FacebookXVKontakteTelegramWhatsAppViber

Zeitung Westi: «Wir werden nicht klein beigeben»

0 Kommentare

Der Zeitung Westi wird erneut von den Machthabern keine Ruhe gegeben: nach der Besetzung der Redaktion durch Steuerleute im Mai, haben SBU-Leute (Sicherheitsdienst der Ukraine) eine «Maskenshow» veranstaltet. Ich wurde gegen elf Uhr morgens von Kollegen angerufen, die sagte: fahr nicht auf Arbeit, uns hat der SBU besetzt. Soweit ich das später verstand, fand alles, wie mir Kollegen berichteten, nach dem bekannten Schema statt: es kamen Leute in Masken, blockierten unsere Leute und begannen mit der Durchsuchung. Im Moment der Besetzung befanden sich die Mitarbeiter der Wirtschaftsabteilung und der Internetredaktion der Zeitung Westi dort – über 50 Menschen. Dabei wurden niemand heraus- oder hereingelassen: die Planung mussten wir auf der Straße durchführen. Ja, wir versammelten das Kollektiv, verteilten die Themen und gingen im direkten Sinne an die Feldarbeit.

Denjenigen, die im Büro blieben, wurde nach einigen Stunden erlaubt Pizza zu bestellen – nun, die Sicherheitsleute hatten selbst Hunger und gestatteten den Journalisten auch gnädig zu essen. Alle wurden im schwülen Eingangsbereich eingesperrt und die SBU-Leute selbst, gingen natürlich raus. Es kamen Parlamentsabgeordnete, um zu klären, was Sache ist. Natürlich wurden sie nicht reingelassen (es gelang erst nach ein paar Stunden). «Westi ist durch das alles schon mal durchgegangen». Und dagegen habe ich persönlich auf dem Maidan gestanden.

Danach wurde gegen die Druckerei vorgegangen, in der nicht nur wir, sondern auch eine Reihe anderer ukrainischer Zeitungen und Zeitschriften (14 Zeitungen, einschließlich staatlicher Massenmedien – beispielsweise der Regierungskurier) gedruckt werden. Dabei war das Schema das gleiche (wozu ein neues ausdenken) – sie kamen an, blockierten die Arbeit und erklärten die Vorwürfe erst nach anderthalb Stunden.

Die Durchsuchung in unserem Büro endete am Abend. Die Sicherheitskräfte beschlagnahmten die gesamte Technik und Dokumente, bis hin zu den Arbeitsbüchern der Mitarbeiter des Unternehmens. Alles Beschlagnahmte verluden sie in einen Kleinbus und fuhren es fort. Sie nahmen die komplette Technik, einschließlich der Diktiergeräte, persönlicher Sachen und sogar persönlicher Zeichnungen mit, die bei einigen Mitarbeitern waren. Aus den Schreibtischschubladen wurde alles ausgekippt, aus den Beistelltischen alles ausgeschüttet. Auf dem Boden lagen die auseinandergenommenen Computergehäuse ohne Festplatten. Der Schrank des Fotodienstes mit teurer Technik wurde aufgebrochen. Übrigens wurde mein Notizblock mitgenommen, in dem ich Miniaturen für den KWN (Klub der Lustigen und Findigen, (post-)sowjetische Fernsehshow mit vor allem studentischen Teilnehmern) aus studentischen Zeiten aufbewahrt habe. Ich hoffe, dass die Sicherheitsleute das zu schätzen wissen.

Erst nach sieben Uhr abends wurden unsere Mitarbeiter freigelassen.

Allgemein ist es wie immer – keinerlei Kommentare (wie der Chefredakteur der Westi Igor Gushwa in seinem Blog schrieb, kam zwei Tage vor den Durchsuchungen in der Zeitung eine Publikation darüber heraus, dass die Tochter des SBU-Chefs Naliwajtschenko in den USA lebt und in einem der prestigereichen Stadtbezirk New Yorks lebt). Die Anschuldigungen wurden uns erst nach der Besetzung präsentiert. Die Zeitung Westi wird des Separatismus verdächtig, dafür dass im Wochenmagazin Reportjor verschiedene Reportagen veröffentlicht wurden, die, wie man sagt, auf der anderen Seite der Barrikade aufgezeichnet wurden. Dass dies die Pflicht des Journalisten ist – Informationen von beiden Seiten erlangen und veröffentlichen – wurde wohlweislich vergessen. Wie auch vergessen wurde, dass man derartige Vorwürfe allen anderen ukrainischen Massenmedien gegenüber erheben kann.

