Wir trafen uns mit Erzbischof Jewstratij (Sorja) spät abends. Das Gespräch fand statt auf einer unscheinbaren Bank an der Mauer der Kirche Feodossij Petscherskyjs – der Hauptkirche des gleichnamigen Klosters des Kyjiwer Patriarchats, das sich genau gegenüber dem Kyjiwer Höhlenkloster [gehört zum Moskauer Patriarchat, A.d.R.] befindet.
Erzbischof Jewstratij entschuldigt sich für eine so späte Audienz, erklärt aber, dass dies bereits das elfte Interview am Tag sei. So ist es nicht verwunderlich, dass er am Anfang der Unterhaltung müde aussieht.
Aber im weiteren Verlauf des Gesprächs waren seine Antworten trotz scheinbarer Einfachheit und Rhetorik immer stärker von innerer Logik und Zuversicht erfüllt.
Wann könnten die ukrainischen Orthodoxen die Verkündigung der autokephalen Kirche erwarten, warum sollte das Anathema (Bannfluch) über Patriarch Filaret aufgehoben werden und wie kann der Übergang vom Moskauer Patriarchat in die ukrainische Ortskirche [bzw. Landeskirche oder Nationalkirche A.d.R.] sich vollziehen – das lesen Sie im Interview der Ukrajinska Prawda mit dem Sprecher des Kyjiwer Patriarchats.
Über den Tomos [Erlass] und die Rehabilitation von Filaret
Im April wandten sich die Bischöfe des Kyjiwer Patriarchts, der Autokephalen Kirche [1917 gegründete Kirche, A.d.R.] und einige Bischöfe des Moskauer Patriarchats an den Ökumenischen Patriarchen.
Diese Bischöfe sind dasjenige Fundament der geeinten Ortskirche, welcher vom Ökumenischen Patriarchen der Tomos über die Autokephalie gegeben werden soll.
Daraufhin hat der Ökumenische Patriarch eine Abordnung von seinen Vertretern gebildet, die allen orthodoxen Ortskirchen über die Entscheidung der Verleihung der Autokephalie an die ukrainische Kirche berichteten.
Eine Sonderdelegation des Ökumenischen Patriarchen informierte die orthodoxen Ortskirchen über die Absicht des Ökumenischen Patriarchen.
Nachdem sie alle Ortskirchen informiert hatten, gab es einen Bericht an die Synode, dann fand die Synaxis, die Versammlung aller Erzbischöfe, statt, und vor ihr auch eine Erläuterung der Arbeit, die sie getan hat.
Am 7. September wurde der Beschluss des Ökumenischen Patriarchats bekanntgegeben, zwei Exarchen in die Ukraine zu entsenden. Es wurde geschrieben „im Rahmen der Vorbereitung auf die Gewährung der Autokephalie für die orthodoxe Kirche in der Ukraine.“
Sobald die Vorbereitung abgeschlossen ist, werden wir sehen, welche Aufgabe der Ökumenische Patriarch den Exarchen vorgesetzt hat, wenn sie ihren Bericht an die Synode vorlegen.
Die nächste Sitzung der Synode (des Ökumenischen Patriarchats) wird für den 9. bis 11. Oktober erwartet. Natürlich wird vor diesem Treffen ein Bericht über die bereits von Exarchen in der Ukraine durchgeführten Arbeiten erstellt. Wenn die Synode bereit ist, müsste sie im Oktober eine Entscheidung treffen.
Welche Entscheidung erwarten wir von ihr? Wir erwarten von ihr zwei Beschlüsse.
Dies ist die kanonische Rehabilitation von Patriarch Filaret und die Entscheidung, den Tomos zu gewähren.
Warum sprechen wir über die kanonische Rehabilitation von Patriarch Filaret oder über die Aufhebung der russischen kirchlichen Verbote, die über ihn verhängt wurden?
Weil das nicht seine persönliche Frage ist. Es gilt für die Hierarchien, die am Prozess beteiligt sind. Weil die Hierarchen des Kyjiwer Patriarchats und viele Erzbischöfe der Autokephalen Kirche entweder von Filaret selber oder durch ihn ordiniert wurden.
Wenn man also das geltende Verbot für Filaret anerkennt, dann ist unklar, wer die geeinte orthodoxe Ortskirche gründen wird. Nur die Erzbischöfe des Moskauer Patriarchats? Offensichtlich ist das unmöglich.
