgemein die Stimmung auf „Vorzeitige Neuwahlen!“ drehte – eine Ohrfeige für Tschernowezkij – und er öffentlich seine besondere Sympathie für die Rentnerinnen der Hauptstadt bekannt hatte; schließlich rekrutiert sich genau hier der Großteil seiner Wählerschaft.
Die Wirtschaft ächzt unter ständig steigenden Abgaben – den Rentnern dagegen verspricht er goldene Berge und „Forellenteiche in den städtischen Parks“. Auch sollen sich alle, die in Kiew leben oder arbeiten gefälligst daran gewöhnen, dass die, die ihn nicht wählen, für ihn nicht existieren.
Leider übersieht er dabei völlig, dass es eben diese arbeitenden Menschen sind, die seine Wählerschaft und den leeren Stadthaushalt „durchfüttern“.
Seinen bisherigen Höhepunkt erreicht der Zynismus des Bürgermeisters mit dem Ausverkauf seiner Stellvertreter, oder besser gesagt der Geschäftsessen mit letzteren. Diese vom Bürgermeister initiierten sagenhaft teuren Festessen mit Frau Kiltschizkaja und seinen anderen Stellvertretern werden von der Justiz schweigend „geschluckt“.
Auch die Medien üben sich darin, solche Fakten entweder zu verschweigen oder völlig verdreht wiederzugeben.
Schlecht bestellt ist es um die Rede- und Meinungsfreiheit in der Hauptstadt. Verbot der Zeitung „Kiew am Abend“, Gängelung, Zwangsberichterstattung, umfassende Instrumentalisierung der kommunalen Medien – so sieht Meinungsfreiheit bei Herrn Tschernowezkij aus. Traurig genug, dass die Medien dieses peinliche Spiel mitmachen.
„Auf Wunsch bekommt von mir jeder Journalist eine lebenslange Erlaubnis zur Berichterstattung aus dem Kiewer Stadtrat – soweit das offizielle Statement des Bürgermeisters! Gleichzeitig bekomme ich selbst täglich Anfragen von Journalisten führender Medien mit der Bitte, mit einer Akkreditierung beim Bürgermeisteramt zu helfen.
Die Zensur, die ihren Höhepunkt während der Wahlen erreichte, ist auch jetzt noch allgegenwärtig: ständig bekommen Journalisten bei der Berichterstattung aus dem Stadtrat Anweisungen und Äußerungen von Tschernowezkijs Kumpanen und Beratern zu hören, wie „Bitte nicht von der linken Seite filmen!“, „Dort dürfen Sie nicht stehen.“ oder „Dazu kein Kommentar“.
Der Gipfel des Zynismus von Seiten des Bürgermeisters ist ohne Zweifel die Enthüllung des Denkmals für Georgi Gongadse. Juschtschenko erschien erst gar nicht zu dieser Veranstaltung, Georgis Mutter und die Witwe waren gegen dieses Spektakel.
Aber wer kann schon einen Bürgermeister aufhalten, der beschlossen hat, sich wieder einmal mit großem Pathos an die Öffentlichkeit zu wenden?
Auf offizielle Anweisung wurde also der Todestag des bekannten Journalisten, wie andere Gedenktage davor und danach, als Parade der Eitelkeiten und aufgesetzten offiziellen Bekundungen instrumentalisiert. Ich denke, Georgi selbst hätte gewollt, dass statt eines Denkmals für fast 7 Millionen Griwna aus zweifelhafter Quelle in der Ukraine endlich die Freiheit der Medien verwirklicht wird, für die er als Journalist immer gekämpft hat.
Es scheint, als ob der Bürgermeister sich so selbst ein Denkmal setzen wollte, damit, wie er selbst sagte, „alle frisch vermählten Paare am Sonntag zu diesem Denkmal pilgern, um sich mit ihrem geliebten Bürgermeister fotografieren zu lassen“.
Leider schweigen diejenigen zu alledem, deren ureigenste Aufgabe es ist, wahrheitsgetreu öffentlich zu berichten; und diejenigen, die unter diesem Schweigen leiden, kehren ihrerseits die Wahrheit weiter unter den Teppich. Damit meine ich sämtliche Behörden und städtischen Einrichtungen – vom Kindergarten bis zum untersten Angestellten der Stadtverwaltung am Krestschatik Nr. 36.
Die Kindergärten und Schulen wagen nicht, öffentlich anzuprangern, dass durch die populistischen Maßnahmen des Bürgermeisters die finanziellen Mittel fehlen, um im neuen Jahr die Ernährung der Kinder sicherzustellen und für die nötige technische Ausstattung von Geburts- und Nervenkliniken zu sorgen.