Auch in den sozialen Netzwerken nichts Neues: die «Kollegen» begannen freudige Posts zu verbreiten, dass man uns endlich zumacht. Ich erinnere mich nicht an derartige Posts in Bezug auf den Sender TVi (Fernsehsender, dem zu Zeiten von Janukowitsch das Leben schwer gemacht wurde, A.d.Ü.), als die Maskenshows bei ihnen vorbeischauten. Tja, die journalistische Gemeinschaft in der Ukraine ist bereits seit langem verfeindet – jemand mag uns nicht aus Neid, jemand stellt seine «bürgerliche Position» höher als die berufliche. Die Kollegen vergessen, dass ein Journalist in erster Linie ein leidenschaftsloser Weitergeber der Ereignisse ist und erst danach ein Aktivist, ein gesellschaftlich aktiver Mensch und so weiter. Man vergisst auch, dass in unserem Land sich alles schnell ändert und wenn sie zu ihnen kommen, weil sie missliebig geworden sind, wird sie niemand mehr verteidigen können.

Gesonderten Dank denjenigen, die schrieben, anriefen und sich sorgten, die begreifen, dass alles, was mit uns vor sich geht, Willkür ist. Ich möchte Euch sagen – Leute, wir werden nicht klein beigeben. Und wir werden weiter arbeiten. Und wir werden die Wahrheit noch lauter verbreiten – denn Erschwernisse härten ab. Der Kampfgeist des Kollektivs ist hoch und wird nicht sinken, was auch passieren mag.

Zu guter Letzt: Wenn es wirklich irgendwelche begründeten Vorwürfe gibt, dann lasst sie uns zivilisiert lösen und nicht über Maskenshows. Ich glaube immer noch aufrichtig, dass Europa bei sich selbst beginnt.

Juliana Skibizkaja

Quelle: Westi

Den täglichen oder wöchentlichen Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben!

Übersetzer:   Andreas Stein — Wörter: 746

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Vielleicht sollten Sie eine Spende in Betracht ziehen.
Diskussionen zu diesem Artikel und anderen Themen finden Sie auch im Forum.

Benachrichtigungen über neue Beiträge gibt es per Facebook, Google News, Mastodon, Telegram, X (ehemals Twitter), VK, RSS und täglich oder wöchentlich per E-Mail.

Artikel bewerten:

Rating: 6.4/7 (bei 5 abgegebenen Bewertungen)

Neueste Beiträge

Kiewer/Kyjiwer Sonntagsstammtisch - Regelmäßiges Treffen von Deutschsprachigen in Kiew/Kyjiw

Karikaturen

Andrij Makarenko: Russische Hilfe für Italien

Wetterbericht

Für Details mit dem Mauszeiger über das zugehörige Icon gehen
Kyjiw (Kiew)32 °C  Ushhorod30 °C  
Lwiw (Lemberg)28 °C  Iwano-Frankiwsk29 °C  
Rachiw19 °C  Jassinja21 °C  
Ternopil24 °C  Tscherniwzi (Czernowitz)30 °C  
Luzk27 °C  Riwne28 °C  
Chmelnyzkyj29 °C  Winnyzja29 °C  
Schytomyr28 °C  Tschernihiw (Tschernigow)31 °C  
Tscherkassy29 °C  Kropywnyzkyj (Kirowograd)29 °C  
Poltawa29 °C  Sumy28 °C  
Odessa28 °C  Mykolajiw (Nikolajew)33 °C  
Cherson33 °C  Charkiw (Charkow)28 °C  
Krywyj Rih (Kriwoj Rog)31 °C  Saporischschja (Saporoschje)32 °C  
Dnipro (Dnepropetrowsk)30 °C  Donezk29 °C  
Luhansk (Lugansk)31 °C  Simferopol28 °C  
Sewastopol27 °C  Jalta24 °C  
Daten von OpenWeatherMap.org

Mehr Ukrainewetter findet sich im Forum

Forumsdiskussionen

„Was will Faschisten-Russland schon eskalieren? Haben die nicht sogar Truppen von den NATO-Grenzen abgezogen weil es eng wird?“

„Den direkten Konflikt mit Russland gibt es doch schon lange. Natürlich ist das kein heißer Konflikt. Aber, gesprengte Pipelines, diverse Hackerangriffe, Morde an in Europa lebenden russischen Migranten...“

„Die Einwanderung ist inzwischen leichter geworden. Siehe: unbefristete-aufenthaltsgenehmigung-ein ... 48448.html Ansonsten halt der übliche Kram: Ehe, KInd, ukrainische Ahnen, Ostfronteinsatz. Aber dann...“

„Die temporäre Aufenthaltsgenehmigung hat vor allem den Nachteil, dass du für die jeweilige Erneuerung jedes Mal eine Grundlage brauchst, deren Bedingungen sich ändern können. Mit einer befristeten...“

„In der Praxis habe ich auch noch von keinem Einwanderer hier gehört, dass er seinen ausländischen Führerschein umgetauscht hat. Allenfalls, dass sich Leute einen zweiten ukrainischen zugelegt haben....“