Daher gab es übrigens auf der Synaxis außer den Themen, die die Autokephalie der ukrainischen Kirche betrafen, auch einen Vortrag und eine Aussprache über das Recht des Ökumenischen Patriarchen, Berufungen gegen Beschlüsse, die von anderen Ortskirchen angenommen wurden, entgegenzunehmen.
Zum ersten Mal wurde die Berufung von Patriarch Filaret bereits 1992 eingereicht, später wurde sie entsprechend den Umständen ergänzt. Jetzt liegt sie in Konstantinopel und ihre Prüfung ist jederzeit möglich.
Wenn diese beiden Beschlüsse gefasst werden, wird es möglich sein, eine geeinte Landessynode einzuberufen. Denn ohne einen Beschluss über den Tomos wird es schwierig sein darüber zu reden, dass zu der Synode die Erzbischöfe aus dem Moskauer Patriarchat kommen.
Wenn es keinen Beschluss gibt, was kann sie dann davon überzeugen, dass sie nicht seitens des Moskauer Patriarchats verschiedenen Bestrafungen oder Behinderungen ausgesetzt sein werden? Für sie ist dies eine Garantie dafür, dass die Sache dauerhaft gelöst wird.
Wenn die Gewährung des Tomos verkündet wird, dann sollte in Kyjiw die geeinte Synode einberufen werden. Auf ihr sollte eine Vertretung des Ökumenischen Patriarchen sein, um die Übereinstimmung mit allen Verfahren sicherzustellen.
Vor dieser Synode werden im Wesentlichen zwei Aufgaben stehen. Die erste Aufgabe besteht darin, sich zu einer geeinten Kirche zu vereinen. Die zweite Aufgabe besteht darin, einen Primas zu wählen.
Wir als Bischöfe des Kyjiwer Patriarchats werden die Kandidatur des Patriarchen Filaret aufstellen und unterstützen. Weil wir keinen anderen solchen Kandidaten sehen, der mit ihm an Erfahrung und Qualitäten als geistlichen Führer verglichen werden könnte.
Außerdem hat man in allen Gesprächen über den Primas, die zwischen den Kirchen stattfanden, niemand anderes vorgeschlagen. Niemand hat irgendeinen anderen Kandidaten nominiert. Wir glauben, dass Patriarch Filaret gewählt werden muss.
Nach der Wahl, wenn der Primas der geeinten Kirche gewählt ist, muss er in ihrem Namen den Tomos erhalten.
Ob dies sofort auf der Synode sein oder irgendwie später sein wird, das sind schon technische Details. In jedem Fall sind wir von unserer Seite entschlossen, alles dafür zu tun, dass all diese Dinge bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein werden. Je schneller, desto besser, das ist klar.
Über den Übergang zu einer geeinten Kirche
Jeder Diözesanerzbischof, der die Eingabe an den Ökumenischen Patriarchen unterzeichnet hat, vertritt seine Diözese.
Daher ist klar, dass sie, einschließlich der Bischöfe des Moskauer Patriarchats, mit ihren Diözesen in die geeinte Kirche eintreten werden.
Aber wenn Gemeinden, die jetzt ihren Diözesen angehören, nicht in die geeinte Kirche eintreten wollen, dann ist das ihr Recht.
Obwohl ich denke, wenn es welche gibt, dann sind das vereinzelte. In dem Schreiben an Konstantinopel geht die Rede von „Bischöfen, die ihre Priester und Laien vertreten …“
Nach ukrainischem Recht hat jede religiöse Organisation das Recht, sich jedem religiösen Zentrum in der Ukraine oder im Ausland zu unterstellen und ihre Unterstellung zu ändern. Im Allgemeinen umfasst das Recht auf Freiheit des Gewissens und der Religionsausübung drei wesentliche Aspekte: das Recht, eine Religion zu haben, das Recht, sie auszuüben und das Recht, die Religion oder Überzeugung zu ändern.
Daher ist das Recht, sich einem religiösen Zentrum zu unterstellen und diese Unterstellung zu ändern, nur ein Teil des Rechts auf Freiheit des Gewissens und der Religionsausübung.
Indem er ein solches Recht im Gesetz eingetragen hat, hat der Staat aber nicht den Mechanismus festgelegt, wie es umgesetzt werden soll.
Im Grunde gibt es genau deshalb immer noch Konflikte, wenn eine Gemeinde sich aufteilt, und ein Teil sagen wir sich dem Moskauer Patriarchat unterstellen will, ein anderer Teil aber nicht.
