Sie haben natürlich gehört – und vielleicht nicht nur einmal – dass auf dem Territorium, das unter der Kontrolle der Donezker und der Lugansker Volksrepubliken steht, nur Separatisten geblieben sind. Eventuell haben Sie eine Methode, diese Behauptung zu verifizieren. Vielleicht haben Sie Bekannte, die dort geblieben sind und von denen Sie sicher sagen können, ob sie der separatistischen Bewegung angehören. Doch vielleicht haben Sie auch keine solchen Orientierungshilfen. Dann bleibt Ihnen, zu glauben/nicht zu glauben, indem Sie sich auf Ihre eigenen Überzeugungen oder Empfindungen stützen.
Ich bin in einer anderen Situation. Ziemlich viele meiner Bekannten sind in Donezk geblieben. Ihre Motive sind mir bekannt und verständlich. Eine eindeutige Mehrheit von ihnen hat ihre Wahl unabhängig von der Politik getroffen. Es waren einfache und allgemein nachvollziehbare Alltagsmotive, die sie haben entscheiden lassen. Hier drei Geschichten, die auf ihre Weise erzählen, warum Leute in Donezk bleiben.
Wiktor, 42 Jahre: Wiktor hat vor dem Krieg für ein Internet-Projekt gearbeitet. Für seine Arbeit braucht er einen Computer und einen Netzzugang an einem beliebigen Ort des Erdballs. Er wohnte in der Nähe des Rathauses des Kiewer Stadtbezirks, der noch im Herbst mit herbeifliegenden Artilleriegeschossen „beschenkt“ wurde. Mit Frau und Sohn sind sie dann in die Siedlung Kalinowka umgezogen, wo es ruhiger ist. Dort wohnen sie jetzt. Wiktor hatte durchaus darüber nachgedacht, Donezk zu verlassen, er ist sogar „aufs Festland“ gefahren, um „Brücken zu schlagen“. Doch schlussendlich ist er wegen seiner Mutter geblieben. Sie ist herzkrank, schwach auf den Beinen und hätte die Reise höchstwahrscheinlich nicht überstanden.
Alexander, 55 Jahre: Alexander hat in Gorlowka gewohnt. Nachdem sein Stadtbezirk die ersten Male unter grausamen Beschuss geriet, ist er mit zu Verwandten seiner Frau in die Region Stawropol (Russland, A.d.R.) gefahren. Dort verbrachte er ungefähr einen Monat. Sie erwogen, zu bleiben. Doch die Familie ist wegen der Tochter, die bis zum Diplom noch zwei Jahre in einer der Donezker Hochschulen studieren muss, zurückgekehrt. Zwar ist nicht klar, wie dieses Diplom nun bewertet werden wird – doch auf jeden Fall wird es ein Diplom geben. Alexander und seine Frau hatten auch andere Varianten, die Ausbildung abzuschließen, in Erwägung gezogen. Doch alle waren sie mit dem Familienbudget nicht vereinbar. Seit Herbst haben sie jetzt schon dreimal erlebt, wie sich der Konflikt zugespitzt hat. Es war manchmal sehr schlimm und zeitweise nagten sie wirklich am Hungertuch… Doch sind sie noch immer in Gorlowka und werden es nicht verlassen, überzeugt, dass sie jetzt schon alles überleben werden. Ein Grund dafür ist auch, dass Alexander nach langen Strapazen doch eine Erwerbsquelle finden konnte.
Irina, 38 Jahre: Irina arbeitet in der kommunalen Verwaltung (Grünflächenamt). Sie wohnte und wohnt weiterhin in der Donezker Siedlung „Textilarbeiter“, die regelmäßig unter Beschuss gerät. Sie hat keine betagten Eltern oder Kinder in Ausbildung. Doch sie hat eine Arbeit, für die sie bezahlt wird und die ihr ein Leben auf einem angemessenen Niveau erlaubt. Wegzufahren, um dann nicht zu wissen, wo und wovon sie leben soll, hält sie nicht für rational. Solange sie Arbeit und Geld hat, beabsichtigt sie, in Donezk zu bleiben.