„Liebe Alle ich habe an anderer Stelle einiges zum Thema gelesen, jedoch nicht die wirklich passende Antwort gefunden. Vielleicht hier? Muss man wirklich, wenn man eine Aufenthaltserlaubnis für die Ukraine...“

„Hat jemand eine Idee wie ich mein Bike von köln beispielsweise nach krementschuk schicken kann? Gibt es jemanden der Transporte in die Ukraine macht? Dankeeee“

„Hatte gestern so eine Situation. Nach einer Mautstelle, stand polnische Policia und verfolgte mich anschließend mit Blaulicht. Bitte folgen, das war in Kattowitz. Sie meinten, ich hatte kein Licht an,...“

„Hallo Forengemeinde, bin heute früh 6 Uhr über Korczowa in die Ukraine eingereist. 1,5 h ohne Probleme. Straßen, sind teilweise sehr marode“

„Scheidungsurteile sind unbegrenzt gültig. Auch nach 10 oder 20 Jahren. Aus dem einfachen Grund, weil der Inhalt, also die Entscheidung, sich ja nicht mit Zeitablauf ändert. Normalerweise jedenfalls nicht....“

„Klingt irgendwie nach Wunschkonzert. Die Person erscheint mir wenig Schutz zu benötigen, reist ja immer hin und her. Paragraph 24 bedeutet, Du benötigst den Schutz, Du bleibst hier, Du lernst Deutsch,...“

„Ja das ist Blödsinn dass die Waffen nicht gegen Russland selbst eingesetzt werden sollten. Die bekloppten Russen-Faschisten fragen doch auch nicht ob sie ukrainische Zivilisten mit Iran-Drohnen beschiessen...“

„Hallo Waldi, im Grunde bin ich voll bei Dir! Da aber die Unterstützer der Ukraine ihre Rüstungsindustrie nicht hochfahren, die Produktion von Munition ist viel zu gering, wird es wohl nichts mit einem...“

„Wenn verhindert werden muss dass RU weiter (und noch stärker) eskaliert, müssen auch militärische Anlagen und Aufmarschgebiete in RU angegriffen werden können. Dies ist kein Eskalationsschritt sondern...“

„Hallo, vielleicht kann sich jemand zu folgenden Fragen äußern: - Ein Ukrainer mit biometrischem Pass war mit gültigem Visum von August 21 - August 22 in Deutschland (ohne gemeldet zu sein, bzw. Aufenthaltsgenehmigung...“

„Fahre immer schwarze Autos, vielleicht liegt es auch an der Farbe.“

„Bin da noch nie angehalten worden, vll. liegt es an deinem Auto. An der Grenze wird man grundsätzlich mit was konfrontiert was man sich nicht erklären kann und wo man nicht drauf vorbereitet ist. Ist...“

„@ensowo dazu gibt es wohl endlose Geschichten, selbst bin ich zweimal in gleicher Art und Weise kontrolliert wurde, das erste Mal, stichprobenartig, da gehe ich von einem Zufall aus. Beim zweiten Mal allerdings...“

„am 20.05.Ausreise über Budomiers mit dem Wohnmobil.Wir hatten Schwierigkeiten mit dem Ukrainischen Zoll. Das Wohnmobil hat ein Gesamtgewicht von 3500 Kg und die Zollbeamtin wollte das Wohnmobil als Lkw...“

„Ein Waffenstillstand hat den " Charme" keine Gebiete offiziell abtreten zu müssen und nur auf so was in der Art würden sich die Ukrainer eh nur einlassen. Putin hat einen Lauf, in 2024 wird sich eh nichts...“

„An einem wirklichen Waffenstillstand hat doch Putin gar kein Interesse, sieht man doch seit 2014. Nur dafür dass die Ukraine die besetzten Gebiete abtritt was sie nicht machen wird. Eine Offensive wird...“

„Hallo Waldi, im Grunde bin ich voll bei Dir! Da aber die Unterstützer der Ukraine ihre Rüstungsindustrie nicht hochfahren, die Produktion von Munition ist viel zu gering, wird es wohl nichts mit einem...“

„"Eine Apostille hat kein Ablaufdatum. Die Urkunde, die mit der Apostille versehen ist, kann aber eine Gültigkeitsfrist beinhalten. In der Regel dürfen seit der Ausstellung des Dokuments mit Apostille...“

„Verteidigung wird unter den jetzigen Umständen immer mehr zum Selbstmord! Was die ukrainische Armee dringend braucht sind schwere Waffen zur Verteidigung. Und dazu gehören nun einmal ATACMS-Raketen und...“

„Hallo nochmal.....wisst ihr wie lange mein apostilliertes Scheidungsurteil aus Belgien in der Ukraine gültig ist?“