Diese Situation in Ordnung zu bringen, gibt es meiner Ansicht nach drei Wege.
Der erste Weg – wenn die Kirchen, die ukrainische und die russische, sich auf einen gegenseitig akzeptablen Mechanismus verständigten. Aber bis jetzt will das Moskauer Patriarchat kategorisch keinen Dialog führen.
Der zweite Weg – wenn in den Statuten der religiösen Gemeinden ein entsprechendes Verfahren niedergeschrieben würde. Die Statuten aller religiösen Gemeinden werden jedoch vom zuständigen Diözesanbischof genehmigt. Und niemand möchte in diese Statuten ein Verfahren aufnehmen, wie man aussteigt. Die Situation ähnelt der in der sowjetischen Verfassung festgelegten, dass die Republiken das Recht auf Selbstbestimmung haben, aber es gab keinen Mechanismus, wie sie das tun könnten.
Daher ist der einzige, der dritte die Option, dass der Staat im Gesetz den vorgeschriebenen Mechanismus ändert, der die Umsetzung jener Bestimmungen ermöglicht, die bereits in der Gesetzgebung festgelegt sind.
Tatsächlich zieht sich in der Werchowna Rada seit mehreren Jahren das sogenannte Jelenskyj-Gesetz hin. [Professor Wiktor Jelenskyj ist international anerkannter Religionswissenschaftler und als Parlamentsabgeordneter der Volksfront (Narodnyj Front) stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Geistlichkeit, A.d.Ü..] Klar, es ist nicht perfekt.
Wir haben auch Vorschläge dazu. Zum Beispiel sollten Eigentumsfragen durch Beschluss von mindestens zwei Dritteln der Religionsgemeinschaft geregelt werden. Wenn etwa zwei Drittel der Gemeinde beschließen, eine Zuordnung zu verlassen und in eine zweite einzutreten, dann haben sie das Recht auf Eigentum.
Und wenn sie weniger als zwei Drittel, aber mehr als die Hälfte sind, dann muss die Frage durch wechselnden Gottesdienst gelöst werden. Wie in der Christi-Auferstehungs-Kirche in Jerusalem, wo die Orthodoxen und Katholiken, Armenier und Kopten abwechselnd zelebrieren.
Es ist klar, dass dies ein schwieriger Weg ist. Aber besser so als gar keiner.
Über die Lawren [Ehrenklöster]
Man sagt oft, was wird mit den Kirchen des Moskauer Patriarchats in der Ukraine. Aber diese Frage ist in ihrem Wesen falsch.
In der Ukraine gibt es keine Kirche des Moskauer Patriarchats. Es gibt keinen Quadratmillimeter Besitz des Moskauer Patriarchats oder der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, wie sie sich nennen. Und es gibt keinen des Kyjiwer Patriarchats und der katholischen Kirche.
Aus dem einen einfachen Grund – die ukrainische Gesetzgebung erkennt dieses Recht nur für religiöse Gemeinden, Pfarreien, Klöster, Bruderschaften, Missionen und Leitkirchen an. Aber nicht für die Kirche als Ganzes.
Die Kirche als Ganzes hat nicht den Status einer juristischen Person.
Alle Eigentumsrechte gehören daher den Gemeinden oder dem Staat.
Alle Eigentumsrechte in der Kirche können in drei Kategorien eingeteilt werden: Eigentum, Nutzungsrecht und das Recht zu mieten. Die Lawren sind keine Ausnahme.
Alle Lawren sind Staatseigentum
Sie waren für einige Zeit das Eigentum der Stadt Kyjiw (die Kyjiwer Petscherska Lawra) und der Oblast Ternopil (die Lawra von Potschajiw). Aber irgendwann in den frühen 2000er Jahren wurde beschlossen, sie aus dem Besitz der lokalen Gemeinden auf den Staat als Denkmäler zu übertragen. Jetzt wurden die Rechte an ihnen dem Kulturministerium übertragen.
Daher ist der Eigentümer, wenn es um das Eigentum geht, in allen Lawren der Staat, und die entsprechenden Klöster des Moskauer Patriarchats sind die Nutzer dieses Eigentums.