Diese Tatsachen öffentlich zu machen ist den Leitern jener Einrichtungen vorbehalten, die mit dem Mut der Verzweiflung gegen den totalen Kollaps ankämpfen, und denjenigen, denen die „Krise“ nichts weiter anhaben kann, da sie ohnehin keine Arbeit haben.
Ich respektiere die Meinung und die Wahl aller Kiewer, die ihre Stimme für Tschernowezkij gegeben haben; bitte bedenken Sie jedoch auch, dass es nicht richtig und wert sein kann, das Wohl Ihrer Kinder und Enkel gegen kurzfristige Annehmlichkeiten wie Glückwunschkarten, überlagerten Buchweizen, alle möglichen Geschenke mit und ohne Anlass mit Lieferung „frei Haus“ einzutauschen.
Ich weiß genau, dass in unserer Ukraine nicht nur Bedürftige leben, sondern vor allem nüchtern denkende Menschen, die vor allem wollen, dass sie im neuen Jahr Strom, Heizung und Warmwasser haben. Unsere Menschen brauchen wieder Zukunftssicherheit.
Rede- und Meinungsfreiheit bedeutet für uns alle: Wir haben die Wahl im neuen Jahr! Ich wünsche Ihnen allen die Kraft und Gesundheit, auch im neuen Jahr nicht auf die Heucheleien der derzeitigen Machthaber hereinzufallen.
Ich selbst wünsche mir nichts sehnlicher, als dass wir in Kiew wirklich sagen könnten: „Alles bestens!“. Das geht jedoch nur mit einem neuen Bürgermeister.
Witali Klitschko
Quelle: Ukrajinska Prawda
Forumsdiskussionen
Tombi in Wirtschaft • Re: Heikle Gespräche über russisches Gas
„Für einen wirklichen Vergleich solltest du die Erdgaspreise vom September 2021... Warum 2021? Ich sehe das nicht so, die Gaspreise sind erst im Februar 2022 gestiegen. Wer unbedingt den September 2021...“
Tombi in Politik • Re: Ukraine klagt über schlechte Munition aus dem Westen
„Handelsblatt hat nur einen "nicht abonnenten Blocker" dazwischen geschaltet. Ich kann diesen Artikel also nicht lesen. Aber: überall wird jemand versuchen seine Schrottmunition, 50 Jahre auf Lager gelegen,...“
Tombi in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Warum wird heiraten eigentlich so schwierig gemacht? Sollte doch reichen, wenn er nach Kiev reist, seine Papiere vorlegt, vielleicht noch übersetzen (3 Tage), und danach heiraten kann. Ansonsten muss...“
Tombi in Wirtschaft • Re: Heikle Gespräche über russisches Gas
„Östereich hat sich übrigens bereits kräftig in den A**ch gekniffen, denn Deutschlands Grosshandelspreise für Gas liegen heute 20% unter denen vor dem 24.02.2022. Da sieht man mal an, wie uns die Herren...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„in der Tat. So geht das nicht. Das "Heiratsbüro" gibt kein grünes Licht, wenn die legale Einreise nicht überprüft wurde, was normal einige Wochen dauert. Dazu muss widerum die Eheschliessung angemeldet...“
MHG1023 in Allgemeines Diskussionsforum • Re: Wie sollte in der Ukraine mit den Sprachen umgegangen werden?
„Das die Ukraine einiges an Bodenschätzen hat, war mir bewußt und die Ukrainische Landwirtschaft hat auch für uns im Westen Relevanz. Sonnenblumenkerne zur Speiseölgewinnung waren bis Kriegsbeginn ein...“
Tombi in Allgemeines Diskussionsforum • Re: Wie sollte in der Ukraine mit den Sprachen umgegangen werden?
„Dadurch daß Rußland anscheinend auch die Russischsprachige Bevölkerung bombardiert und sie aus ihren Häusern und ihrer Heimat in der Ukraine treibt oder getrieben hat - ohne Rücksicht auf irgendwas/irgendwen...“
MHG1023 in Allgemeines Diskussionsforum • Re: Wie sollte in der Ukraine mit den Sprachen umgegangen werden?
