Wladimir Putin (links) in einer Unterredung mit Sergej Aksjonow (rechts), Quelle: kremlin.ru
Der russische Präsident Wladimir Putin hat in diesem Jahr schon zum zweiten Mal vor der Kamera die Rolle des Wohltäters für die ukrainische Kleinstadt Henitschesk eingenommen. Erneut gab Putin dem Präsidenten der Republik Krim Sergej Aksjonow die Erlaubnis, Henitschesk mit Gas zu versorgen. Dies ist allerdings keine Geschichte von Edelmut – sondern von Räuberei.
Henitschesk ist wirklich die einzige Stadt in unserem Land, die nicht an das einheitliche ukrainische Gassystem angeschlossen ist. Henitschesk hat seine eigene Gasförderstätte – Strilkowe im Kreisgebiet, genauer gesagt im Asowschen Meer nicht weit weg von der Arabat-Nehrung. Das Gas in dieser Fundstätte reicht der Kleinstadt im Übermaß. Der Plan der Gasversorgung sah wie folgt aus: im Sommer das Gas in den Gasspeicher einpumpen und im Winter von dort das Gas abzapfen. Allerdings befindet sich dieser Gasspeicher auf dem Territorium der Autonomen Republik Krim. Bis zur Okkupation der Halbinsel spielte das natürlich keine Rolle. Verwunderlich ist dabei, dass die Firma „Plast“ des uns inzwischen allen gut bekannten Volksabgeordneten Oleksandr Onyschtschenko diesen Speicher auch nach der Annexion der Krim weiter benutzte, als wäre nichts geschehen.
Am 1. Januar 2016 verboten die Okkupationsmächte der Krim der Firma „Plast“ auf einmal, ihr eigenes Gas zu nutzen. Damit begann die Katastrophe einiger kalter Wintertage, die durch den „gnädigen“ Appell des russischen Räubers an seinen Räuberkumpanen auf der Krim, den Bewohnern der Stadt zu „helfen“, unterbrochen wurde. Um es einfacher zu sagen – ihnen einen Teil dessen wiederzugeben, was vorher gestohlen worden war. Die russische Propaganda jedenfalls hatte ihren Spaß mit dieser Geschichte.
In diesem Jahr glaubte schon niemand mehr an den Hlibowsker Gasspeicher. Die Stadt wird inzwischen mit dem Gas unmittelbar aus der Förderstätte beliefert. Bedingt durch das erste winterliche Kaltwerden und dem gleichzeitigen Temperaturrückgang in den Gasrohren musste die Förderung unmittelbar heraufgesetzt werden. Und dafür musste man schnell an die sich im Meer befindlichen Vorkommen gelangen. Ein über dem Meer aufkommendes Unwetter machte den Arbeitern jedoch einen Strich durch die Rechnung. Erneut bemühten sich Putin und Aksjonow und entschieden Henitschesk zu „helfen“, und der Stadt einen Teil des gestohlenen Gases zurückzugeben. Aber während man Putins Gnädigkeit im Fernsehen zeigte, schafften es die Gasarbeiter der Firma „Plast“, auf die Bohrplattform zu kommen und die Produktion zu erhöhen. Aus einer weiteren öffentlichen Demonstration des russischen Edelmuts wurde nichts. Das Problem an sich blieb aber bestehen.
Mir bleiben nun einige Fragen – nicht an Putin, sondern an die ukrainische Regierung. War es denn nach der Krim-Annexion nicht offensichtlich, dass die Benutzung dieses Gasspeichers auf der Halbinsel – gelinde gesagt – riskant ist. Dass derjenige, der bereits die Halbinsel gestohlen hat, auch alles andere stiehlt, was nicht angekettet ist. War denn nicht klar, dass die Wärmeversorgung einer Grenzstadt nicht lediglich die Aufgabe einer privaten Firma, sondern eigentlich des Staates und zugleich eine Frage der nationalen Sicherheit ist? Die Einwohner in Henitschesk sind Geiseln der Putinschen „Gnade“ und des Wetters über dem Asowschen Meer. Und der Winter ist nahe – es wäre schon der zweite komplizierte in der Geschichte dieser Kleinstadt.
Oder hat diese Geschichte nicht vielleicht doch etwas mit dem Gewinn der Firma von Oleksandr Onyschtschenko zu tun? Mal angenommen, man würde Henitschesk an das einheitliche ukrainische Gassystem anschließen, würde dann nicht auch die Firma „Plast“ dieses Gewinns beraubt werden und gleichzeitig gezwungen die Lagerstätte in Strilkowe stillzulegen? Natürlich kann man den Manager verstehen: Bis zum Kriegsbeginn hatte der Plan ausgezeichnet funktioniert und warf beträchtlichen Ertrag ab. Und auf diesen Plan wollte man auch im Folgenden nicht verzichten, sowohl die Firma „Plast“ als auch die Verantwortlichen in Henitschesk bevorzugten bis zum 1. Januar 2016, der Zustandsveränderung keinerlei Beachtung zu schenken. Und alle anderen auch.
Aber der Zustand hat sich beileibe verändert. Man darf die Einwohner in Henitschesk nicht der Willkür eines Putin, Aksjonow, Onyschtschenko oder gar dem Wetter überlassen. Vielmehr müssen sich die Verantwortlichen der ukrainischen Seite über Angliederungsmöglichkeiten von Henitschesk an das einheitliche ukrainische Gassystem beraten oder wenigstens den Bau eines neuen Gasspeichers in Betracht ziehen. Vielleicht gibt es auch noch andere Lösungen – ich bin kein Energiefachmann, ich kann nicht alles wissen.
Aber eines weiß ich sicher: Die Gasversorgung einer ganzen Stadt darf nicht von Dieben oder dem Wetter über dem Asowschen Meer abhängig sein. Beide Varianten sind keine Alternativen.
14. November 2016 // Witalij Portnikow
Quelle: Lb.ua
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