Zur Zeit von Janukowytsch gab es Versuche, dieses Eigentum zu privatisieren. Man kann daran erinnern, wie der damalige Abgeordnete [Andrij] Derkatsch sogar vorschlug, ein eigenes Gesetz zu verabschieden, das die Übertragung von Eigentumskomplexen der Lawra in das Eigentum der Klöster des Moskauer Patriarchats ermöglichen würde. Aber dieses Gesetz nicht einmal in Betracht gezogen.
Über die Zukunft des Moskauer Patriarchats
Im Augenblick gibt es mit dem Moskauer Patriarchat leider nur die öffentliche Kommunikation, wir tauschen Erklärungen in den Massenmedien aus.
Als Metropolit Wolodymyr noch am Leben war, vor allem in den letzten Jahren seiner Tätigkeit, wurde eine Arbeit eingerichtet, die nach und nach zu einer Verringerung der Spannungen zwischen den Kirchen führte. Aber mit der Ankunft von Metropolit Onufrij wurden all diese Entwicklungen begraben.
Im Jahr 2014 wurden Versuche unternommen, bestimmte Kommissionen für Verhandlungen und gegenseitiges Verständnis zu schaffen, aber sie trafen sich nie, es gab keine konstruktiven Maßnahmen seitens des Moskauer Patriarchats. Sie sagten nur, hört auf, unsere Kirchen zu besetzen.
Aber, Entschuldigung. Die Gemeinden, was sind sie, Leibeigene, über die ihre Herren entscheiden? Selbst wenn das Moskauer Patriarchat die Gemeinden als Leibeigene ansieht, so ist das im ukrainischen Recht nicht der Fall. Die Gemeinde kann entscheiden, mit wem sie zusammen ist, und das Moskauer Patriarchat muss diese Entscheidung respektieren. Und wenn die Gemeinde sich entscheidet, dem Kyjiwer Patriarchat beizutreten, was sollen wir da für Gründe haben, es abzulehnen?
Wenn wir selbst einen solchen Prozess initiiert hätten (den Übertritt der Kirchen vom Moskauer Patriarchat zum Kyjiwer Patriarchat), dann kann ich Ihnen versichern, dass es in den Jahren 2014-2015 nicht etwa 10, 20, 30 Kirchen, sondern Tausende gegeben hätte.
Wenn wir uns das Ziel gesetzt hätten, auf Kosten der Kirchen des Moskauer Patriarchats zu expandieren, dann wären es ein paar Tausend gewesen. Aber unser Ziel ist es, die Kirche zu vereinigen und nicht irgendeine Kirche aufzunehmen. Und das ist nur durch Dialog möglich. Das ist ein langer Weg, aber wir gehen ihn.
Und wenn der Tomos, wenn die geeinte Kirche kommt, dann werden wir den Gläubigen und Geistlichen, die jetzt dem Moskauer Patriarchat unterstellt sind, erklären, warum sie sich für den Beitritt zur geeinten Kirche entscheiden sollten.
Denn wenn jemand in Glaubensfragen gezwungen wird, dann kann es anfangs wirksam sein, aber früher oder später kommt es zu großen Problemen. Aber wenn es zu einer bewussten und freiwilligen Entscheidung kommt, wird die Einheit der Kirche fest sein. Und alle Versuche Moskaus, diesen Prozess zu stören, werden nutzlos sein.
Wir sagen voraus, dass in den kommenden Monaten die überwiegende Mehrheit derer, die jetzt dem Moskauer Patriarchat angehören, in einer neuen, geeinten Kirche sein wird.
Aber die Struktur des Moskauer Patriarchats wird in irgendeiner Form in der Ukraine bestehen. In Konstantinopel sagen sie in solchen Fällen gern, dass es sich um eine „kanonische Anomalie“ handelt. Denn auf dem Territorium einer kanonischen Kirche kann es keine Struktur einer anderen orthodoxen Ortskirche geben. Aber wir sind dazu bereit, nur um Konflikte und Konfrontationen zu vermeiden.
Wie die russische Kirche ihre Struktur gestalten will, das ist ihre Sache.
Aber unsere Position ist, dass sie den wahren Namen tragen sollte, ist die Russisch-Orthodoxe Kirche. Es ist nicht notwendig, die Gläubigen zu täuschen, die denken, dass sie in die ukrainische Kirche gehen, weil dies auf dem Schild steht.