Ob die Motive der Drei vernünftig sind, kann man diskutieren, doch so sehen sie aus. Es versteht sich, dass alle diese Leute politische Ansichten haben, jeder verhält sich irgendwie zur Ukraine, zu Russland, zum Krieg. Doch das ist nicht der springende Punkt. Der springende Punkt ist, dass sie alle die Entscheidung, an ihrem Wohnort zu bleiben, aus völlig unpolitischen Gründen getroffen haben. Unter meinen Donezker Bekannten machen solche „unpolitischen“ ungefähr 90 Prozent aus. Möglicherweise ist das nur bei mir so.
14. Juni 2015 // Jewgenij Jasenow – Journalist, Schriftsteller
Quelle: Westi
Forumsdiskussionen
Frank in Nützliche und interessante Sachen • Re: Botschaftshinweise: Onlineeintragung in die "Deutschenliste" zur Krisenvorsorge
„"§ 107 Wahlbehinderung (1) Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt eine Wahl oder die Feststellung ihres Ergebnisses verhindert oder stört ..." Hat mit seinem Anliegen irgendwie gar nix zu tun na...“
Bernd D-UA in Politik • Re: Der Ukraine droht ein schmerzhafter Abschied vom Donbass
„Toleranz ist das Stichwort und im Grunde befindet er sich zum großen Teil unter Gleichgesinnten und erkennt es nicht, sehr schade, allerdings sind seine Umgangsformen etwas eingeschränkt, was ebenso...“
Bernd D-UA in Nützliche und interessante Sachen • Re: Botschaftshinweise: Onlineeintragung in die "Deutschenliste" zur Krisenvorsorge
„@tombi Die Meinung anderer zu achten ist nicht so Dein Ding, Du musst sie ja nicht teilen. Dies ist aber eine grundlegende Regel einer Diskussion, daher macht die Diskussion mit Dir wenig Sinn, offensichtlich...“
Frank in Politik • Re: Der Ukraine droht ein schmerzhafter Abschied vom Donbass
„... keine macht den Drogen ... such dir mal Hilfe“
Tombi in Nützliche und interessante Sachen • Re: Botschaftshinweise: Onlineeintragung in die "Deutschenliste" zur Krisenvorsorge
„@tombi, das Land hat andere Probleme als Dir Deine Wahlunterlagen hinterher zu tragen. Soll auch so bleiben, kostet nur unnötig Steuergelder! Soweit alles Verstanden? Aha, wieder so ein Widerling der...“
Tombi in Politik • Re: Der Ukraine droht ein schmerzhafter Abschied vom Donbass
„Handrij, ich vermute Du bist ein FSB-Agent, da ich mit Euch Moördern nicht zusammen arbeiten möchte, und mir Deine Zensur zu peinlich ist: gehe ich, ich verlasse Dich & Deine Desinformation, deine...“
Tombi in MDR • Re: Ukraine-News: Russland meldet Rückeroberung von Großteil besetzter Kursk-Region
„Wer ist eigentlich so naiv, und verbreitet immer noch putinsche Propaganda Meldungen, in diesem Forum? Ihr wisst doch genau, dass der keinen mehr hoch bekommt. Ausser Lügen stemmt der doch gar nichts...“
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„Quatsch, Kellogs muss nur Putin überzeugen, die Ukraine zu verlassen, und sein Morden einzustellen. wer schreibt diesen hinterhältige Putinschen Propaganda Artikel eigentlich, sind diese dämlich? Geht...“
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„Wohl eher umgekehrt. Putin würde es aus Angst vor amerikanischen Atomwaffen niemals wagen Alaska oder andere US-Territorien direkt anzugreifen. Von angeblicher Rechtlosigkeit der dort noch ansässigen...“