„Ganz klar, in der Ukraine spricht man ukrainisch. Zuerst dachte ich "warum holt jemand diesen alten Thread wieder aus der Versenkung", aber ich denke die Situation hat sich zwar durch den Krieg nicht grundsätzlich...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Nochmals an die Kanzlei Ahrens.....da ich leider nur 26 Tage im Lande sein kann wird es schwierig die Zeit meiner Überprüfung etc. einhalten zu können. Meine Frage Hochzeit planen wir erst wenn das...“
Tombi in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„recherchiert und blicke nicht ganz dabei durch von wann meine 90 Tage in 180 gerechnet werden .... Ich war bei Polizei und Grenzschutz bei uns dort kannte sich keiner aus damit Was, wie wo? Du bist doch...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Hallo aus Aachen.....eine Frage Ich war 22 September 2023 bis 9 Oktober in der Ukraine Desweiteren vom 8 Dezember bis 7 Januar 2024 und vom 20 April bis 23 Mai und vom 16 August bis 14 September dort....habe...“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Bei Anreise Montag oder Dienstag, findet die Heirat Donnerstag oder Freitag derselben Woche statt. Natürlich werden die Unterlagen in der Zeit vorbereitet und Übersetzt. Nach der Hochzeit das Gleiche...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Hallo und danke für die Infos....wie lange würde es eurer Meinung nach dauern wenn ich euch für diesen Service in Anspruch nehmen würde?.....meine Unterlagen wären zu dem Zeitpunkt übersetzt und...“
Awarija in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Schöner Joke. Tatsachen wären mir aber lieber.“
Tombi in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„"Übrigens, dort ging am Wochenende ein Referendum durchgeführt und 97.5 % der Einwohner des Oblasts Kursk stimmten für den Anschluss zur Ukraine." Wäre mir ganz neu, hast Du Belege dafür ? Nein. hat...“
Awarija in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„"Übrigens, dort ging am Wochenende ein Referendum durchgeführt und 97.5 % der Einwohner des Oblasts Kursk stimmten für den Anschluss zur Ukraine." Wäre mir ganz neu, hast Du Belege dafür ?“
Tombi in Wirtschaft • Re: So gut verdient Rheinmetall an Munitionslieferungen für die Ukraine
„Natürlich ist Rheinmetall einer der Gewinner des Krieges: die Aktien dieser Fa. haben seit Kriegsanfang um 550% zugelegt. Mal zu dem Russophilen-Kriegsverlierer: Gazprom hat 2023 mit 6.5 Millarden USD...“
Tombi in Wirtschaft • Re: Heikle Gespräche über russisches Gas
„Ja, machen einige EU Länder, besonders Ungarn & Österreich, ein wenig auch die Slowakei. das wurde diesen auch erlaubt, weil sie 'rumstöhnten". Östereich hat sich übrigens bereits kräftig in...“
Tombi in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Das Putin Regime ist ja noch nicht einmal fähig genug Söldner mehr zu finden, um Kursk zu befreien. Übrigens, dort ging am Wochenende ein Referendum durchgeführt und 97.5 % der Einwohner des Oblasts...“
Gogol_3 in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Westliche Staaten sollten der Ukraine ermöglichen das techn. Knowhow das noch fehlt, bzw. entspr. Technologie, zukommen zu lassen. Dies sollte möglich sein ohne unangemessene Technik zu übergeben. Die...“
kurtus in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Westliche Staaten sollten der Ukraine ermöglichen das techn. Knowhow das noch fehlt, bzw. entspr. Technologie, zukommen zu lassen. Dies sollte möglich sein ohne unangemessene Technik zu übergeben.“
Gogol_3 in Politik • Re: Wird die Ukraine bald eigene Raketen produzieren?
„Wir das jetzt die Ausrede um irgendwie doch westliche Waffen für Angriffe tief in russisches Territorium zu ermöglichen? Wird auch nichts bringen. Wer sich kürzlich die Rede von Lloyd Austin angehört...“
hahnben in Ukrinform • Re: Angriff auf Hochhaus in Charkiw: Sechs Tote, 99 Verletzte
„dramatisch! Eine Freundin lebt in Charkiv“
Ahrens in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Ja, das ist so. Das war schon so lange der Fall, wie ich denken kann. Vor dem Krieg konnte man das aber auf 2-3 Tage verkürzen. Das war der Sinn, dieser sog. "Heiratsbüros", was in der Regel Kommunalunternehmen...“
Trick in Recht, Visa und Dokumente • Re: Heirat und nachfolgende Auswanderung
„Hallo aus krementschuk..... mittlerweile mein 4ter Aufenthalt dort.....unsere heiratspläne rücken näher.....jetzt bin ich davon ausgegangen das ich nach übersetzung aller Papiere einen Heiratstermin...“
Anuleb in Allgemeines Diskussionsforum • Re: "Warum Putin kein Demokrat sein darf"
„Naja, das Experiment mit der Demokratie in Russland ist doch schon ziemlich böse in die Hose gegangen. Ein wenig sind die den gleichen Weg gegangen, den auch Deutschland nach dem 1. WW und seinen ersten...“
Tombi in Allgemeines Diskussionsforum • Re: "Warum Putin kein Demokrat sein darf"
„Na, wer da noch einen Willen nach dem Nawalny MOrd noch erkennt, ist wohl blind.“
Tombi in Allgemeines Diskussionsforum • Re: Wie sollte in der Ukraine mit den Sprachen umgegangen werden?
„Ganz klar, in der Ukraine spricht man ukrainisch.“