Tatsächlich gehen sie in die russische Kirche, weil die gegenwärtige Ukrainisch-Orthodoxe Kirche so ukrainisch ist wie Medwedtschuks „Ukrainische Wahl“. [gemeint ist Wiktor Medwedtschuk, Сhef der Präsidialverwaltung unter Präsident Leonid Kutschma von 2002-2005. Taufpaten seiner Tochter Darja waren Wladimir Putin und Dmitrij Medwedews Frau Ljudmila. Auch aufgrund dessen gilt er als prorussischer Politiker. Dennoch ist er im Auftrag von Präsident Petro Poroschenko Kyjiws Vertreter bei Verhandlungen über den Austausch und die Freilassung von Gefangenen mit den Separatisten als auch dem Kreml. Seine politischen Projekte wie die Ukrainische Wahl oder Für das Leben sind allesamt bisher erfolglos. A.d.R.]
In den letzten Jahren war die Entscheidung, zum Kyjiwer Patriarchat zu gehen, wie eine Entscheidung, in den Tagen der UdSSR einfach zur Kirche zu gehen. Wenn überall aggressiver Atheismus herrschte, dann war der Gang in die Kirche eine bewusste Entscheidung und Position. In ähnlicher Weise war der Gang zur Kirche des Kyjiwer Patriarchats immer eine bewusste Wahl, nicht nur Trägheit.
Wenn du in die Kirche gingst, so war es auch ein Gefühl der „weißen Krähe“, dass alle so sind, du aber bist anders.
Über die Zukunft der neuen Kirche
Ich persönlich fühle nur eine große Verantwortung. Und die Erkenntnis, dass dies nicht die Vollendung des Pfades und nicht die Lösung aller Probleme ist. Das ist nur eine Etappe.
Ich erinnerte mich gut an die Sowjetzeiten. Damals war die Hauptsache, die Unterdrückung des militanten staatlichen Atheismus los zu werden. Aber die Sowjetunion brach unerwartet und schnell zusammen. Und es gab absolut neue Herausforderungen. So ist es auch jetzt, es gibt eine Etappe neuer Herausforderungen und großer Arbeit.
Dies ist vergleichbar mit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit im Jahr 1991. War das eine wichtige Etappe? Ja. Was fühlten die ukrainischen Patrioten, Demokraten, Dissidenten, die für diese Unabhängigkeit kämpften? Offensichtlich waren sie froh.
Aber die Erfahrung zeigt uns, dass es nur ein Übergang zu einer neuen, vielleicht sogar schwierigeren Phase der Arbeit war. Eine Sache ist es, eine unabhängige Ukraine zu proklamieren, und eine andere, sie zu errichten. Besonders wenn es so starke Gegner unserer Unabhängigkeit in unserer Nähe gibt. Es wird eine große und harte Arbeit geben, auf die es sich schon jetzt vorzubereiten gilt. Und so ist es nicht nötig, in Euphorie zu fallen.
Ich erinnere mich gut daran, womit das Kyjiwer Patriarchat 1992 begann, unter welchen Bedingungen unsere Kirche war, wuchs, wie wir unter allen Präsidenten lebten.
Deshalb ist es jetzt für uns alle sehr wichtig zu verstehen, dass wir uns zuvor in verschiedenen Jurisdiktionen befanden, aber wir jetzt eine geeinte Kirche sind. Es ist wie mit dem Staat – die Ukraine ist eins, und wir alle arbeiten zu ihrem Wohl.
Angesichts der gesamten vorherigen Geschichte wird es sehr schwierig sein. Aber unsere Kirche stand schon 1992 vor einem hybriden Krieg. Das, womit die Ukraine erst 2014-2015 unter Druck gesetzt wurde, haben wir schon in den 90er Jahren durchlebt. Wir hatten sowohl unsere „Republiken“ als auch unsere Besetzungen und vieles andere mehr.
Deshalb verstehen wir, worum es gehen wird. Aber im Gegensatz zum Staat, der sich so etwas nicht leisten kann, können wir uns auf den Willen Gottes verlassen. Der Staat kann sich auf die „Weisheit des Volkes“ verlassen, aber in dieser Hinsicht ist es für uns einfacher. Wir haben einen unveränderlichen, ewigen und allmächtigen Leiter.
14. September 2018 // aufgezeichnet von Roman Romanjuk
Quelle: Ukrajinska Prawda
[Erzbischof Jewstratij (Sorja) von Tschernihiw, geboren 1977, ist ständiges Mitglied der Bischofssynode seiner Kirche, außerdem ihr Vertreter bei europäischen Institutionen und in der Werchowna Rada, Anm. d. Ü.]
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